Eger, Karte
Text: László Balogh
Im September und Oktober 1552 wurde Eger/Erlau fünf Wochen lang von osmanischen Truppen (angeblich 100.000) unter Kara Ahmed belagert. 2500 Männer und Frauen konnten unter dem Kommando des habsburgtreuen István Dobó die Stadt bis zum 17. Oktober verteidigen. Dann sahen sich die Türken gezwungen, aufgrund des Endes der Kampfsaison die Belagerung abzubrechen. Die Festung Erlau, die noch in habsburgischen Händen war, musste schließlich im Oktober 1596 für die nächsten 91 Jahre den Osmanen übergeben werden. Die Ereignisse um die erfolglose Belagerung der Stadt 1552 wurden und werden als ein wichtiger Sieg über die Osmanen erinnert und gefeiert.
Dobó-Kult in Eger
Seit Beginn des 20. Jahrhunderts entwickelte sich in Eger ein regelrechter Dobó-Kult. Verschiedene Einrichtungen wurden nach ihm benannt. Die frühere staatliche Realschule erhielt im Jahr 1921 den Namen Dobó-Gymnasium (Dobó István Gimnázium). 1930 wurde das Erlauer 14. Infanterie Regiment nach ihm benannt. Der frühere Marktplatz, der später Kossuth-Platz hieß, erhielt nach dem Zweiten Weltkrieg den Namen Dobó-Platz (Dobó István tér).
Die Vorgängerinstitution des heutigen Dobó István-Burgmuseums (Dobó István Vármúzeum) wurde in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts gegründet. In den 1920er Jahren folgten das Stadt- und das Komitatsmuseum. Nach dem Zweiten Weltkrieg wurden die Museen (Stadtmuseum, Burgmuseum, die verstaatlichte Sammlung des Gymnasiums der Zisterzienser und das verstaatlichte Museum des Erzbistums) zusammengeschlossen und Heves (so der Name des Komitates, in dem Eger liegt)-Egri Museum benannt. 1951 wurden die so vereinigten Museen in Dobó István-Museum umbenannt, 1957 in die Burg verlegt und im Jahr darauf mit dem offiziellen Namen Dobó István-Burgmuseum (Dobó István Vármúzeum) versehen.
Das Dobó-Denkmal am Dobó-Platz (Dobó István tér, zugleich der wichtigste Platz) wurde vom Bildhauer Alajos (Alois) Stróbl (1856–1926) ausgeführt, der einer der berühmtesten Künstler seiner Zeit war und mehrere Kirchen- und Nationaldenkmäler schuf. Das Dobó-Denkmal wurde 1907 errichtet. Es sind darauf neben Dobó zwei weitere Figuren zu sehen: die eine stellt Mekcsey (1495?–1553), den stellvertretenden Burgkapitän dar, die andere eine kämpfende Frau, die die Heldentaten der Frauen von Eger verkörpert. Die Kosten für das Denkmal wurden durch eine landesweite Sammlung aufgebracht, womit auch die Bedeutung des „Sieges“ von 1552 für ganz Ungarn hervorgehoben werden sollte. Das Denkmal ist zusammen mit der Burg das Wahrzeichen der Stadt.
Vor der Minoritenkirche wurde 1968 das Denkmal der Krieger der Grenzfestung (Végvári vitézek) errichtet, das vom Bildhauer Kisfaludi Stróbl Zsigmond (1884–1975) angefertigt wurde.
Seit 2008 wird der Dobó Schwert-Orden (Dobó kardja Rend) jährlich an eine Person vergeben, die sich für die Stadt Verdienste erworben hat. Der Preis wurde von Bürgerinitiativen und Institutionen ins Leben gerufen. Die Preisträger erhalten eine Kopie von Dobós Schwert.
