Die hölzernen Dachwerke der Wiener Hofburg stellen ein bedeutendes bauhistorisches und konstruktionsgeschichtliches Erbe dar. Im Kontext der baulichen Entwicklung der kaiserlichen Residenz wurden bis heute erhaltene weitspannende Dachkonstruktionen errichtet, die das handwerkliche Knowhow der Zimmermannskunst des Spätmittelalters, der frühen Neuzeit, des Barock sowie des 19. und frühen 20. Jahrhunderts eindrücklich vermitteln.

In 14 großen Dachwerkskomplexen, die sich in ca. 40 einzelne Dachwerksabschnitte unterteilen, sind hölzerne Tragwerke aus dem ersten Viertel des 15. Jh. bis zum Beginn des 20. Jh. erhalten. Sie zeigen sowohl die typischen Konstruktionen ihrer jeweiligen Epoche als auch die Entwicklung bzw. den Einsatz innovativer Tragwerkskonzepte der Zeit. Besondere Konstruktionen mit sehr großen Dimensionen stellen in dieser Gruppe die Dachwerke über den großen Saalbauten der Hofburg dar. Als erstes zu nennen ist hier die Winterreitschule mit über 22m Spannweite des Dachwerks. Sie wurde nach Plänen von Joseph Emanuel Fischer von Erlach 1729-35 errichtet. Aber auch über dem etwas älteren Prunksaal der Hofbibliothek (errichtet 1723-26) sowie über dem sogenannten Zeremoniensaal (errichtet 1804-1809 unter Leitung von Louis de Montoyer) sind herausragende konstruktive Lösungen für Holzdachwerke großer Spannweite erhalten.
Die Erforschung der Holzdachwerke der Wiener Hofburg stellt trotz der überragenden historischen und kunstgeschichtlichen Bedeutung des Gebäudeensembles ein Desiderat dar. Aufbauend auf bereits umfangreich geleistete Vorarbeiten, die von der Projektleiterin 2011-2018 im Team mit Kolleginnen und Kollegen am Forschungsbereich Baugeschichte und Bauforschung der TU Wien erbracht wurden, soll der bedeutende Bestand der Dachkonstruktionen unter Einbindung bauforscherischer Methodik, ergänzender dendrochronologischer Analysen, der Veranschaulichung durch digitale Modelle sowie unter Berücksichtigung historischer Traktate zur Zimmermannskunst abschließend analysiert und zur Publikation vorbereitet werden.
11/2024-11/2025