Das ÖAI führt seit 1975 Grabungen im Bereich der Akropolis von Aigeira (Nordpeloponnes – Griechenland) durch. Die Abteilung Prähistorie & WANA-Archäologie hat die Publikation der vormykenischen (5.–3. Jt. v. Chr.) und postpalatialen mykenischen Siedlung (12. Jh. v. Chr.) auf dem Gipfelplateau übernommen. Die kontextuelle Fundaufarbeitung ergab Hauskomplexe, die sich durch Lagerhaltung, Produktion von Gütern und Nahrungskonsumation bei Festen auszeichnen. Der gehobene soziale Status der Bewohner wird durch einen Kultraum unterstrichen. Eine Befestigungsmauer aus der Spätphase der Siedlung grenzt sie von der auf einer unteren Terrasse gelegenen Bebauung ab und kennzeichnet sie als wichtigsten Punkt des Siedlungsareals.

Das antike Aigeira liegt an der Nordküste der Peloponnes am Korinthischen Golf im Osten der Landschaft Achaia. Grabungen auf der höchsten Erhebung des Siedlungsgebietes von Aigeira, die ein etwa 414 m über dem Meeresspiegel liegendes Plateau von 750 m² Grundfläche bildet, wurden 1975–1980 vom ÖAI unter der Leitung von Wilhelm Alzinger durchgeführt, die Publikation der prähistorischen und mykenischen Funde dieser Grabung erfolgt ebenfalls durch Mitarbeiter*innen des ÖAI.

Als älteste Zeugnisse menschlicher Besiedlung wurden in Felsspalten, zusammen mit Späterem, Keramikfragmente gefunden, die in das Endneolithikum, in die Frühbronzezeit (Frühhelladisch I, Frühhelladisch III) und die Mittelbronzezeit zu datieren sind, und auch das älteste, feststellbare Gehniveau steht in Verbindung mit dieser Keramik.

Aufgrund mykenischer sowie handgemachter geglätteter Keramik wird die Siedlung in die postpalatiale mykenische Periode Späthelladisch IIIC (12. Jh. v. Chr.) datiert. In die erste Siedlungsphase Ia, die in die Phase SH IIIC Früh bis Fortgeschritten zu setzen ist, gehört ein rechteckiges, West-Ost orientiertes Fachwerkhaus, das durch einen Weg von einem Herdraum getrennt ist. Siedlungsphase Ib, die ebenfalls dem Frühen SH III C angehört, ist in einer mächtigen Brandschuttschicht fassbar, welche viele Details des Siedlungslebens wie zahlreiche in situ gefundene Ganzgefäße, Terrakotta-Figurinen, Bronzemesser, Spinnwirtel barg und zeigt, dass der Großteil des Plateaus von Lagerräumen und Produktionsstätten eingenommen wurde. In die Ruine des Fachwerkhauses war nun ein Töpferofen eingebaut. Außerdem dürfte sich im Süden des Plateaus eine bronzebearbeitende Werkstätte befunden haben.

Die darauffolgende Siedlungsphase II ist aufgrund eines großen Kraters mit komplexer Verzierung in SH III C Fortgeschritten zu setzen. Durch die Bautätigkeiten in nachmykenischer Zeit sind die Siedlungsreste weitgehend entfernt worden, doch lässt sich aus den in den Brandschutt der Phase Ib eingetieften Fundamentmauern ein mehrräumiger Baukomplex erschließen, der von einer Befestigung eingeschlossen war. Nach spärlichen Bauresten und dazugehöriger Keramik zu urteilen, bestand jedoch die Siedlung bis in das späte SH III C. 