Gedenkfeiern an Jahrestagen
Gedenkfeiern an Jahrestagen
Zum Jubiläum 1852 gab es noch keine offizielle Gedenkfeier. Am 350. Jahrestag der Verteidigung der Burg im Jahr 1902 wurden jedoch ein Ehrengrabmal und eine Gedenktafel für die so genannten Landnehmer (896) im Setét-kapu (Dunkles Burgtor) errichtet, was die Parallelität der Verdienste der Landnehmer und der Burgverteidiger betonte.
Am 400. Jahrestag, am 17. Oktober 1952, organisierte die Ungarische Historische Gesellschaft eine Tagung zum Gedenken an 1552 in Eger. 1952 wurde auch das Bronzerelief mit der Sturmszene von Tar István und Illés Gyula auf der rechten Seite des Haupttors zur Burg eingeweiht.
Im Jahr 2002, am 450. Jahrestag, wurde mit einer Reihe von Programmpunkten an den Sturm der Osmanen auf Eger erinnert. Seit diesem Jahr wird der 17. Oktober – der Tag des türkischen Abzuges – jährlich als „Tag der Burg“ gefeiert. An diesem Tag (2002) wurde auch Dobós Grabmal aus rotem Marmor im Heldensaal der Burg neu restauriert wieder aufgestellt. Bereits im Juni hatte die Uraufführung der Rockoper „Die Sterne von Eger“ von Várkonyi Mátyás und Béres Attila stattgefunden.
Am 17. Oktober, dem „Tag der Burg“, können Besucher die Ausstellungen auf der Burg kostenlos oder ermäßigt besichtigen. Zugleich wird alljährlich ein ganztägiges Programm organisiert.
Der Tag der endgültigen Befreiung Egers (17. Dezember 1687) war lange Zeit ein Feiertag für die Bevölkerung, der mit Messen und Fackelumzügen zelebriert wurde. Nach dem Zweiten Weltkrieg geriet er in Vergessenheit, in den letzten Jahren wurde jedoch angeregt, den Tag wieder festlich zu begehen.
Die Helden von Eger ließen sich durchaus politisch gebrauchen. So erinnerte zum Beispiel Lajos Kossuth in seiner Rede am 30. März 1849 vor dem Erzbischofspalast an die Heldentaten von 1552 mit den Worten: „Hier muss man auf die Liebe zum Vaterland nicht weiter hinweisen, sondern sie nur lernen“. „Itt nem hirdetni, itt csak tanulni lehet a hazafiságot!” – Worte, die später auf einer Gedenktafel verewigt wurden.
Die „Schule der Helden von Eger“ ist eine im Jänner 1997 gegründete Gruppe, die die militärischen und kulturellen Traditionen der Helden von Eger pflegt. Sie stellt durch Reenactment historische Schlachten nach. Die Gruppe besteht aus mehr als 50 hauptsächlich jungen Personen, die mittelalterliche militärische Traditionen mit Bogen und Schwert pflegen. Sie ist in der Burg beheimatet, wo sie jährlich einen Wettbewerb im Bogenschießen organisiert. Insgesamt hat die Gruppe 70-80 Aufführungen im Jahr.
Die Devise „zwischen zwei Heiden“ – also zwischen Türken und Habsburgern – kennzeichnete ursprünglich die Kuruzenbewegung unter Thököly und Rákóczi (Ende 17. und Anfang 18. Jahrhundert). Die nationale Romantik hat diese Gleichsetzung in der historischen Malerei nach 1849 immer mehr betont, eine Tendenz, die sich mit dem Konstrukt der ungarisch-türkischen Verwandtschaft (Turanismus) weiter verstärkte.
Bis ins 19. Jahrhundert erinnerte eine Moschee an die Jahre, als Eger osmanisch war. Heute ist nur noch das Minarett erhalten. Sein Dach wurde im 18. Jahrhundert baufällig.1829 ließ es der damalige Erzbischof János Pyrker mit einer Blechkuppel decken, die mit einem Kreuz versehen wurde. 1879 wurde das Minarett nach den Plänen von István Möller restauriert und mit einem auch heute noch vorhandenen Steindach versehen. Das Kreuz krönt noch immer das Minarett.
