Im neolithischen Bergbau (und bei den initialen Verarbeitungsschritten des abgebauten Rohmaterials vor Ort) kamen Geräte unterschiedlichen Typs aus verschiedenen Materialien (Geweih, Hornstein und andere Gesteine) zum Einsatz. Neben der typologischen Formansprache helfen Gebrauchsspurenanalysen, ihre ursprüngliche Funktion näher zu bestimmen und zu differenzieren.

Die im neolithischen Bergbau verwendeten Geräte und deren genaue Funktion zu kennen, ist ein essentielles Thema – schließlich sind sie ein wesentliches Element ganz am Anfang der Produktionskette geschlagener Steingeräte. Ihre Kenntnis ist grundlegend für das Verständnis sowohl der primären Rohstoffbeschaffung, als auch – da sie die Form, in welcher der gewonnene Rohstoff schließlich vorliegt, mitbedingen – den Ablauf der folgenden Schritte von der Grundformproduktion bis hin zum ›Endprodukt‹ sowie dessen Verwendung und mögliche Distribution.

Ausgangslage

Geweihgezähe, steinerne Schlägel und Schlag- bzw. Hammersteine wurden in Österreich bisher immer nur recht summarisch behandelt, aber noch nie wirklich eingehend untersucht. Die in Summe größte Anzahl neolithischer Bergbaugeräte unterschiedlichen Typs liegt bislang vom ›Steinzeitbergwerk‹ auf der Antonshöhe in Wien-Mauer vor – allerdings sind diese auf unterschiedliche öffentliche und private Sammlungen verteilt, teils unzureichend und teils gar nicht publiziert, und wurden noch nie in ihrer Gesamtheit katalogisiert und wissenschaftlich bearbeitet.

›Lebenslauf‹ von Artefakten

Eine genaue Analyse sowohl der Herstellungs- als auch der Gebrauchsspuren ist nötig, um diese zu unterscheiden, und folglich eine Einteilung in Verwendungskategorien zu ermöglichen. Wir müssen zudem prähistorische Geräte nicht als statisch sondern als dynamisch verstehen – das Objekt (bzw. dessen Form) unterliegt, sobald es einmal in Gebrauch ist, einem ständigen Wandel. Diesen ›Lebenslauf‹ einzelner Werkzeuge nachzuzeichnen (natürliche Beanspruchung/Veränderung des Rohmaterials, Herstellung, primäre Verwendung, Beschädigung, Umarbeitung, sekundäre und eventuell tertiäre Verwendung, nochmalige Veränderung/Beschädigung durch Gebrauch, Verwerfen) ist notwendig, um Arbeitsabläufe zu verstehen. Denn überliefert wird im archäologischen Kontext nur der Endzustand, der sich vom Ursprungszustand ganz wesentlich unterscheiden kann.

Neolithische Rillenschlägel in Ostösterreich

Beinahe eine kleine Sensation war der Erstnachweisvon Rillenschlägeln auf der Antonshöhe. Solche sind vor allem in West- und Südeuropa im neolithischen Bergbau durchaus geläufig, waren bei uns bislang aber erst aus dem bronzezeitlichen Kupferbergbau bekannt. Sie sind jedoch überall dort zu erwarten, wo in harten Gesteinen die ›zermalmende Gewinnungsweise‹ angewendet wird.

Erkenntnisstand und Ausblick

Als erster Schritt wurden die Geräte aus einer Privatsammlung eingehend analysiert. Die dabei gewonnenen Erfahrungen sollen als Referenz-Grundlage für weitere neolithische Bergbaufunde dienen – vorrangig für solche von der Antonshöhe in anderen Sammlungen, in Folge auch von weiteren Abbaustellen in Ostösterreich. Wir haben gesehen, dass durch eine komplexe Gerätebiografie im Endzustand ungewöhnliche Geräteformen entstehen können, welche sich einer eindimensionalen Interpretation entziehen. Deren Entschlüsselung bedarf einer detaillierten makro- und mikroskopischen Analyse aller Herstellungs- und Gebrauchsspuren sowie sonstiger – auch formaler – Merkmale (inklusive eventuell noch vorhandener natürlicher Modifikationen), um schließlich eine schlüssige Verwendungsgeschichte darstellen zu können.

Literatur:

  • O. Schmitsberger, Erster Nachweis von Rillenschlägeln im neolithischen Hornstein-Bergbau Ostösterreichs (Mauer-Antonshöhe, 23. Wiener Gemeindebezirk). Fundberichte aus Österreich 58/2019, 2021, 421 – 440.