Grabungspublikation

  • E. Alram-Stern, S. Deger-Jalkotzy (Hrsg.), Die österreichischen Ausgrabungen von Aigeira in Achaia, Aigeira I. Die mykenische Akropolis. Faszikel 3, Vormykenische Keramik. Kleinfunde. Archäozoologische und archäobotanische Hinterlassenschaften. Naturwissenschaftliche Datierung, Veröffentlichungen der Mykenischen Kommission 24. Sonderschriften des Österreichischen Archäologischen Institutes 43, Dph 342, Wien 2006.
  • E. Alram-Stern, Die österreichischen Ausgrabungen von Aigeira in Achaia. Die mykenische Akropolis, Grabungen 1975–1980, Stratigraphie und Bebauung, unter Mitarbeit von Mario Börner, mit einem Beitrag von Sigrid Deger-Jalkotzy. Forschungen in Aigeira 2, Herausgegeben vom Österreichischen Archäologischen Institut und dem Institut für Orientalische und Europäische Archäologie, Österreichische Akademie der Wissenschaften, Wien 2020.
  • S. Deger-Jalkotzy, Die österreichischen Ausgrabungen von Aigeira in Achaia, Aigeira I. Die mykenische Akropolis. Faszikel 2, Die mykenische Keramik. 

Weitere Publikationen

  • E. Alram-Stern, Die mykenischen Idole von Aigeira. In: E. Pochmarski (Hrsg.), Berichte des 2. Österreichischen Archäologentages im Schloß Seggau bei Leibnitz 1985. Mitteilungen der Archäologischen Gesellschaft Graz, Beiheft 1, Graz 1987, 4–7.
  • E. Alram-Stern, Zur vormykenischen Besiedlung der Akropolis von Aigeira. In: F. Blakolmer, H. D. Szemethy (Hrsg.), Akten des 8. Österreichischen Archäologentages am Institut für Klassische Archäologie der Universität Wien vom 23. bis 25. April 1999 in Wien, Wien 2001, 13–18.
  • E. Alram-Stern, Prähistorische Keramik aus den österreichischen Ausgrabungen auf der Akropolis in Aigeira. In: V. Mitsopoulos-Leon (Hrsg.), Forschungen in der Peloponnes. Akten des Symposiums anläßlich der Feier „100 Jahre Österreichisches Archäologisches Institut Athen“, Athen 5.–7. März 1998. Österreichisches Archäologisches Institut, Sonderschriften Band 38, Athen 2001, 63–71.
  • E. Alram-Stern, The Acropolis of Aigeira before the Mycenaean Settlement. In: M. Bietak (Hrsg.), The Synchronization of Civilizations in the Eastern Mediterranean in the 2nd Millenium BC II. Proceedings of the SCIEM 2000 – EuroConference, Schloß Haindorf, 2nd May – 7th May 2001. Wien 2003, 437–454.
  • E. Alram-Stern, Aigeira – Acropolis: The Stratigraphy. In: S. Jalkotzy-Deger, M. Zavadil (Hrsg.), LH III C Chronology and Synchronisms. Proceedings of the International Workshop held at the Austrian Academy of Sciences at Vienna, May 7th and 8th, 2001. Veröffentlichungen der Mykenischen Kommission 20, Wien 2003, 15–21.
  • E. Alram-Stern, Aigeira/Achaia and the settlement pattern on the Peloponnese in the Chalcolithic and EH I. In: G. Chourmouziadis (Hrsg.), Η προϊστορική έρευνα στην Ελλάδα και οι προοπτικές της. Θεωρητικοί και μεθοδολογικοί προβληματισμοί. Αρχαιολογικό συμπόσιο στη μνήμη του Δ.Ρ. Θεοχάρη, Θεσσαλονίκη / Καστοριά 26, 27 και 28 Νοεμβρίου 1998. Thessaloniki 2003, 21–28.
  • E. Alram-Stern, Characteristic small finds of LH III C from Aigeira and their context. In: M. Zavadil, S. Jalkotzy-Deger (Hrsg.), LH III C Chronology and Synchronisms II. LH III C Middle. Proceedings of the International Workshop held at the Austrian Academy of Sciences at Vienna, October 29th and 30th, 2004. Veröffentlichungen der Mykenischen Kommission 28, Wien 2007, 15–25.
