Leopoldsberg , Karte
Text: Marion Gollner
Nachdem Richard von Kraliks (1852–1934) Plan einer Ruhmeshalle auf dem Leopoldsberg Anfang des 20. Jahrhunderts endgültig gescheitert war, wurde seine Idee vom österreichischen Architekten Friedrich Ohmann (1859–1927) noch während des Ersten Weltkriegs aufgegriffen. Ein 1915 ausgeschriebener Wettbewerb zum Thema „Kriegerdenkmal“ veranlasste Ohmann dazu, einen Entwurf für einen riesigen Denkmalkomplex am Leopoldsberg einzureichen. Unter dem Motto „Leopoldsberg 1683“ sollte das Kriegerdenkmal den „Gefallenen Helden des Weltkrieges 1914–1915“ gewidmet sein. Ohmann stellte damit eine direkte Verbindung zwischen dem Ersten Weltkrieg und der Belagerung Wiens 1683 her. Da das Osmanische Reich zu diesem Zeitpunkt aber mit Österreich-Ungarn und Deutschland verbündet war, wurde bei diesen Denkmalsprojekten weitgehend darauf verzichtet, den Gegner von damals bloßzustellen. Vielmehr sollten die eigenen „Heldentaten“ in monumentaler Größe hervorgehoben werden, um – rückblickend auf die erfolgreiche Schlacht 1683 – auch aus diesem Kampf siegreich hervorzugehen. Es kam jedoch anders als erhofft. Nicht nur der Erste Weltkrieg wurde verloren, auch die Monarchie war ab diesem Zeitpunkt Geschichte – und mit ihr die Pläne für eine „Ruhmeshalle“ am Leopoldsberg.
Ein Wettbewerb wird ausgeschrieben
Ein Wettbewerb wird ausgeschrieben
Ein halbes Jahr nach Beginn des Ersten Weltkrieges schieb das k.k. Ministerium für Kultus und Unterricht im Februar 1915 einen künstlerischen Wettbewerb aus, der das Ziel verfolgte, „der kollektiven Vaterlandsliebe und dem individuellen Opfermut der Kriegshelden ein repräsentatives Gedenkzeichen [Hervorhebung im Original] zu setzen und die besten Vertreter aller Kunstgattungen in den Dienst der Sache zu stellen“ (Bösel/Krasa 1994: 89). Einsendeschluss war am 30. September 1915. Das Vergabekomitee, das sich aus Architekten, Malern, Bildhauern, Baukünstlern und Grafikern zusammensetzte, ließ den Künstlern bei der Wahl des Standortes als auch bei der Form des geplanten Kriegerdenkmals freie Hand.
Dass der Wettbewerb gerade zu diesem Zeitpunkt stattfand, dürfte mehrere Gründe gehabt haben. Einerseits war man allein schon aus propagandistischen Beweggründen daran interessiert, „die Begeisterung der Massen nicht erlahmen zu lassen“, und andererseits war die Ausschreibung dazu angedacht, „der allgemeinen wirtschaftlichen Not der bildenden Künstler Oesterreichs und der vielfach bemerkten Mutlosigkeit durch einen mit reichen materiellen Mitteln ausgestatteten Wettbewerb um eine große, anregende und der Gegenwarts-Stimmung entsprechende Aufgabe entgegen zu wirken“ (Bösel/Krasa 1994: 89), wie es in der Ausschreibung hieß.
