Archäologische Funde zubereiteter Speisen enthalten als biogene Artefakte sowohl Informationen zu ihren Zutaten als auch über die Techniken ihrer Zubereitung. Dadurch nehmen sie eine Schlüsselrolle in der Erforschung der materiellen Kultur der Ernährung ein, ihre Analyse birgt aber erhaltungsbedingt zahlreiche Herausforderungen. Methodensätze zu ihrer Entschlüsselung sind allerdings seit einigen Jahren in Entwicklung, unter anderem am ÖAI.

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Im Fokus dieses ERC-Projekts steht die Erforschung archäologischer Funde verarbeiteter Lebensmittel. Im Projekt soll ein neues Verständnis für die Entscheidungsprozesse entwickelt werden, die hinter der Auswahl der Zutaten und den angewandten Verarbeitungstechniken standen. Ein transdisziplinärer Ansatz vereint bioarchäologische und lebensmittelanalytische Methoden mit Microwear- und Mikrofossilanalysen an archäologischen Belegen der verwendeten Werkzeuge und einem breiten experimentalarchäologischen Ansatz.

Der am ÖAI angesiedelte Projektteil widmet sich diachron getreidebasierten Nahrungsmitteln in all ihrer Breite – von Brot bis Bier. Anhand konkreter Objekte aus verschiedensten Epochen werden standardisierte methodische Grundlagen für die Analytik und die Interpretation verkohlter archäologischer Getreideerzeugnisse entwickelt. Viele frühere Analysen konnten bestätigt oder um neue Erkenntnisse erweitert werden, die Ansprache mancher Funde wurde auch komplett revidiert. Zahlreiche Neuidentifizierungen konnten bereits durchgeführt werden, von Fladenbroten über Teigringe bis hin zu Brauresten.

Römisches Backwerk in Europa

Die Ausbreitung der römischen Landwirtschafts- und Esskultur über Europa brachte zahlreiche technologische Innovationen mit sich. Viele davon, etwa das System der Villae rusticae, die Einführung von Mühlen pompejanischen Typs oder die Anlage von Großbäckereien zielten auf präindustrielle Standardisierung von Produktions- und Lieferketten ab, um Heer und Zivilbevölkerung des stetig wachsenden Imperiums zu versorgen.

Die – häufig nur klimatisch argumentierte – Variabilität von Getreidezutaten innerhalb des Imperiums ist bekannt, beispielsweise die Bedeutung des Hartweizens für mediterrane Klimate im Gegensatz zu den Britischen Inseln, wo Dinkelanbau vorherrschte. Die Einbindung lokaler kulinarischer Traditionen und Verarbeitungsweisen in dieses neue System ist bislang hingegen noch weitgehend unerforscht. Das Projekt widmet sich den Überresten von Getreideerzeugnissen römischer Zeit aus verschiedenen Teilen des Kaiserreichs. Vor dem Hintergrund der schriftlichen Quellenlage und den Daten aus archäobotanischen Ensembles von Samen und Früchten soll die mikrostrukturelle Untersuchung solcher Funde nun Aufschluss über regionale Speisenvielfalt ermöglichen.

Pfahlbaubrote

Seit den Anfängen der Pfahlbauforschung Mitte des 19. Jahrhunderts faszinieren tatsächliche und vermeintliche Funde verkohlter ›Brote‹, die bei Ausgrabungen von Seeufersiedlungen geborgen werden. Die sich seit den frühen 2000er-Jahren stetig verbreiternde Methodenvielfalt zur Analyse und Interpretation auch stark zerkleinerter Pflanzenteile und der daraus hergestellten kulinarischen Objekte ermöglicht heute deutlich detailliertere Einblicke in Zutatenwahl und Zubereitungstechniken. Das Projekt widmet sich solchen biogenen Artefakten aus unterschiedlichen Fundstellen des UNESCO Welterbes »Prähistorische Pfahlbauten um die Alpen« unter Zuhilfenahme zeitgemäßer Analysetechniken. Vor allem der Elektronenmikroskopie und der 3D-Strukturaufklärung über µCT kommen hier Schlüsselrollen zu.

 

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