Die Hyksos (griechische Transkription der altägyptischen Bezeichnung Heqau-chasut »Herrscher der Fremdländer«) waren eine Dynastie von Königen nahöstlicher Herkunft, die Ägypten zwischen ca. 1640 und 1530 v. Chr. beherrschten. Ihre geografische Herkunft, die Art ihrer Machtübernahme und ihre Rolle in der altägyptischen Geschichte sind bis heute ein Rätsel geblieben, da diese Epoche nur spärlich mit textlichen Quellen fassbar ist. Dennoch wurde bisher unsere Vorstellung von den Hyksos und der Bevölkerung, die hinter ihrer Macht stand, in der Ägyptologie in erster Linie durch textorientierte Quellenuntersuchungen geprägt, während andere Quellen – wie archäologische Hinterlassenschaften, Bestattungssitten, Siedlungsstrukturen und vor allem biologische Daten – bislang weitestgehend ignoriert wurden.

In den letzten Dekaden wurde durch Ausgrabungen an verschiedenen Fundplätzen im östlichen Nildelta ein enormer Reichtum an archäologischen Daten über die Bevölkerung während der Hyksosherrschaft gewonnen und man kann nun, gemeinsam mit Funden, die sich in Museen auf der ganzen Welt befinden, auf enorme Quantitäten an Objekten zurückgreifen, welche die materielle Kultur der Hyksos widerspiegeln. Von besonderem Wert ist das menschliche osteologische Material, das mittels morphologischer Untersuchungen, DNA- und Strontiumisotopen-Analysen (bioarchäologische Aspekte werden durch die zweite Gasteinrichtung, die Bournemouth University, UK, abgedeckt) neue Erkenntnisse über die Herkunft der Träger der Hyksosherrschaft und ihrer Vorgänger verspricht. All dieses Material blieb in historischer Auswertung bislang weitgehend ungenutzt, wenngleich es das Potenzial erstklassiger historischer Quellen in sich birgt. Das Projekt wird in acht miteinander verknüpften Forschungspfaden durchgeführt, welche archäologische, historische, theoretische und naturwissenschaften Untersuchungen miteinander verbinden. Das Ziel ist, in einer holistischen Schau, die Herkunft, die kulturelle Auseinandersetzung zwischen Einwanderern aus dem Nahen Osten nach Ägypten mit der Kultur des Gastlandes und schließlich den Einfluss der Hyksosherrschaft auf die Kultur des ägyptischen Neuen Reiches aufzudecken. Die Hyksos spielten in der Geschichte der Alten Welt eine wesentlich größere Rolle als bisher wahrgenommen. Sie waren es, die Ägypten in das Zentrum des Geschehens im Vorderen Orient im 2. Jahrtausend v. Chr. rückten und die Grundlagen des Aufstiegs Ägyptens zur Weltmacht schufen. Dieses Forschungsprojekt über die Epoche der Hyksos und der damit zusammenhängenden Phänomene birgt durch moderne Methoden das Potenzial, ein Kapitel in der Geschichte der Alten Welt neu zu schreiben und so zu einem innovativen Modell in der Forschung zu werden.

Zielsetzungen des Projektes
  • Ermittlung der geografischen Herkunft und der Ethnizität der westasiatischen Bevölkerung, die im Mittleren Reich und der 2. Zwischenzeit im Delta ansässig gewesen ist, sowie die Klärung der Frage, ob es sich um eine homogene Gruppe handelt oder die Immigration in Wellen und von unterschiedlichen Ausgangspunkten erfolgte.
  • Timing, Gründe und Wege dieser Bevölkerungsimmigration.
  • Definition der Kultur der westasiatischen Bevölkerung im Ostdelta Ägyptens während des Mittleren Reiches und der 2. Zwischenzeit, um die Interferenz zwischen der Kultur der mittleren Bronzezeit in der Levante mit der von Ägypten zu beleuchten.
  • Identifikation der Mechanismen durch welche die Hyksos an die Macht gekommen sind, um die Wirkungsmechanismen, ihrer Herrschaft, die Ausdehnung ihres Einflussbereiches und die Art der innen- und außenpolitischen Beziehungen zu bestimmen.
  • Beantwortung der Frage, ob die Hyksos und die westasiatische Bevölkerung des östlichen Nildeltas spurlos verschwanden, oder ob Auswirkungen auf Kultur, Religion, Literatur und Sprache des ägyptischen Neuen Reiches fassbar sind.
  • Determination der Gründe für das Scheitern der Hyksosherrschaft durch das Studium von Fluktuationen in Wirtschaft und Handel in Beziehung auf Phasen von Wohlstand oder Krisensituationen.

 

Projektleitung

Team

    • Dominik Fill
    • Silvia Gómez-Senovilla
    • Rosa Matic
    • Anna-Latifa Mourad
    • Sarah Vilain

    Kooperation

    Finanzierung

    ERC Advanced Grant Project 668640