Die Beschaffung von Rohmaterialien berücksichtigt nicht nur ökologische, ökonomische und funktionale Aspekte, sondern auch soziale und symbolische Faktoren. Eine ganzheitliche Interpretation muss all diese Perspektiven vereinen und das Zusammenspiel von Materialeigenschaften der Tone, der physischen Landschaft ihrer Vorkommen sowie der Wahrnehmung und Wertschätzung der Menschen miteinbeziehen.

Die Bedeutung von Referenzsammlungen

Referenzsammlungen, die auf Rohmaterialanalysen basieren, sind unverzichtbar, um die Herkunft und den Handel antiker Artefakte nachzuvollziehen. Sie zeigen die vielfältigen lokalen Strategien bei der Beschaffung und Verarbeitung von Materialien und machen regionale Herstellungstraditionen sichtbar. Diese Sammlungen geben Einblick in die Entscheidungen antiker Töpfer und ihr Wissen über natürliche Ressourcen zur Herstellung optimaler Produkte.

Geologischer Kontext und aktuelle Herausforderungen

Ephesos liegt im Tal des Küçük Menderes, zwischen dem Kykladischen Metamorphkomplex und dem Menderes-Massiv, die beide von hochgradig metamorphen Gesteinen geprägt sind. Diese Formationen erstrecken sich über das Tal hinaus und schaffen eine geologische Homogenität, die es für archäometrische Studien weiterhin schwierig macht, regionale Austauschnetzwerke zu unterscheiden. Dadurch bleiben zentrale Aspekte der antiken Keramikproduktion unklar, wie etwa, ob es mehrere unabhängige Zentren gab oder nur wenige spezialisierte Werkstätten, die die gesamte Region versorgten.

Geologischer Survey: Von der Ethnografie zur Multi-Analyse

Seit den 1990er Jahren untersuchen Wissenschaftler die Umgebung von Ephesos, um antike Tonvorkommen für die Keramikproduktion zu lokalisieren. Dabei stießen sie auch auf traditionelle Töpfer und Ziegelmacher, wodurch sich das Projekt zu einer ethnografischen Studie entwickelte, die heute verlorene Handwerke und Gemeinschaften dokumentierte. Ursprünglich auf die Umgebung der antiken Stadt und das Tal des Küçük Menderes konzentriert, wurde die Untersuchung auf das Tal des Büyük Menderes, die Insel Samos und den Gediz-Fluss ausgeweitet. Besonderes Augenmerk galt Tonvorkommen in der Nähe bedeutender antiker Zentren in Zentralwest-Kleinasien wie Milet, Didyma, Phokaia und Pergamon, die eng mit der Geschichte von Ephesos verbunden sind. Die gesammelten Tonproben wurden mithilfe verschiedener Techniken wie Dünnschliff, Mineralogie (XRD), Schwermineralanalyse und geochemischer Methoden (XRFWDS und NAA) untersucht.

Produktionsorganisation über die longue durée

Das Projekt ermöglicht eine umfassendere Rekonstruktion der Keramikproduktion während der langen und vielfältigen Besiedlungsgeschichte von Ephesos, von der archaischen bis zur byzantinischen Zeit. Zu den zentralen Ergebnissen gehören:

  • Rekonstruktion von Mobilitätsmustern:Neben der physischen Bewegung von Keramiken wird untersucht, wie lokale Gemeinschaften Rohmaterialien beschafften und kulturelle Modelle sowie Werte durch regionale und interregionale Netzwerke übertrugen.
  • Erforschung des Engagements der Töpfer mit der Landschaft: Durch die Analyse von Vorlieben für bestimmte Tonvorkommen und die Rekonstruktion des geographischen Kontexts der Rohstoffbeschaffung wollen wir herausfinden, ob Töpfer ihre Materialwahl auf die Verfügbarkeit von Ressourcen stützten oder gezielt bestimmte Rohstoffe für spezielle Gefäßtypen und -funktionen auswählten.
  • Untersuchung der Verteilung und Beziehungen von Werkstätten: Es wird geprüft, ob mehrere unabhängige Zentren existierten oder ob einige spezialisierte Werkstätten die gesamte Region versorgten, wobei Beweise aus Stempeln und anderen schriftlichen Quellen herangezogen werden.
Projektleitung
Kooperationen
  • Roman Sauer
  • Johannes H. Sterba (TU, Universität Wien)
Laufzeit

seit 2022

Finanzierung