Tegetthoffstraße 2 , Karte
Text: Silvia Dallinger, Martina Bogensberger
Die Grabstätte des Kapuzinermönchs Marco d’Aviano (1631–1699) befindet sich in der Kapuzinerkirche am Neuen Markt im ersten Wiener Gemeindebezirk. Der päpstliche Legat und persönliche Seelsorger von Leopold I. starb am 13. August 1699 im Beisein des Kaiserpaares und wurde vorerst in der Krypta des Kapuzinerklosters beigesetzt. 1703 wurden seine sterblichen Überreste in eine eigene Grabstätte in der Maria-Opferungs-Kapelle, einer nördlichen Seitenkapelle der Kapuzinerkirche, überstellt. 1998/99 wurde sein Grabmal neu gestaltet und sein Sarg vor dem Altar der Pietà-Kapelle eingelassen. An das Wirken des Kapuzinermönchs erinnert auch eine überlebensgroße Bronzefigur vor der Kapuzinerkirche (Marco d’Aviano-Denkmal) sowie eine Gedenktafel im Inneren der Kirche.
Über den Tod hinaus verbunden
Über den Tod hinaus verbunden
Als Marco d’Aviano am 13. August 1699 im Wiener Kapuzinerkloster starb, sollen Kaiser Leopold I. und seine Gemahlin an seiner Seite gewesen sein. Aufgrund der engen Bindung zwischen d’Aviano und dem Kaiser hatte dieser die Absicht, seinen Seelsorger und engen Vertrauten in der Kapuzinergruft beizusetzen, obwohl diese nur für Familienmitglieder der Habsburger vorgesehen war. Allerdings war diese zu klein, weswegen der Kaiser ihre Vergrößerung anordnete.
In der Zwischenzeit sollten Marco d’Avianos sterbliche Überreste zumindest in der Nähe der Kaisergruft bestattet werden. Daher wurde sein Leichnam am 17. August 1699 vorerst in der Krypta, der Grabstätte des Kapuzinerklosters, beigesetzt, die gleich neben der Kaisergruft liegt. Diese Anordnungen des Kaisers wurden in den Provinzannalen des Klosters folgendermaßen gedeutet:
Die im Leben einander verbunden waren, konnten sich auch im Tod nicht trennen. (Provinzannalen I ad 1699: 289–299, zit. nach: Undesser 2003: 261)
Zum Andenken an Marco d’Aviano verfasste der Kaiser selbst den Text einer Inschrift, die auf einer Kupferplatte unter einer Klappe im Sargdeckel angebracht wurde. In einem Brief an P. Cosmas a Castofranco heißt es: „‚Aus Liebe, die ich zum guten Vater hegte, habe ich drei Epigramme in Form und Ausmaß eines Epitaphiums verfaßt.‘ [...] Jedes dieser Chronogramme ergibt das Sterbejahr des Ehrwürdigen, 1699.“ (Grauer et al. 1933: 113):
Epitaphium
quod Patri Marco de Aviano Augustissimus Imperator Leopoldus
ipse fecit
PatrI MarCo ab AVIano
CapVCIno
ConCIonatorI EVangeLICIs VIrtVtIbVs
eXornato,
VIennae AVstrIae
In osCVLo DoMInI sVI
sVaVIter eXpIrantI,
LeopoLDVs AVgVstVs
AVgVsta sVa
FILIIqVe
MoestI posVere 17. Aug:
PatrI MarCo De AVIano
Vero IesV serVo
ReqVIes et LVX perpetVa.
(Provinzannalen I ad 1699 (Sincera Expositio): 302, zit. nach: Undesser 2003: 265)
Die deutsche Übersetzung der Inschrift lautet folgendermaßen:
Dem Pater Markus von Aviano, Kapuziner, Prediger, geschmückt mit den Tugenden des Evangeliums, der zu Wien in Österreich in der Umarmung seines Herrn sanft entschlummerte, von Kaiser Leopold, seiner Gemahlin und den Kindern in Trauer gewidmet. Pater Markus von Aviano, dem wahren Diener Jesu, Ruhe und ewiges Licht.‘
(Krautsack/ Mayerl 1999: 10)
Heute ist der lateinische Text des Epitaphs auf einer Steintafel hinter dem rechten Seitenaltar zu sehen.
Eine eigene Grabstätte für d’Avianos Leichnam
Erst im Jahr 1703 wurde eine eigene Grabstätte für den Leichnam d’Avianos in der Maria-Opferungs-Kapelle der Kapuzinerkirche fertiggestellt. Im April desselben Jahres wurde sein Sarg dorthin umgebettet und auf der Epistelseite der Kapelle eingemauert. Bei der offiziellen Überführung des Leichnams waren u.a. folgende Personen anwesend: Eleonora Magdalena Theresia, die Ehefrau des Kaisers; der Reichsfürst und Bischof von Wien Franz Anton Freiherr von Harrach und Leopold Kardinal Graf Kollonitsch, der Erzbischof von Gran und Primas von Ungarn.
