Neue Perspektiven auf eine translokale Gemeinschaft im 17. und 18. Jahrhundert

Das Projekt untersucht umfassend die soziale und politische Geschichte der bulgarischen Katholiken im 17. und 18. Jahrhundert innerhalb und außerhalb des Osmanischen Reiches auf der Grundlage umfangreicher und teilweise neu entdeckter Primärquellen aus dem Vatikan und anderen Archiven. Die katholische Mission in Bulgarien, die Ende des 16. Jahrhunderts einsetzte und durch die Missionsaktivitäten der 1622 gegründete Congregatio de Propaganda Fide verstärkt wurde, hatte zum Ziel, kirchliche Strukturen zu etablieren und das katholische Leben unter osmanischer Herrschaft zu schützen. Das Projekt betont den transimperialen Charakter des bulgarischen Katholizismus, der über die Grenzen des Osmanischen Reiches hinaus in die Walachei, Moldau, Siebenbürgen und die Banat-Region reichte, und hinterfragt das Narrativ vom Aufkommen des bulgarischen Nationalismus innerhalb der katholischen Gemeinschaft noch vor der bulgarischen nationalen Wiedergeburt im 18. Jahrhundert.

Methodisch ordnet sich die Studie in einen theoretischen Rahmen ein, der durch mikrogeschichtliche und globalgeschichtliche Ansätze geprägt ist, und erarbeitet dabei das Konzept des ‚osmanischen Katholizismus‘ und dessen Zusammenspiel mit der orthodoxen religiösen Kultur, der osmanischen Herrschaft, der Idee von Europa und den Kontakten zu nicht-osmanischen Katholiken. Sie beschäftigt sich mit der sozialen Konstruktion von Raum und der Translokalität bulgarischer Katholiken, wobei deren Interaktionen mit verschiedenen politischen Mächten und religiösen Gemeinschaften über imperiale Grenzen hinweg berücksichtigt werden. Das Projekt untersucht die lokalen Machtverhältnisse, Konfessionalisierungstendenzen sowie die Rolle des Katholizismus bei der Gestaltung balkanischer Identitäten.

Die Forschung ist in drei Cluster gegliedert, die den Einfluss des katholischen Glaubens und der religiösen Kultur auf bulgarische Katholiken, ihre Beziehung zur osmanischen Herrschaft und den muslimischen Behörden sowie ihre Verbindungen zum katholischen Europa untersuchen. Sie betont die Rolle missionarischer Aktivitäten, diplomatischer Bemühungen und transregionaler Netzwerke bei der Förderung des Austauschs von Ideen und Praktiken zwischen Ost und West. Die Studie zielt darauf ab, die marginalisierte Geschichte der bulgarischen Katholiken im breiteren Kontext der europäischen und osmanischen Beziehungen neu zu bewerten und so zu einem nuancierten Verständnis religiöser und sozialer Dynamiken in Südosteuropa während der Frühen Neuzeit beizutragen.

Kontakt

Dr. Lena Sadovski


Laufzeit

1.2.2024 - 30.9.2024


Finanzierung

Post-DocTrack-Programm der ÖAW / 85159