Das NEOSOL-Projekt wird unser Bild vom frühen Siedlungsleben entlang des Vardar-Morava-Korridors (heutiges Serbien und Nordmazedonien) bereichern, indem es neue Erkenntnisse aus den in den archäologischen Sedimenten verborgenen »Mikro«-Überresten liefert.

Der Wandel vom Jäger und Sammler zum sesshaften Ackerbauern (»Neolithisierung«) zählt zu den bedeutendsten Veränderungen in der Geschichte der Menschheit. Diese Revolution, die um 10.000 v. Chr. im »Fruchtbaren Halbmond« begann, breitete sich in den folgenden Jahrtausenden aus und erreichte den Balkan im späten 7. Jahrtausend v. Chr. Die Flüsse Vardar und Morava fungierten am zentralen Balkan als wichtiger Korridor, über den die Landwirtschaft nach Europa kam. Zwar haben frühere Studien viele Aspekte der Neolithisierung in diesem Gebiet untersucht, doch ist unser Wissen über den Alltag der Bevölkerung und die Entwicklung der Siedlungen noch sehr begrenzt. Der komplexe Wechsel zwischen mobiler, semi-mobiler und sesshafter Lebensweise sowie die Entwicklung der Subsistenzwirtschaft sind nur unzureichend verstanden.

Während sich die Forschung traditionell auf »Makro«-Objekte konzentrierte, hinterlassen menschliche Aktivitäten innerhalb Siedlungen umfangreiche mikroskopische Spuren im Boden. Diese »Mikro«-Überreste sind eine weitgehend unerschlossene Informationsquelle, die Hinweise auf den Charakter und Organisation von Siedlungen, ihre Entwicklung und ihren Niedergang sowie auf Ablagerungsprozesse, die zur Entstehung der Standorte beigetragen haben, liefern können.

Um diese Mikrospuren zu erfassen, wird das NEOSOL-Projekt die Sedimente untersuchen, die sich an drei frühneolithischen Siedlungsstandorten angesammelt haben: Amzabegovo (Nordmazedonien), Svinjarička Čuka und Drenovac (Serbien). An diesen Standorten werden aktive Ausgrabungen durchgeführt, sodass neue Proben aus einer Vielzahl von Kontexten gesammelt werden können, darunter Gebäuden, Grubenhäusern, Freiflächen, Feuerstellen und Abfallgruben.

Die zentrale Methode im Rahmen dieses Projekts ist die Bodenmikromorphologie, bei der ungestörte Bodenproben in Form von Dünnschliffen unter dem Mikroskop untersucht werden. Die Bodenbestandteile und ihre räumliche Beziehung werden mittels linear und gekreuzt polarisiertem Licht untersucht. Fluoreszenzmikroskopie und spektroskopische Methoden (FTIR, XRF und SEM-EDX) werden zur weiteren Identifizierung von Mineralien, chemischen Verbindungen und organischen Molekülen eingesetzt. Die Analyse von Stärke- und Silica-Phytolithen wird zur Identifizierung von Pflanzenresten beitragen, während aDNA in den Sedimenten Aufschluss über die in der Siedlung lebenden Tiere bzw. Menschen liefern kann. Solche detaillierten Informationen über die Zusammensetzung und Anordnung (»Mikrostratigraphie«) der Sedimente lassen wichtige Rückschlüsse auf Gebäude (Bauweise, Funktion, saisonale/permanente Nutzung, Nutzungsdauer), häusliche und handwerkliche Tätigkeiten, Nutzung von Freiflächen und Abfallentsorgung zu. Die Radiokarbondatierung wird die zeitliche Entwicklung der Siedlungen aufzeigen und Vergleiche in der gesamten Region ermöglichen.

Projektleitung

Kooperationen

  • Susanna Cereda (Universität Innsbruck)
  • Mareike Stahlschmit (Universität Wien)
  • Tonko Rajkovaca (University of Cambridge)
  • Charles French (University of Cambridge)
  • Slaviša Perić (Institute of Archaeology Belgrade)
  • Laura Dietrich (Martin Luther Universität Halle-Wittenberg)
  • Pere Gelabert (Universität Wien)
  • Ron Pinhasi (Universität Wien)

Laufzeit

11/2023–11/2026

Finanzierung

FWF [Project ESP 444-G]