Die Insula VII 4 bildet ein städtebauliches Scharnier zwischen der sogenannten Altstadt im Südwesten und der Regio VI im Nordwesten von Pompeji. Ausgehend von Untersuchungen unserer Kooperationspartner in der Casa di Arianna (VII 4, 31.51), einer der größten innerstädtischen Domus von Pompeji, zielen neue Forschungen darauf ab, die Baugeschichte des Hauses im Kontext der benachbarten Wohnhäuser zu untersuchen und die Ergebnisse hinsichtlich der urbanistischen Entwicklung Pompejis auszuwerten.

Projektbeschreibung

Seit 2018 arbeitet ein multidisziplinäres Team des ÖAI der Abt. Historische Archäologie an der Erforschung der Casa di Arianna in der Regio VII in Pompeji (VII 4, 31.51) in Kooperation mit der Sección de Arqueología (SIAM) del Ayuntamiento de Valencia (A. Ribera i Lacomba) und mit der freundlichen Genehmigung durch den Parco Archeologico di Pompei. Stratigrafische Grabungen des Kooperationspartners an unterschiedlichen Stellen der Casa sowie Beobachtungen am Baubestand lassen erkennen, dass die Entwicklung des Gebäudes ab dem 2. Jahrhundert v. Chr. eng mit der Entwicklung der anliegenden Grundstücke verzahnt ist. Zudem deuten die Grabungsergebnisse darauf hin, dass die räumliche Organisation und die topografischen Gegebenheiten dieses Areals in den frühen Phasen der Siedlungsgeschichte die Gestalt der Insula und der einzelnen Häuser nachhaltig beeinflusste.

Von diesen Erkenntnissen ausgehend, ist das erste Ziel der neuen Untersuchungen die architektonische Neuaufnahme der Casa di Arianna sowie der benachbarten Häuser. Auf dieser Basis werden weiterführende Untersuchungen konzipiert, die einen grundlegenden Beitrag dazu leisten sollen, die Geschichte der Insula VII 4 und ihrer Bewohner diachron in ihren städtebaulichen und historischen Zusammenhängen zu begreifen.

Die Casa di Arianna

Mit einer Fläche von knapp 1.800 m² ist die Casa di Arianna eine der größten innerstädtischen Domus von Pompeji. Sie erstreckt sich über die gesamte Nord-Süd-Ausdehnung des Gebäudeblocks am östlichen Ende der Insula VII 4. Im Jahr 79 n. Chr. umfasste der Baukomplex etwa 70 unterschiedliche Raumbereiche. Sie waren rund um drei Verteilerbereiche (Atrium – Zentralperistyl – Nordperistyl) organisiert, die entlang einer durchgehenden Längsachse aneinandergereiht sind. Der erhaltene Zustand ist das Ergebnis einer langen und komplexen Bau- und Nutzungsgeschichte, die eng mit den anliegenden Gebäuden der Insula VII 4 (Casa della Caccia Antica [VII 4,48]; Casa del Granduca di Toscana [VII 4,56]; Casa dei Capitelli Figurati [VII 4,57]; Casa del Forno a Riverbero [VII 4,29]) verwoben ist.

Erste Ergebnisse und Ausblick

Mit der aktuellen Bestandsaufnahme der Architektur konnten die erhaltenen Baureste im Bereich der Casa di Arianna, der Casa del Granduca di Toscana, der Casa dei Capitelli figurati und der Casa del Forno a Riverbero erstmals verformungsgetreu dokumentiert werden. Die vollständige dreidimensionale Vermessung der Häuser mithilfe eines terrestrischen Laserscanners und unter Einsatz der Structure-from-Motion-Fotogrammetrie schafft eine neue Basis für die Analyse der Bauzusammenhänge im Osten der Insula VII 4. In Kombination ermöglichten es die genannten Messverfahren, den umfassenden Baubestand zeitsparend und getreu seiner komplexen Oberflächengeometrien zu erfassen und so eine hochpräzise Grundlage für die traditionelle zeichnerische Dokumentation der Gebäude vor Ort in Grundrissplänen, Schnitten und Ansichten zu schaffen.

Im Hinblick auf unser Verständnis der räumlichen Strukturierung des Baublocks und der Entwicklung dieses Stadtbereichs nehmen vor allem die Casa dei Capitelli figurati und die Casa del Forno a Riverbero für die weitere Erforschung der urbanistischen Prozesse in diesem Stadtareal eine zentrale Position ein. Grabungen des Kooperationspartners im Süden der Casa del Forno a Riverbero sowie Beobachtungen zu den unterschiedlichen Orientierungen der beiden Gebäude und zur städtebaulichen Einbindung des Baublocks scheinen zu indizieren, dass das Areal vor Errichtung der Gebäude von einer in Nord-Süd-Richtung verlaufenden Straße durchquert und möglicherweise auch von einem Ost-West-Verkehrsweg gekreuzt wurde. Angesichts der besonderen Position der Insula VII 4 im Stadtgefüge verfolgt die Konzeption neuer multidisziplinärer Untersuchungen zur diachronen Entwicklung in diesem zentralen Bereich der Insula das Ziel, unseren Kenntnisstand zum Charakter der frühen Siedlungsphasen von Pompeji grundlegend zu erweitern.

 

Projektleitung

Kooperationen

  • A. Ribera i Lacomba (Stadtverwaltung Valencia, SIAM)
  • Parco Archeologico di Pompei
  • Alexander Sokolicek (Universität Salzburg)

Laufzeit

seit Mai 2018

Finanzierung

ÖAW-ÖAI