  • E. Alram-Stern, Aigeira and the Beginning of the MH Period in Achaia. In:  A. Philippa-Touchais et al. (Hrsg.), Mesohelladika. La Grèce continentale au bronze Moyen. Actes du colloque intenational organisé par l’École francaise d’Athènes en collaboration avec l’American School of Classical Studies at Athens et le Netherlands Institute in Athens, Athènes, 8–12 mars 2006. BCH Supplément 52, Paris 2010, 143–150.
  • E. Alram-Stern, The Acropolis of Aigeira and the Distribution of Settlement at the Corinthian Gulf during Early Helladic I. In: D. Katsonopoulou (Hrsg.), The Early Helladic Peloponnesos. Helike IV. Ancient Helike and Aigialeia. Protohelladika. The Southern and Central Greek Mainland, Athen 2011, 199–210.
  • E. Alram-Stern, Aigeira and the Corinthian Gulf at the Transition from the Neolithic Period to the Early Bronze Age. In: The Aegean Early Bronze Age: New Evidence, Athens, April 11th–14th 2008, im Druck.
  • S. Jalkotzy-Deger, Fremde Zuwanderer im Spätmykenischen Griechenland. Zu einer Gruppe handgemachter Keramik aus Myk. III C Siedlungsschichten von Aigeira. Sitzungsberichte der ÖAW, Philosophisch-Historische Klasse, 326, Wien 1977.
  • S. Jalkotzy-Deger, Die Carinierte Tasse FS 240. Ein „Leitfossil“ der mykenischen Chronologie und seine Geschichte. In: Pro Arte Antiqua. Festschrift Hedwig Kenner I, Wien 1982, 54–61.
  • S. Jalkotzy-Deger, Das Problem der „Handmade Burnished Ware“ von Myk. III C. In: S. Jalkotzy-Deger (Hrsg.), Griechenland, die Ägäis und die Levante während der „Dark Ages“ vom 12. bis zum 9. Jh. v. Chr. Akten des Symposiums von Stift Zwettl (NÖ), 11.–14. Oktober 1980. Sitzungsberichte der ÖAW, phil.-hist. Kl., 418, Wien 1983, 161–178.
  • S. Jalkotzy-Deger , E. Alram-Stern, Akropolis. Die mykenische Siedlung. In: W. Alzinger et al. (Hrsg.), Aigeira-Hyperesia und die Siedlung Phelloe in Achaia, I. Österreichische Ausgrabungen auf der Peloponnes 1972–1983, Klio 67, 1985, 394–426.
  • S. Jalkotzy-Deger, Zum Ende der mykenischen Zeit in Achaia. In: E. Thomas (Hrsg.), Forschungen zur Ägäischen Vorgeschichte: Das Ende der mykenischen Welt, Köln 1987, 1–5.
  • S. Jalkotzy-Deger, Zum Verlauf der Periode SH III C in Achaia. In: A. D. Rizakis (Hrsg.), Achaia und Elis in der Antike.  Akten für das Internationale Symposium Athen, 19.–21. Mai 1981. Athen 1991, 19–29.
  • S. Jalkotzy-Deger, Stratified Pottery Deposits from the LH III C Settlement at Aigeira/Achaia. In: S. Jalkotzy-Deger, M. Zavadil (Hrsg.), LH III C Chronology and Synchronisms. Proceedings of the international workshop held at the Austrian Academy of Sciences at Vienna, May 7th and 8th, 2001. Wien 2003, 53–75.
  • S. Jalkotzy-Deger, Work in Progress: Report on the “End of the Mycenaean Civilization” Project for the years of 1999–2001. In: M. Bietak (Hrsg.), The Synchronisation of Civilisations in the Eastern Mediterranean in the Second Millennium B. C., II. Proceedings of the SCIEM 2000 – EuroConference, 2nd of May–7th of May.
  • Anna Bächle

Laufzeit

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Finanzierung

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