Das Schaffen des Architekten Pietro Nobile (1774–1854) wirkte prägend auf den Charakter klassizistischer Architektur in Istrien, Österreich und Böhmen. Seine Arbeiten und seine beruflichen Positionen, die er grosso modo bis zur bürgerlichen Revolution von 1848 innehatte, beeinflussten die Entwicklung der Architektur in der Habsburgermonarchie grundsätzlich. Das Forschungsprojekt fokussiert auf Nobiles Konzeption des Klassizismus, die einen polytechnischen Zugang mit der akademischen Tradition von Architekturtheorien eines Vitruv, Palladio und Vignola kombiniert. Bemerkenswert ist, dass diese Auffassung von Architektur zur Entwicklung des frühen Historismus beitrug und gleichzeitig die Ablehnung von Nobiles Werk durch nachfolgende Generationen begründete.
Nobile erhielt seine Ausbildung in Rom zu einer Zeit, als Italien von Napoleonischem Einfluss stark geprägt war. 1811 trat er in kaiserlichen Dienst für Franz II./I. und ab 1818 wirkte Nobile für rund drei Jahrzehnte als Direktor der Architekturschule der Akademie der bildenden Künste in Wien.
Bisher konzentrierte sich die kunsthistorische Forschung zu Pietro Nobile vor allem auf seine italienischen Arbeiten, während seine Werke in Österreich und Böhmen sowie in anderen Ländern des Habsburgerreiches bis zuletzt weitgehend unberücksichtigt blieben. Als Pädagoge vertrat Nobile eine Auffassung von Klassizismus, deren spezifische Qualitäten, die für andere Bauten seiner Zeit prägend wirkten, bisher weitgehend unerforscht sind. Daher zielt das Forschungsprojekt darauf ab, den lokalen Hintergrund von Nobiles Werken vor allem in Italien, Österreich und Böhmen zu charakterisieren, um die Reaktionen seiner Gegenspieler auf sein Bestreben zu verstehen, Prinzipien der polytechnischen Praxis in die akademische Ausbildung zu überführen.
Darüber hinaus möchte das Forschungsprojekt verschiedene Perspektiven auf das Phänomen Pietro Nobile untersuchen, sein Werkverzeichnis komplettieren und seinem Einfluss auf die Entwicklung des frühen Historismus nachgehen. Diese Forschungen zu den verschiedenen Ausformungen des Klassizismus soll ein besseres Verständnis für die Entwicklung und Ausprägung klassizistischer Architektur in der Habsburgermonarchie ermöglichen.
Kontakt
Partnerinnen
Dr. Taťána Petrasová (Česká akademie věd, ùstav dějin umění, Prague), Projektleitung
Dr. Rossella Fabiani (Soprintendenza archeologia, belle arti e paesaggio del Friuli Venezia Giulia, Minstero dei bene e delle attività culturali e del turismo, Trieste)
Laufzeit
Jänner 2017 – Dezember 2019
Finanzierung
Czech Science Foundation (GAČR, Proj.-Nr. 17-19952S)
Partner
Czech Academy of Sciences, Institut of Art History (IAH CAS)
Links
Pietro Nobile (1776–1854). Neoclassicism between Technique and Beauty
(Verlag DeGruyter, Berlin-Boston 2021