Orthodoxies and Politics. The Religious Reforms of Mid-17th Century in Eastern and South-Eastern Europe

Im Laufe des 17. Jahrhunderts wurde das orthodoxe Christentum in beispielloser Intensität und vergleichbar mit früheren Entwicklungen in West- und Mitteleuropa vom Geist religiösen Wandels ergriffen. Während ein weitgehender Konsens hinsichtlich der zentralen Rolle der Reformen Nikons (benannt nach dem 1681 verstorbenen Patriarchen von Moskau) besteht, sind die Ursachen und Folgen dieser Reformen weiterhin umstritten, angefacht von neuen Quellen und zuweilen polemische Neubewertungen. Das vom Europäischen Forschungsrat geförderte Projekt untersucht die Verschränkung religiöser Reformen in der ost- und südosteuropäischen Frühneuzeit, deren Nachwirkungen noch in gegenwärtigen Debatten spürbar sind.

In deutlicher Erweiterung des bisherigen Forschungsrahmens werden im Rahmen des Vorhabens unveröffentlichte Texte aus griechischen, italienischem niederländischen, rumänischen und russischen Beständen herangezogen und mit bereits veröffentlichten Materialien abgeglichen. Es wird argumentiert, dass der Reformimpuls weitaus größere geographische und kulturelle Bereiche umfasste als bisher angenommen, wie etwa die orthodoxen Gemeinschaften im Osmanischen Reich. Unter besonderer Berücksichtigung des Zusammenspiels von religiöser und politischer Sphäre soll daher gezeigt werden, dass Nikons Anliegen als Teil einer umfassenderen Dynamik religiöser Reformen aufgefasst werden können, die von so unterschiedlichen und umstrittenen Persönlichkeiten wie dem „calvinistischen“ Patriarchen von Konstantinopel Kyrillos Loukaris († 1638), dem „Verwestlicher“ Peter Mohyla, Metropolit von Kiew († 1647), oder dem  „rechtgläubigen“ Patriarchen von Jerusalem Dositheos († 1707) angetrieben wurden.

In Anbetracht der Vielschichtigkeit des Phänomens wird sich das Projekt den Besonderheiten, Antagonismen und Zusammenhängen zwischen den russländischen, ukrainischen, walachischen und griechischen Reformströmen durch eine Kombination historischer, theologischer und sprachlicher Forschungsinstrumente nähern. Das Projekt verfolgt damit das Ziel, durch nationalistische Geschichtsschreibungen geprägte Deutungsmuster zu vergleichen und zu überwinden, um schließlich Schlüsselthemen der Religions-, Institutions- und Kulturgeschichte der Frühen Neuzeit – vom Konfessionalisierungsparadigma, über den Disput über den „rechten Glauben“ bis hin zum Konflikt zwischen Tradition und Erneuerung – neu bewerten zu können.


Projektbezogene Veröffentlichungen

Projektleitung

Dr. Ovidiu-Victor Olar


Mitarbeiterin

Dr. Liliya Berezhnaya, PhD


Projektmanagement

Norma Schönherr, MSc


Dauer

1. Jänner 2022 – 31. Dezember 2026 (60 Monate)


Fördergeber

Dieses Projekt wurde vom European Research Council (ERC) im Rahmen des Forschungs- und Innovationsprogramms Horizon 2020 der Europäischen Union finanziert (grant agreement No 950287).


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