Das Projekt erforscht die wirtschaftlichen Beziehungen der römischen Keramikproduktionszentren Varbovski Livadi, Pavlikeni, Butovo und Hotnitsa mit den städtischen Siedlungen Nicopolis ad Istrum und Novae sowie ländlichen Siedlungen. Ziel ist die Rekonstruktion der Produktions- und Transportnetzwerke zwischen der Stara Planina und der Donau (Bulgarien, Oblast Veliko Tarnovo) im 2.–3. Jh. n. Chr. anhand von Keramikprovenienzstudien und räumlichen Analysen.

Ausgangssituation

Das Projekt hat die Rekonstruktion der Funktionsweisen der wirtschaftlichen Netzwerke in einer spezifischen Region im heutigen Nordbulgarien (römische Provinzen Moesia Inferior und Thracia) im 2. – 3. Jh. n. Chr. anhand von Keramik zum Ziel. Die Region (AoI) erstreckt sich vom Balkangebirge, der Stara Planina im Süden bis zur Donau im Norden und wird sowohl im Westen (Osam) als auch im Osten (Jantra) von Flusstälern begrenzt. In römischer Zeit befanden sich hier zwei wichtige Siedlungszentren: die trajanische zivile Stadtgründung Nicopolis ad Istrum an den nördlichen Ausläufern der Stara Planina und der ab der Mitte des 1. Jh. n. Chr. belegte Legionsstandort Novae an der Donau, der sich im Laufe des 2. Jh. n. Chr. zu einer der größten städtischen Siedlungen Moesias entwickelte. Im Territorium von Nicopolis ad Istrum existierten ferner groß angelegte Keramikproduktionen in Varbovski Livadi, Pavlikeni, Butovo und Hotnitsa. Die Forschung geht allgemein davon aus, dass diese Produktions-sites die gesamte Region zwischen der Stara Planina und der Donau versorgten; die detaillierten Charakteristika und Modi der Produktion, des Transports sowie der wirtschaftlichen Netzwerke im Allgemeinen wurden bisher jedoch nicht umfassend erforscht.

Fragestellung/Methodik

Demnach bietet das Projekt nun vielversprechende Möglichkeiten zur detaillierteren Charakterisierung der produzierten Keramik und der regionalen Handelssysteme. Die Hauptfragen des Projektes beziehen sich auf die Provenienz ausgewählter Keramikfunde aus der AoI (Produktionsstätten, städtische Siedlungen, ländliche Fundstellen im Hinterland) und die existierenden Transportrouten (Fluss/Straße) und deren Korrelation mit der ländlichen Besiedlung im Hinterland von Nicopolis ad Istrum und Novae sowie entlang der Jantra- und Osamtäler.

Dementsprechend wird Keramik aus ausgewählten Fundkontexten zur Erstellung einer Referenzdatenbank analysiert. Rohmaterial-Samples und Keramik-Samples werden ferner petrographisch untersucht; und NAA (Neutron Activation Analysis) wird durchgeführt um eine geochemische Charakterisierungsbasis für die Produktionsstätten zu generieren, was wiederum die Korrelation von Keramikfunden an städtischen und ländlichen Fundstellen in der weiteren Region erleichtert.

Ferner fließen fluviale Daten zu Fließgeschwindigkeiten, Wasserständen und Saisonalität sowie archäologische Daten zu bekannten Straßenverläufen und deren assoziierter Infrastruktur in cost-distance Analysen zu verschiedenen Transportrouten-Szenarios ein.

Synthese/Zielsetzung

Anhand von Überlegungen zu aktueller wirtschaftlicher Theorie innerhalb der Römischen Archäologie werden die Ergebnisse des Projektes schließlich kombiniert und zu einem Gesamtbild zur Charakterisierung der Keramikhandelssysteme und allgemeinen wirtschaftlichen Netzwerke sowie der Beziehung zwischen ländlicher und städtischer Besiedlung in der AoI zusammengeführt.