Text: Silvia Dallinger

Im Mai 1933 fand sowohl die offizielle ‚Türkenbefreiungsfeier‘ auf Seiten der Christlichsozialen als auch Gegenveranstaltungen der SozialdemokratInnen und der NationalsozialistInnen statt:

Warum wurden die Feiern vorgezogen?

Warum wurden die Feiern vorgezogen?

Unklar ist, warum die ersten Feiern zum 250-jährigen Jubiläum bereits im Mai und nicht wie sonst üblich erst im September veranstaltet wurden. Schließlich fand die siegreiche Entsatzschlacht gegen das osmanische Heer am 12. September 1683 statt. Zum Mai 1683 besteht kein hingegen kein offensichtlicher historischer Bezug.

Mögliche Gründe dafür könnten in den wachsenden politischen Machtkämpfen zwischen den politischen Lagern dieser Zeit zu finden sein. Bundeskanzler Engelbert Dollfuß kam nach der Ernennung Adolf Hitlers zum Reichskanzler des Deutschen Reiches am 30. Jänner 1933 in Zugzwang. Auch die Wahlerfolge der österreichischen NationalsozialistInnen nahmen stetig zu: Diese konnten ihre Mitgliederzahl ab 1930 jedes Jahr verdoppeln. Die Machtkämpfe mit den politischen Gegnern der Christlichsozialen veranlassten Dollfuß am 4. März 1933 schließlich zur Auflösung des Parlaments.

Für die Legitimation seines autoritär geführten Staates schien sich die ‚Türkenbefreiungsfeier‘ besonders anzubieten, sie wurde somit vorgezogen. Die Feiern im Mai könnten auch als Machtdemonstration gegenüber den SozialdemokratInnen verstanden werden, deren traditioneller Aufmarsch am 1. Mai auf der Ringstraße verboten worden war.

Der austrofaschistische Ständestaat versuchte in der Folge, den 1. Mai zum ‚Tag der Verfassung‘ umzufunktionieren. Festgottesdienste, Militärparaden und Huldigungszüge der Stände vor den neuen Machthabern prägten nun das Bild dieses Feiertages. (Renner-Institut)

Obwohl der Ministerrat am 7. März 1933 ein Versammlungs- und Aufmarschverbot erlassen hatte, erteilte die Regierung am 12. Mai „besonders patriotischen staatsfördernden Veranstaltungen“ (Wiener Zeitung 14.05.1933: 6) eine Ausnahmegenehmigung. Die ‚Türkenbefreiungsfeier‘ des Heimatschutzes wurde also vom Aufmarschverbot ausgenommen, während die anderen politischen Lager andere Mittel und Wege finden mussten, um ihre Protestveranstaltungen zu organisieren.

Literatur

Literatur

Ackerl, Isabella (1984): Die Türkenbefreiungsfeiern des Jahres 1933. Historische Jubiläen als politische Propagandavehikel. In: Geschichte und Gegenwart, Vierteljahreshefte für Zeitgeschichte, Gesellschaftsanalyse und politische Bildung, 3. Jg. Wien, 18–26.

Renner-Institut: Der 1. Mai: Vom „Rebellensonntag“ zum „allgemeinen Ruhe- und Festtag“, 21.09.2020.

Wiener Zeitung (14.05.1933): Die Türkenbefreiungsfeier des Heimatschutzes, 6, 21.09.2009.

Wikipedia: Österreich in der Zeit des Nationalsozialismus, 21.09.2020.