Egri Bikavér (Erlauer Stierblut)
Der Legende nach hat Dobó während des türkischen Sturms Rotwein für seine Krieger aus den Kellern bringen lassen, um damit die Verteidiger zu stärken. Die Türken sahen, dass die Krieger von diesem Getränk neue Kraft bekamen und meinten, dass die Ungarn das Blut eines Stiers tranken. So hatten sie Angst, weiter gegen sie zu kämpfen.
In Wirklichkeit ist Egri Bikavér, ein Cuvée, nicht älter als 150 Jahre. Der Name Stierblut scheint erst in der Mitte des 19. Jahrhunderts auf – und zwar in Bezug auf Szekszárd in Südungarn (Komitat Tolna). Zu jener Zeit gab es in Ungarn nur Weißwein, der Rotwein wurde durch die vor den Osmanen nach Ungarn flüchtenden Serben bekannt gemacht. Erlauer Stierblut stammt in Eger von einem Weingut namens Jenő Grőber, wo es Anfang des 20. Jahrhunderts erstmals hergestellt wurde.
Die Sterne von Eger
„Egri Csillagok“ („Die Sterne von Eger“) heißt ein 1899 erschienener Roman von Gárdonyi Géza (1863–1922), der über die Vorkommnisse des Zerfalls Ungarns sowie über die Belagerung und den Sturm von Eger erzählt. Bis heute ist das Buch Pflichtlektüre in der 6. Klasse der Grundschule. 1968 wurde der Roman von Várkonyi Zoltán verfilmt, der Mitte der Sechziger Jahre bei mehreren Adaptierungen historischer Romane über die Höhepunkte der ungarischen Geschichte – unter anderem Ein ungarischer Nabob, Zoltan Karpathy, der Sohn des Nabobs, Die Baradlays und Die Sterne von Eger – Regie führte. Der Film läuft immer noch regelmäßig im ungarischen Fernsehen und war auch auf Youtube zu sehen (gegenwärtig ist der Film nicht verfügbar). Der Roman wurde in zahlreiche Sprachen übersetzt, darunter auch 1958 ins Deutsche. Die Ausgaben von 1966 und 1970 erschienen unter dem Titel: Tödlicher Halbmond.
Im Jahr 1867 schuf der ungarische Historienmaler Székely Bertalan das Gemälde „Die Frauen von Eger“ (Egri nők). Das Bild befindet sich in der Ungarischen Nationalgalerie in Budapest, ein Kopie in der Burg von Eger.
Literatur
Literatur
Bardoly, István/ Haris Andrea (2005): Magyarország műemlékjegyzéke. Heves megye. Budapest.
Beszélő utcanevek, 15.11.2011.
Egri Bikavér (Erlauer Stierblut), Legendák, 15.11.2011.
Egri Bikavér (Erlauer Stierblut), Történet, 15.11.2011.
Fodor, László (2002): Eger. Vár. Tájak, korok, múzeumok kiskönyvtára. Budapest.
Király, Júlia (2002): A kultuszteremtő Gárdonyi. Agria XXXVIII. Eger. S. 203–212.
Kossuth von Udvard und Kossut, Lajos. In: Österreichisches Biographisches Lexikon 1815-1950 , Bd. 4 (Lfg. 17, 1967). S. 152f, 30.03.2012.
Nagy, József (1978): Eger története. Budapest.
Petercsák, Tivadar (2005): Az egri vár. Valóságos és eszmei érték, 15.12.2011.
Petercsák, Tivadar (2003): Műemlék, nemzeti emlékhely, múzeum. In: Vándorutak – Múzeumi örökség. Budapest. S. 589–595.
Sugár István (2002): Az egri vár históriája. Budapest.