Wien gehört zu den wichtigsten Kunst- und Kulturmetropolen Europas. Neben den kaiserlichen Sammlungen haben hier seit dem 17. Jahrhundert und bis in die Moderne hinein die großen Adelsfamilien, aber auch das aufstrebende Bürgertum umfangreiche Kunstsammlungen aufgebaut, die heute fast ausnahmslos zerstreut sind. Genannt seien exemplarisch bedeutende Adelssammlungen wie Colloredo-Mansfeld, Daun, Esterházy, Harrach, Kinsky, Liechtenstein oder Schönborn, aber auch große bürgerliche Sammlungen wie Birkenstock, Figdor, Geiger, Gsell oder Rothschild. Ziel der Arbeiten des Forschungszentrums ist es, systematisch Sammler, Sammlungen und Sammlungskulturen in Wien und Mitteleuropa zu dokumentieren und im größeren kunst- und kulturhistorischen Kontext zu verorten.

Als Quellen stehen dafür zahlreiche Sammlungsinventare und Verkaufskataloge, aber auch Korrespondenzen und Reisebeschreibungen zur Verfügung. Auf dieser Grundlage lassen sich verlorene Sammlungen rekonstruieren und viele der heute in der ganzen Welt verstreuten Kunstwerke identifizieren. Das neue Forschungszentrum hat sich zum Ziel gesetzt, aufbauend auf die Pionierarbeiten Theodor Frimmels, Sammlungen in Wien und Mitteleuropa umfassend zu dokumentieren und in ihrer weitreichenden Bedeutung zu analysieren. Das Spektrum der Sammlungsobjekte reicht von der Antike bis in die Moderne, von Malerei und Skulptur bis zu Zeichnungen, Münzen und Prunkmöbeln. Alle bedeutenden Schulen der europäischen Kunst, aber auch die Kunst Ostasiens und Afrikas sind vertreten. Die forschungsleitenden Fragen betreffen Aufbewahrung und Präsentation der Objekte in den entsprechenden Sammlungsräumen, ebenso wie die Motivationen, die Ankaufspolitik, die Erwerbungsstrategien und die Rolle der beteiligten Akteure, die neben den Sammlern selbst auch Künstler, Kunsthändler und Kunsthistoriker umfassen. Dabei spielen künstlerische und ästhetische Fragen ebenso wie ökonomische und sozialgeschichtliche Aspekte eine zentrale Rolle.

Das Vienna Center for the History of Collecting ist ein Kooperationsprojekt des Instituts für Kunstgeschichte der Universität Wien mit zwei Instituten der Österreichischen Akademie der Wissenschaften, dem Austrian Centre for Digital Humanities (ACDH) und dem Institut für die Erforschung der Habsburgermonarchie und des Balkanraumes (IHB). Am IHB ist das Kooperationsprojekt in den Forschungsschwerpunkt „Habsburgische Repräsentation in Bildender Kunst, Architektur und Musik“ eingebunden. Bei der systematischen Aufarbeitung der Repräsentationsstrategien der Habsburger werden zum Teil Akteure, Kunstwerke und Sammlungen untersucht, die direkt in das Projekt „Sammler, Sammlungen, Sammlungskulturen in Wien und Mitteleuropa“ eingebracht werden.