Die Erforschung prähistorischer Pfahlbau- oder Seeufersiedlungen war eines der Kerngebiete der 1878 gegründeten Prähistorischen Kommission der ÖAW. Mit der bioarchäologischen Erforschung der Lebens- und Wirtschaftsweisen vor allem in den jungsteinzeitlichen Pfahlbauten auf heutigem österreichischem Staatsgebiet kehrt dieser Themenschwerpunkt an die ÖAW zurück.

Oberösterreich: Zeitensprung

Nach ihren Anfängen Ende des 19. Jh. lag die österreichische Pfahlbauforschung über hundert Jahre meist im Dämmerschlaf, mit Ausnahme der bedeutenden Initiativen unter J. Offenberger in den 1970ern und 1980ern. Das 2015 durch das Kuratorium Pfahlbauten begonnene und vom Land Oberösterreich finanzierte Projekt >Zeitensprung< hat sich zum Ziel gesetzt, die archäologische und naturwissenschaftliche Grundlagenforschung and den österreichischen UNESCO-Welterbestätten >Prähistorische Pfahlbauten um die Alpen< wieder voranzutreiben und gleichzeitig einer breiten Öffentlichkeit zu vermitteln. Entsprechend stellt die Tätigkeit des Kuratoriums Pfahlbauten auch die Basis und den Rahmen der Forschungen am ÖAI der ÖAW dar.

Mooswinkel am Mondsee: Maintenance or cultivation? Woodland management strategies in the late Neolithic pile dwellings of Lakes Mondsee and Attersee and in surrounding settlements

Seit 2020 werden im Rahmen eines Doktorats an der Universität für Bodenkultur Wien die Kulturschichten der Seeufersiedlung Mooswinkel am Mondsee untersucht. Es handelt sich um eine relativ kleine Seeufersiedlung am Nordostufer des Mondsees, deren Siedlungsphasen in die Mitte des 4. Jt. v. Chr. datieren. Mooswinkel ist neben Scharfling und See die dritte bislang entdeckte Seeufersiedlung am Mondsee. Sie zeichnet sich durch eine hervorragende Erhaltung vor allem organischer Reste aus.

Ziel der Dissertation ist es, die Art und Intensität der Waldnutzung im Spätneolithikum zu erforschen. Dazu werden an der Pfahlbausiedlung Mooswinkel Kulturpflanzenreste, Sämereien, Hölzer und Pflanzenreste aus Tierexkrementen archäobotanisch untersucht. Zusätzlich werden in Zusammenarbeit mit der Universität Wien Pollenanalysen an den Kulturschichten vorgenommen.

Die daraus gewonnenen archäobotanischen und umweltgeschichtlichen Daten werden mit den Ergebnissen aus den Projekten »Jenseits der Seerandsiedlungen« (FWF DACH I 1693) sowie »Zeitensprung« vereint, damit ein Modell der spätneolithischen Land- und Waldnutzung für die Region erstellt werden kann.

Ljubljansko barje: Hund oder Herrl? Wissenschaftliche Bearbeitung von Koprolithen aus einer Seeufersiedlung in Slowenien

Ausgrabungen in einer Seeufersiedlung im Laibacher Moor brachten zahlreiche organische Reste zutage, die einen interessanten Einblick in die täglichen Aktivitäten und Ernährung der Menschen gestatten. Darunter befinden sich auch bislang sechzehn sehr gut erhaltene Kotreste, sogenannte Koprolithen. Sie enthalten direkte Informationen über die Ernährungsweise der Individuen. Allerdings kann allein anhand ihrer Form nicht entschieden werden, ob sie von Hunden oder gar von Menschen stammen. Die unverdauten Rückstände in den Koprolithen werden deshalb in multidisziplinären Untersuchungen genau untersucht, um auch Rückschlüsse auf die Produzenten liefern.

Der bislang festgestellte, auffällig hohe Anteil an Fischkopf-Knochen könnte darauf hinweisen, dass Hunde damit gefüttert worden wären. Zusätzlich werden fäkale chemische Biomarker im Labor untersucht. Anhand der verschiedenen in den Koprolithen enthaltenen Fettsäuren können Rückschlüsse gewonnen werden, ob die Ernährung hauptsächlich aus Fleisch, wie beim Hund, oder aus Pflanzen, wie beim Menschen, bestanden hat. Die Studien der Magen- und Darm-Parasiten bieten großes Potential zur Identifikation ihres Wirtes. Gemeinsam mit aDNA Analysen und einer radiometrischen Datierung von Koprolithen-Inhalten kann voraussichtlich abgeleitet werden, ob die Faeces menschlichen Ursprunges sind und wie alt sie sind.

Das Fundmaterial ist deshalb so wichtig, da derartige Koprolithen sehr selten so gut erhalten bleiben und die Ergebnisse eine außerordentliche Möglichkeit bieten, die Ernährung der Individuen zu studieren und andererseits durch die multidisziplinäre Forschung auch wissenschaftlich fundierte und objektive Kriterien zur Unterscheidung von tierischen und menschlichen Koprolithen zu setzen.