Eines der wertvollsten Farbpigmente, das während der Antike verwendet wurde, war das rote Minimum Cinnabaris – das Farbpigment Zinnoberrot. Ein Pulver des roten Quecksilbersulfids Zinnober (α-HgS) ergibt dieses hellrote Farbpigment. Dieses Rohmaterial war teuer und wurde vermutlich in das Römische Reich importiert. Die größten bekannten Zinnobererzvorkommen im Mittelmeerraum finden sich bei Almadén (Spanien), Idria (Slowenien) und Monte Amiata (Italien) – kleinere Vorkommen in der Türkei, in Tunesien, Frankreich und auch Deutschland.

Die Zinnobererzgewinnung bei Almadén geht bis in das 6. Jtsd. v. Chr. zurück. Obwohl die kleineren Erzvorkommen bei Idria und Monte Amiata ebenfalls von den Römern genutzt wurden, berichten auch schriftliche Quellen, dass Almadén die meisten Zinnoberimporte in das Römische Reich stellte. Bislang ist die Zinnobererzgewinnung im Mittelmeerraum nicht grundlegend erforscht und vor allem der Beitrag kleinerer Erzvorkommen nicht ausreichend erfasst. In den letzten Jahrzehnten wurden Herkunftsanalysen archäologischer Materialien mittels mineralogischer/petrografischer Untersuchungen wie auch Element- und Isotopenanalysen vorgenommen, um die Rekonstruktion von Handelsverbindungen zu ermöglichen. War diese Art der Untersuchungen lange Zeit auf Metallgegenstände fokussiert, brachten die letzten Jahre eine Zunahme der Herkunftsanalysen von archäologischen Gläsern und Pigmenten.

In diesem Kontext besonders interessant ist die Herkunft von Zinnoberpigmenten aus Ephesos, zumal sich kleine, aber leicht zugängliche Zinnobererzvorkommen in der Nähe von Ephesos befinden (z. B. Halbinsel Çeşme). Das leitet zu der Frage über, ob in Ephesos diese lokalen Ressourcen herangezogen oder ob weit entfernte Erze (z. B. aus Almadén) für die Zinnoberpigmente bevorzugt wurden.

Die Erzlagerstätten, die in der Antike abgebaut wurden, zeigen aufgrund ihrer unterschiedlichen geologischen Alter und Bildungsprozesse deutliche Unterschiede in der Bleiisotopenzusammensetzung. Somit besteht die Möglichkeit, zwischen verschiedenen während der Antike erschlossenen Zinnoberrohstoffquellen zu unterscheiden. Bei den Zinnoberpigmenten von Ephesos und der Frage nach nahen und fernen Rohstoffquellen eröffnet sich darüber hinaus die Diskussion über die Rohstoffqualität als Motivation für den Handel sowie über die Spezialisierung der Arbeiter und das ›Outsourcing‹ der damals bereits bekannten Gesundheitsrisiken. Die Identifizierung nichtlokaler Rohstoffe und des Fernhandels mit Zinnober kann daher unser Verständnis der wirtschaftlichen und politischen Wechselwirkungen des Römischen Reiches bereichern.

Untersuchungsmethoden
  • Elementanalysen mit XRF vor Ort
  • Spurenelementanalysen mit ICP-MS
  • Mineralogische Zusammensetzung mit SEM-EDS
  • Bleiisotopanalysen mit MC-ICP-MS