Anlässlich des Baus eines Golf-Resorts wurden in der Nähe von Romanos zwischen 2007 und 2011 Rettungsgrabungen durchgeführt. Hauptergebnis war die Entdeckung einer frühhelladischen Siedlung, der bisher größten Siedlung in Messenien, die in Frühhelladisch II datiert. Es wurden Werkstätten für Obsidian und Kupfer/Bronze gefunden, wodurch die Verbindungen zu den Kykladen verdeutlicht werden. Ein frühhelladischer Brunnen ergab Gefäße, die rituell deponiert worden waren.

Im Rahmen des Programms P.O.T.A. Romanou (P.O.T.A. = Περιοχή Ολοκληρωμένης Τουριστικής Ανάπτυξης, d. h. Bereich touristischer Entwicklung) zur Errichtung des Hotelkomplexes Costa Navarino – Navarino Dunes nahe an der Küste des Ionischen Meeres nordwestlich des Dorfes Romanos leitete der Verfasser ab Februar 2007 die ausgedehnten und bis Ende 2011 fortgesetzten Rettungsgrabungen im Bereich der riesigen Golfresort-Hotelanlage, die jetzt unter dem Namen Navarino-Dunes firmiert. Die Grabungen fanden unter der Aufsicht der 38. Ephorie für Prähistorische und Klassische Altertümer Messeniens des griechischen Kulturministeriums statt, wobei der Bauträger alle anfallenden Kosten zu tragen hatte. Archäologische Überreste fanden sich im Wesentlichen südlich des Flusses Selas nahe an der Süd- und Ostgrenze des Geländes. Dort wurden nicht nur ein bislang völlig unbekanntes früharchaisches griechisches Heiligtum mit früharchaischem Tempel, ein großes hellenistisches Farmhaus, ein frühmykenisches Tholos-Grab und Gräber sowie Siedlungsreste der Protogeometrischen bis Geometrischen Zeit entdeckt, sondern vor allem auch Teile der größten bislang in Messenien bekannt gewordenen Frühhelladisch II-Siedlung (Mindestausdehnung 40.000 m²) aufgedeckt. Die Besiedelung setzte offensichtlich bereits in FH I oder im Übergangshorizont von FH I–II ein, wie Grubenbefunde mit Talioti-Ware belegen. Generell scheint die FH II-Siedlung sehr gut organisiert gewesen zu sein. Alle Bauten, rechteckig und weiträumig, hatten die gleiche Orientierung SSW-NNO, Straßen liefen im rechten Winkel aufeinander zu.

Als wichtigste von uns dort festgestellte Befunde sind folgende anzuführen:

  1. Ein dicht bebauter Siedlungsteil mit mehreren, sich stratigraphisch überlagernden Häusern zu beiden Seiten zweier sich im rechten Winkel kreuzender Straßen. Nirgendwo in Messenien ließ sich bislang eine so mächtige und reich mit Keramikresten bestückte Schichten- und Bauphasensequenz der Stufe Frühhelladisch II beobachten.
  2. In der äußersten SO-Ecke der Navarino-Dunes-Liegenschaft war im Areal von FH II Häusern ein großer Vorratsraum aufgedeckt worden, der mehrere verstürzte Vorratsgefäße (Pithoi) enthielt. Durch eine Brandkatastrophe wurde der Inhalt einiger Pithoi in Form von karbonisierten Traubenkernen oder Feigen konserviert.
  3. Eine Werkstätte zum Schmelzen und zur Verarbeitung von Kupfer/Bronze sowie Obsidian.
  4. Eine große ovale Grube mit einer Ausdehnung von ca. 10 × 15 m östlich einer Hangstützmauer mit vorgesetzter Rampe.  Diese Grube war bis oben zum Rand hin mit Tausenden von kleinen Steinen und unglaublichen Mengen an FH II-Scherben bzw. komplett erhaltenen FH II-Gefäßen gefüllt, die manchmal eine vertikale Perforation im Zentrum ihrer Basis aufwiesen. Unerwartet und erstaunlich war der Fund von Dutzenden von Rinder/Stier-Hörnern in dieser Grube, die wohl in einem kultischen Zusammenhang zu sehen ist.
  5. Ein in der Frühhelladisch II-Zeit zugeschütteter Brunnen mit gemauerter Einfassung wurde westlich der Werkstatt zur Kupfer- und Obsidianverarbeitung im Quadrat Θ23 untersucht. Die südliche Hälfte der mächtigen Brunneneinfassung und Schachtverschalung war in den Schacht gestürzt. Der damit unbrauchbar gewordene Brunnen wurde noch während der FH II-Zeit bis über seinen Rand hinaus mit Massen von FH II-Keramikresten, darunter vielen komplett zusammensetzbaren oder z. T. sogar völlig intakten Tongefäßen von feiner Tafelware und gröberem Geschirr, zugeschüttet. Generell ist zu betonen, dass das im Brunnenschacht geborgene, äußerst umfangreiche Fundensemble an vollständig erhaltenen oder komplett zusammensetzbaren Tongefäßen der Stufe FH II für Messenien einzigartig ist. Es ist zu vermuten, dass allein aus der Bearbeitung und Restaurierung dieses Fundgutes aus dem Brunnen zumindest 200 komplette oder weitgehend komplett zusammengesetzte Tongefäße hervorgehen werden. Eine vergleichbare Zahl vollständig erhaltener bis weitgehend kompletter Tongefäße der Stufe FH II findet sich auf der Peloponnes unter veröffentlichten Funden allein in der FH II-Siedlung von Lerna III in der Argolis. Dieses bedeutende Keramikensemble aus dem Brunnen soll hier im Zuge des vom FWF bewilligten Projektes wissenschaftlich bearbeitet und publiziert werden.

Es scheint, dass die Siedlung von Romanos in der FH II-Zeit der zentrale Ort der weiteren Umgebung war und über den Bezug und die Verarbeitung von großen Obsidianmengen sicher mit den Kykladen in Verbindung stand. Auch im Hinblick auf die beobachtete Verarbeitung und das Schmelzen von Kupfer oder Bronze in der dazu errichteten Werkstätte scheint sich eine Verbindung zu den Kykladen anzudeuten. 

Projektleitung

    • Jörg Rambach

    Finanzierung

    FWF Lise-Meitner-Programm [Projekt M 1468]