1703 wurde in der Chronik der Kapuziner auch über die Heilung des damals einjährigen Ernst Freiherrn von Überacker berichtet, die Marco d’Aviano zugeschrieben wurde.
Die nächste Visitation des Grabes fand erst wieder am 14. Juni 1910 im Laufe des apostolischen Seligsprechungsprozesses d’Avianos statt. Am 6. Juni 1918 wurde die ‚Rekognoszierung‘, also die Identifizierung der sterblichen Überreste d’Avianos, u.a. im Beisein von Kaiser Karl und Kaiserin Zita durchgeführt. Ein neuer Zinksarg wurde verwendet, sein Schädel in einem Kupfergefäß, die kleineren Knochen in einer Weißblechschachtel verwahrt, die größeren Knochen wurden in Seide gehüllt.
Die Gruft wird erneut geöffnet
1998/99 kam es zu einer Neugestaltung der Grabstätte d’Avianos. Anlass dafür waren sowohl Umbauarbeiten in der Kaisergruft, sein 300. Todestag sowie seine in naher Zukunft erwartete Seligsprechung. Die Gruft wurde am 16. September 1998 und ein zweites Mal am 30. September 1998 mit Erlaubnis des Vatikans und unter Anwesenheit einer Kommission der Erzdiözese Wien geöffnet. Dabei wurde am Metallsarg die von Kaiser Leopold I. eigens für d’Aviano verfasste Inschrift entdeckt und damit der Sarg eindeutig als seine letzte Ruhestätte identifiziert.
Am 24. März 1999 wurde der Sarg in den Betchor des Klosters gebracht, die sterblichen Überreste d’Avianos wurden gerichtsmedizinisch untersucht. Anschließend erfolgte eine Umbettung in einen Eichensarg, der versiegelt wurde. Am 24. Juli 1999 wurde der Eichensarg in einen eigens von Dipl.-Ing. Karl Schleritzko angefertigten Bronzesarg gestellt, der durch seine raue Struktur an den Habitstoff der Kapuziner erinnern soll. Der Sarg wurde schließlich in die neu gestalteten Gruft vor dem Pietà-Altar versenkt (vgl. v.a. Undesser 2003).
Letzte Ruhestätte in der Pietà-Kapelle
Der Sarg Marco d’Avianos befindet sich in der Pietà-Kapelle der Kapuzinerkirche und ist in den Boden eingelassen. An der Rückwand befinden sich ein Altargemälde sowie der 1712 von Lukas von Hildebrandt errichtete Pietà-Altar, der die Totentrauer der Gottesmutter Maria um ihren Sohn zeigt.
Die Figuren wurden von Peter Strudel und Matthias Steinl gestaltet (vgl. Pisa/ Wasner-Peter 2000: 53).
Der Sarg ist durch ein Messinggitter und eine Glasplatte geschützt – dadurch ist er für den/die BetrachterIn gut sichtbar. Ein Steinrelief („Friaul 1967, Vienna 1978“), gestiftet von der „Associazione Friulana Donatori Sangue“, zeigt einen Pelikan, der seine Brust öffnet und mit seinem Blut seine Jungen füttert. An der linken Seitenwand der Kapelle befindet sich eine Gedenktafel mit einem Medaillonbild von Marco d’Aviano, das 1891 von Richard Franz Jordan (Marmorumrahmung) und Michael Rieser (Gemälde) geschaffen wurde.
Literatur
Literatur
Friedrich, Verena (2006): Kapuzinerkirche in Wien. „Heilige Maria von den Engeln“. Wien.
Grauer, Karl Johannes/ Winter, Ernst Karl/ Zessner-Spitzenberg, Hans Karl von (Hg.) (1933): Marco d’Aviano. Sein Werk und seine Zeit. Eine Festschrift zum 250. Jahrestag der Türkenbefreiung. Wien.
Hawlik-Van de Water, Magdalena (1993): Die Kapuzinergruft. Wien.
Krautsack, Fidelis/ Mayerl, Erhard (1999): Markus von Aviano. Künder eines geeinten christlichen Europa. Wien.
Luksan, Martin/ Schlösser, Hermann/ Szanya, Anton (2007): Heilige Scheine. Marco d’Aviano, Engelbert Dollfuß und der österreichische Katholizismus. Wien.
Pisa, Johanna/ Wasner-Peter, Isabella (2000): Marco d’Aviano. Prediger und Diplomat. Katalog der 238. Wechselausstellung der Wiener Stadt- und Landesbibliothek (Juni – Dezember 2000). Wien.
Tomenendal, Kerstin (2000): Das türkische Gesicht Wiens. Auf den Spuren der Türken in Wien. Wien/Köln/Weimar.
Undesser, Gottfried (2003): Die Ruhestätte des P. Markus von Aviano in der Kapuzinerkirche in Wien. In: Mikrut, Jan (Hg.): Die Bedeutung des P. Markus von Aviano für Europa. Wien, 261–270.