Das Projekt »VAMOS« analysiert den Zusammenhang zwischen Fortpflanzung und dem sozialen Status von Frauen anhand von Fallstudien in Mitteleuropa. Reaktionen auf Schwangerschaft, Geburt und Kindererziehung werden vom späten Neolithikum bis zur späten Eisenzeit (ca. 3000–15 v. Chr.) untersucht.

Anhand von Fallstudien in Mitteleuropa analysiert dieses Projekt den Zusammenhang zwischen Fortpflanzung und dem sozialen Status von Frauen und untersucht die sozialen Reaktionen auf Schwangerschaft, Geburt und Kindererziehung vom späten Neolithikum bis zur späten Eisenzeit (ca. 3000–15 v. Chr.). Mutterschaft und Kindererziehung, die oft als natürliche, alltägliche und unvermeidliche Bestandteile des Lebens von Frauen angesehen werden, sind auch kulturell und historisch bedingte Praktiken, die das Fundament von Gesellschaften bilden. Die Erforschung des Wertes der Mütter für die Gesellschaft trägt dazu bei, wichtige langfristige Entwicklungen wie die soziale Schichtzugehörigkeit, die zunehmende Bevölkerungsdichte und die Verfestigung der Geschlechterrollen in den drei untersuchten Jahrtausenden zu verstehen. Durch die Kombination der neuesten Erkenntnisse der archäologischen Wissenschaften, unter Einbeziehung von Paläopathologie, Zahnanalyse, aDNA- und Isotopenanalysen, untersucht dieses Projekt mit innovativen Interpretationsansätzen, ob von allen Frauen erwartet wurde, Mütter zu werden, zeigt alternative Lebenswege auf, bewertet Risiken und Konsequenzen des Mutterwerdens und betrachtet den sozialen Wert des Fortpflanzungserfolgs.

Erstmals wird anhand paläopathologischer Merkmale systematisch die Wahrscheinlichkeit ermittelt, ob eine Frau entbunden hat oder nicht, das Alter bei der ersten Mutterschaft und die Anzahl der Kinder pro Frau untersucht. Die Ergebnisse werden mit einer eingehenden Bestandsanalyse der Frauengräber kontextualisiert.
Gräber von schwangeren Frauen, Doppelbestattungen von Frauen und Kindern sowie Säuglingsbestattungen liefern weitere Daten. Die Studie beschäftigt sich auch mit der Kindererziehung (Pflege, Ernährung, aber auch Missbrauch, Vernachlässigung und Kindstötung) und untersucht, wie Kinder nach dem Tod behandelt wurden, um Erkenntnisse über ihre gesellschaftliche Bedeutung zu gewinnen. Aktuelle politische Diskurse über Mütter in Gesellschaft und Arbeitswelt beziehen sich häufig auf >natürliche< und >antike< Praktiken der Kindererziehung. Dieses Projekt leistet einen wichtigen Beitrag zu unserem Verständnis von Mutterschaft und setzt naiven Darstellungen von Kindererziehung in der Urgeschichte wissenschaftlich fundierte Informationen entgegen.

Publikationen

  • K. Rebay-Salisbury, D. Pany-Kucera, M. Spannagl-Steiner, F. Kanz, P. Galeta, M. Teschler-Nicola, and R. B. Salisbury, Motherhood at early Bronze Age Unterhautzenthal, Lower Austria. Archaeologia Austriaca 102, 2018, 71–134.
  • K. Rebay-Salisbury, Personal relationships between co-buried individuals in the central European Early Bronze Age, in: G. Lillehammer and E. Murphy (eds), Across the Generations: The Old and the Young in Past Societies, Childhood in the Past Monograph Series 8, Stavanger 2018, 35–48.
  • K. Rebay-Salisbury, Vielversprechende Ansätze und kleine Irrwege: die Interpretationsgeschichte frühbronzezeitlicher Bestattungen am Beispiel Schleinbach," in: F. Pieler and P. Trebsche (eds), Beiträge zum Tag der Niederösterreichischen Landesarchäologie 2018, Asparn 2018, 45–56.
  • M. Fritzl, Die mehrfach belegten Gräber des urnenfelderzeitlichen Gräberfeldes von Inzersdorf ob der Traisen, Niederösterreich. Masterarbeit, University of Vienna 2017.
  • D. Pany-Kucera, K. Wiltschke-Schrotta, Die awarische Bevölkerung von Vösendorf /S1. Annalen des Naturhistorischen Museums Wien, Serie A 119, 2017, 5–31.
  • K. Rebay-Salisbury, Bodies, identities and social relations in Bronze and Iron Age Central Europe. Kumulative Habilitationsschrift zur Erlangung der Venia Docendi im Fach Urgeschichte und Historische Archäologie, University of Vienna 2017.
  • K. Rebay-Salisbury, Breast is best – and are there alternatives? Feeding babies and young children in prehistoric Europe. Mitteilungen der Anthropologischen Gesellschaft in Wien 147, 2017 13–29.
  • K. Rebay-Salisbury, Comments on Paul Treherne’s ‘The Warrior’s Beauty’. European Journal of Archaeology 20, 1, 2017, 5–9.
  • K. Rebay-Salisbury, Rediscovering the body: cremation and inhumation in early Iron Age Central Europe, in: J.I. Cerezo-Román, A. Wessman, and H. Williams (eds) Cremation and the Archaeology of Death. Oxford 2017, 52–71.
  • K. Rebay-Salisbury, Bronze Age beginnings: the conceptualisation of motherhood in prehistoric Europe, in: D. Cooper and C. Phelan (eds), Motherhood in Antiquity. New York 2017, 169–196.
  • K. Rebay-Salisbury, Big Mamas? Mutterschaft und sozialer Status im eisenzeitlichen Mitteleuropa, in: K. Winger and C. Keller (eds), Big Men or Women? Neue interdisziplinäre Ansätze der Frauenforschung für die Eisenzeit. Universitätsforschungen zur Prähistorischen Archäologie, Bonn 2017, 57–73.
  • K. Rebay-Salisbury, Review: Michal Ernée, Prag-Miškovice. Archäologische und naturwissenschaftliche Untersuchungen zu Grabbau, Bestattungssitten und Inventaren einer frühbronzezeitlichen Nekropole. European Journal of Archaeology 20, 3, 2017, 587–591.
  • C. A. Wilczak, V. Mariotti, D. Pany-Kucera, S. Villotte, and C. Y. Henderson, Training and interobserver reliability in qualitative scoring of skeletal samples. Journal of Archaeological Science: Reports 11, 2017, 69–79. doi: 10.1016/j.jasrep.2016.11.033

 

 

Kooperationen
Laufzeit

07/2016–12/2021

Finanzierung

ERC Starting Grant 2015 [Project No. 676828]