Eine der vornehmsten Aufgaben der »Kommission für die archäologische Erforschung Kleinasiens« seit ihrer Gründung im Jahre 1890 war die Publikation aller griechischen und lateinischen Inschriften Kleinasiens in nach antiken Landschaften gegliederten Corpora. Zu diesem Zweck wurde die Reihe »Tituli Asiae Minoris« gegründet, die ein Gegenstück zu den von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften herausgegebenen »Inscriptiones Graecae« sind. Dieses Vorhaben wird von der Forschungsgruppe »Epigraphik« fortgeführt.

Die Grundlage der Arbeit an den Corpora ist vielfältig. Zunächst waren und sind Forschungsreisen in die Türkei notwendig, wo auch heute noch unzählige Inschriften zu finden und vor ihrer drohenden Zerstörung zu retten sind. Das so sicher gestellte Material wird in der Form von Abschriften in Skizzen- und Reisetagebüchern, Fotografien und Abklatschen archiviert und für die Publikation vorbereitet. Die Abklatschsammlung besteht bisher aus über 2.000 Stücken, die auch von ausländischen Wissenschafter*innen immer wieder konsultiert und ausgewertet werden. Die Skizzen- und Reisetagebücher sind bereits überwiegend digitalisiert, und das darin befindliche bereits publizierte Material soll der Fachwelt im Internet zur Verfügung gestellt werden; die zur Zeit noch unveröffentlichten Inschriften werden jeweils nach ihrer Publikation hinzugefügt.

Zusätzlich wurde von der »Kleinasiatischen Kommission« ein Schedenapparat übernommen, in dem das gesamte griechische und lateinische Inschriftenmaterial Kleinasiens karteimäßig erfaßt werden soll, wobei laufend alle Neufunde nachzutragen sind und für jede einzelne Inschrift sowie für jede Landschaft die moderne Fachliteratur zu sammeln und stets aktuell zu halten ist. Er umfasst derzeit ca. 50.000 Blätter und soll weiter ausgebaut sowie auf lange Sicht in eine elektronische Datenbank überführt werden.

Die Inschriften von Ephesos

Die bisher in Ephesos gefundenen ca. 7000 Steininschriften sowie 1500 Graffiti und Dipinti liefern einen unschätzbaren Beitrag zur Rekonstruktion der Geschichte der Stadt: Sie erlauben außergewöhnliche Einblicke in fast alle Bereiche des antiken Lebens. Dennoch wurde bisher nur ein Repertorium der Inschriften vorgelegt, d.h. ohne Übersetzung und historische Interpretation. Ein Corpus der Inschriften von Ephesos stellt seit fast 50 Jahren ein Desiderat der altertumswissenschaftlichen Forschung dar. Dieser Aufgabe widmet sich seit einigen Jahren Thomas Corsten mit seinen Mitarbeiterinnen: Der erste Faszikel des Corpus (TAM VI 1.1) umfasst alle Inschriften und Testimonien zu den privaten, öffentlichen und heiligen Grenzen in Ephesos und steht kurz vor seiner Fertigstellung durch Vera Hofmann. An dem Faszikel »Graffiti und Dipinti« arbeiten Elisabeth Rathmayr und Veronika Scheibelreiter-Gail. Patrick Sänger (Universität Münster) bearbeitet das instrumentum domesticum. Neben den bereits publizierten Inschriften werden laufend Neufunde ediert, so auch in Kooperation mit Ali Demirkıran vom Efes Müzesi Selçuk.

 

Graffiti und Dipinti

Dipinti sind gemalte Inschriften, die gleichzeitig mit dem Inschriftenträger geplant wurden. Als Graffiti bezeichnet man alle graphischen Zeichen (Buchstaben, Wörter, Texte) und Bildmotive, die sekundär auf eine Trägerfläche aufgebracht wurden. Sie können eingeritzt oder aufgemalt sein.

Von den Dipinti und Graffiti aus den Wohnbauten in Ephesos wurden jene im Hanghaus 2 von Hans Taeuber bereits als Katalog in den Publikationen der einzelnen Wohneinheiten vorgelegt. Elisabeth Rathmayr und Veronika Scheibelreiter-Gail analysierten sie im Zuge des FWF-Projekts P 33550 zusammen mit allen anderen Dipinti und Graffiti aus Wohnbauten in Ephesos in ihren räumlichen und zeitlichen Kontexten. Die Ergebnisse werden 2025 als Buch und Open Access erscheinen.

Ein umfassendes Corpus zu allen Dipinti und Graffiti aus Ephesos wird von Elisabeth Rathmayr und Veronika Scheibelreiter-Gail erstellt werden. Als Vorbereitungen finden jährliche Forschungsreisen nach Ephesos statt.

 

Projektleitung

Kooperation

Patrick Sänger, Universität Münster (Instrumentum domesticum)