Das Projekt ist Teil eines vom FWF (als leading agency) und der DFG finanzierten DACH-Projektes, das vom Forschungsbereich Kunstgeschichte des IHB bzw. vom Institut für Kunstgeschichte der Universität Freiburg im Breisgau getragen wird.

Grundlegend ist die Annahme, dass der die Gesellschaft Jesu ein gesamtheitliches, von theologischen, apostolischen und künstlerischen Konzepten getragenes Zusammenspiel visueller Medien mit der Aufgabe der „Seelenführung“ (Psychagogie) entwickelt hat. Es beruht untrennbar auf naturwissenschaftlichen Theorien wie auf der praktischen Anwendung von naturwissenschaftlichen Ergebnissen von eigenen, jesuitischen Gelehrten. Zentrale Bedeutung haben dabei die Disziplinen der Perspektivlehre, der Optik und Akustik, zu denen Ordensgelehrte des 17. Jahrhunderts entscheidende Beiträge für deren Anwendung im theatralen Bereich geleistet haben.

Neben technischen und wissenschaftlichen Abhandlungen der Jesuiten zählen auch akademische Lehrberichte, kleine Periochen oder große Bühnentexte, Inventare der technischen Ausstattung der Ordenshäuser und akademischen Institutionen zu den Hauptquellen der Untersuchung.

Objekte der Untersuchung sind dem entsprechend die Ordenshäuser der Jesuiten mit ihren zugehörigen Infrastrukturen. Der Fokus liegt vornehmlich auf den Apparaten und Einrichtungen zu Predigt und Glaubenspropaganda, die die jesuitischen Institutionen besaßen: Oratorien, Kirchenräume, Refektorien und Bühnen. Sie wurden nach dem aktuellen Stand der künstlerischen Techniken und Gestaltungsmethoden konzipiert und zwar in einem Ausmaß, wie es bis zu diesem Zeitpunkt von keinem anderen Orden praktiziert worden war. Das Neuland, das im Rahmen des Projektes erschlossen werden soll, ist – vereinfacht gesagt – die vom Orden erlangte Synthese zwischen den gestaltenden, den szenisch darstellenden Künsten und den mathematischen Wissenschaften.

Von hohem Interesse sind dabei unterschiedliche Kunstgattungen – vor allem die perspektivische, insbesondere Fresko-Technik und illusionistische Quadratura-Malerei, die Skulptur sowie das Bühnenbild, die Choreographie und sogar die nicht archivierbare Kunst des Schauspielens; all diese waren dem psychagogischen Zweck äußerst dienlich und wurden deshalb programmatisch vom Orden gefördert. Dank dieser gezielten Förderung trugen die Societas Jesu und weitere durch sie beeinflusste kirchliche Akteure wesentlich zum Fortschritt der Künste bei, die das vorliegende Forschungsvorhaben mit dem theologischen Begriff "psychagogisch" umschreibt.

Der territoriale Rahmen des Projektes erschließt sich sinnfällig durch die beteiligten Institutionen. Die Untersuchungen der jesuitischen Sakral- und Theaterbauten werden in der ehemaligen österreichischen Ordensprovinz (Ostösterreich, Ungarn, Slowenien, Kroatien) sowie der ehemaligen süddeutschen Ordensprovinz (Bayern, Tirol, Schweiz, Elsass) durchgeführt und im Vergleich mit der hochentwickelten Ausstattungskultur in Norditalien (Bologna, Parma-Piacenza) sollen die jesuitischen Gesetzmäßigkeiten in den gestaltenden und optisch-mathematischen Künsten freigelegt werden.

 

Kontakt

Univ.-Doz. Dr. Herbert Karner
(Projektleiter)
Dr. phil. Dr. habil. Arch. Paolo Sanvito
(Hauptbearbeiter)
Sylvia Stegbauer, MA MA
(Predoc bis 09/2023)


Laufzeit

Oktober 2020 – Jänner 2024


Finanzierung

Österreichischer Wissenschaftsfonds FWF: I 4706 -G

Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG)