Von 1897–1908 war Ernst Sellin Professor für Biblische Archäologie in Wien und führte zunächst am Tell Taannek, später auch in Jericho und Sichem Ausgrabungen durch. Für diese konnte er neben staatlichen auch private Geldgeber gewinnen. »Wien im Heiligen Land« rekonstruiert die archäologische Forschung Ernst Sellins, ihre Rezeption in Österreich und seine Netzwerke in Wien.

Dass Wien während der ausgehenden Monarchie und Ersten Republik ein Zentrum archäologischer und kulturwissenschaftlicher Forschung des Vorderen Orients war, ist aus der wissenschaftlichen Rezeption wie auch aus der Wahrnehmung einer interessierten Öffentlichkeit weitgehend verschwunden. Auch die von Wien ausgehende und später an deutschen Lehrstühlen unter reger österreichischer Beteiligung weitergeführte archäologische Pionierarbeit von Ernst Sellin an unterschiedlichen Fundorten des Heiligen Landes ist weitgehend unbekannt geblieben.

Tell Taannek

Ernst Sellin wird 1867 in Alt-Schwerin geboren und studiert von 18841888 evangelische Theologie und Orientalistik in Rostock, Erlangen und Leipzig. Im Jahr 1897 wird er als außerordentlicher Professor an die evangelisch-theologische Fakultät in Wien berufen. Nach mehreren Reisen nach Palästina unternimmt Sellin von 19021904 am Tell Taannek Grabungen, welche von diversen öffentlichen und privaten Stellen finanziert wurden.

Jericho

Noch aus Wien vorbereitet, aber dann im Rahmen seiner Anstellung in Rostock durchgeführt, war Sellin von 19071909 am Tell es-Sultan (dem biblischen Jericho) tätig. Diese Ausgrabung stand zwar unter der Schirmherrschaft der Deutschen Orient-Gesellschaft, die Probegrabungen 1907 wurden allerdings noch mit Privatmitteln aus Österreich bestritten.

Sichem

Im Jahr 1913 schließlich folgte Ernst Sellin einem Ruf an die Universität Kiel, an welcher er bis 1921 bleiben sollte. In den Jahren 1913 und 1914 unternahm Sellin auch erste Ausgrabungen am Tell Balāṭah, dem biblischen Sichem. Die ersten beiden Grabungskampagnen wurden wiederum mit österreichischer finanzieller Beteiligung durchgeführt.

Österreich im Heiligen Land

An den Ausgrabungen Sellins waren zahlreiche (alt)österreichische Forscher beteiligt. Am Tell Taannek wurde Sellin vom klassischen Archäologen Paul Münsterberg, dem Kustosadjunkt des Kunsthistorischen Hofmuseums begleitet, während die aufgefundenen Keilschrifttafeln von Bedřich Hrozný, einem bis 1918 in Wien tätigen tschechischen Theologen und Orientalisten übersetzt und publiziert wurden, der Sellin auch auf die Kampagne 1904 begleitete. Bei den 1913 und 1914 stattfindenden Ausgrabungen in Sichem war unter anderem Camillo Praschniker (österreichischer klassischer Archäologie, 1884–1949) beteiligt, außerdem war auch Adolf Grohmann (österreichischer Arabist, 1887–1977) Teil von Ernst Sellins Team.

Die Forschungen Ernst Sellins im Heiligen Land waren über lange Zeit Teil der von Wien ausgehenden archäologischen Aktivitäten, und zahlreiche Forscher, die später anderweitig hohe Positionen an österreichischen und außerösterreichischen Universitäten und Akademien bekleideten, gingen durch die Schule Ernst Sellins. Dieses Projekt versucht der Forscherpersönlichkeit Ernst Sellin nachzuspüren, die österreichische Rezeption seiner Arbeit aufzuarbeiten sowie seine Netzwerke in Wien zu rekonstruieren.

Projektleitung

Team

    Kooperationen

    Universität Wien

    Laufzeit

    01/2021–06/2021

    Finanzierung

    Holzhausen-Legat, ÖAW