Ohmann plant ein Kriegerdenkmal am Leopoldsberg
Der österreichische Architekt Friedrich Ohmann (1859–1927) hatte bereits im Jahr 1903 reges Interesse an Richard von Kraliks Plänen einer Walhalla am Leopoldsberg gezeigt (vgl. Historisches Museum der Stadt Wien 1983: 387 bzw. Bösel/Krasa 1994: 90). Die Baupläne zu diesem Vorhaben wurden ein Jahr später aber von zwei anderen Architekten angefertigt: Karl Troll und Franz Biberhofer. Erst im Jahr 1915, als gleichzeitig zwei Wettbewerbe ausgeschrieben wurden – einer zum Thema „Kriegerdenkmal“, der andere zu einer „Österreichischen Völker- und Ruhmeshalle auf dem Burgstall“ – entschied Ohmann sich zur Einreichung eines eigenen Projekts unter dem Losungswort „Leopoldsberg 1683“. Dafür musste er aber seine Position als Juror bei der vom k.k. Ministerium für Kultus und Unterricht ausgeschriebenen Konkurrenz zurücklegen (Otto Wagner war als zweiter Architekt im Vergabekomitee vorgesehen). Warum er für sein geplantes Kriegerdenkmal den Leopoldsberg gewählt hatte, begründete Ohmann folgendermaßen:
Es schien mir nahezuliegen, die Befreiung Wiens im Jahre 1683 mit dem Ringen des Weltkrieges und seinen ungeheuren Blutopfern in ideellen Zusammenhang zu bringen, zumal der Leopoldsberg, ohnehin ein historisches Wahrzeichen Wiens, sich dazu eignet, und zur Erinnerung an dieses Ringen nicht bald ein von menschlicher Hand geschaffenes Denkmal einen dementsprechend würdigen Unterbau bekommen könnte. Die Natur schien hier schon einen grandiosen Unterbau geschaffen zu haben. Weithin sichtbar, am größten Strome Österreichs gelegen, in unmittelbarem Zusammenhang mit dem Mittelpunkt des Reiches, welches seinen Söhnen, die in patriotischer Begeisterung sich der Erhaltung der großen Staatsidee geopfert haben, für ewige Zeiten ein Denkmal an dieser Stelle errichtet, die einmal schon Zeuge war äußerster Opferfreudigkeit des Volkes. Ein Massiv zu schaffen, das, der Form des Berges sich anschmiegend, im Terrain sich daran bindet, der Gesamtheit dadurch eine künstlerische Gestaltung gibt, war der führende Gedanke. (Der Architekt 1916: 11)
Der Entwurf erzielt einen Hauptpreis
Der Entwurf erzielt einen Hauptpreis
Das Interesse an der künstlerischen Ausschreibung war – nicht zuletzt aufgrund der allgemein schlechten Auftragslage vieler Künstler – sehr groß. Bis zum Herbst 1915 wurden insgesamt 223 Vorschläge eingereicht, „die dann zu zahlreichen Aufträgen und zur Schaffung zahlreicher Kunstwerke in den verschiedenen Orten und Gegenden unserer Monarchie führen soll[t]en“ (Reichspost 05.11.1915: 9).
Unter den Anträgen fanden sich u.a. Arbeiten von Emil Hoppe (sein Bruder Paul Hoppe plante die Wohnhausanlage „Türkenritthof“ in Hernals), Marcel Kammerer, Otto Schönthal und Franz Günther. Einige der eingereichten Entwürfe dürften jedoch nicht dem Wunsch der Jury entsprochen haben, dass „diese Denkmäler des Anlasses würdig seien“ (Der Architekt 1916: 3).
So sonderbar und modernem Kunstempfinden fremd aber viele Arbeiten waren, die dem Preisgericht des k.k. Ministeriums für Kultus und Unterricht vorlagen, fanden sich unter den eingereichten 223 Entwürfen erfreulicherweise auch Denkmäler von künstlerischer Vollwertigkeit, eigenartige, interessante und von ehrlichem Bemühen zeugende Versuche, so daß neben einer Reihe durch Preise ausgezeichneter Projekte noch eine Anzahl die ‚ehrende Anerkennung‘ des Preisgerichts erhalten konnte.“ (ebd.)
Das Preisgeld von 66 000 Kronen wurde in gestaffelten Beträgen auf insgesamt 17 Preisträger aufgeteilt, wobei die fünf Erstplatzierten, zu denen Friedrich Ohmann zählte, je 8000 Kronen erhielten. Alle 223 Entwürfe wurden vom 7. bis zum 21. November öffentlich ausgestellt.
Viele der eingereichten Skizzen orientierten sich sehr stark an deutschen Monumentaldenkmälern. Insbesondere das Konzept des „Ehrenhains“ oder der „wagnerischen Sagenburgen“ diente vielen Künstlern als Inspiration (vgl. Kahler 1998: 374). Damit sollte einerseits eine gemeinsame nordisch-germanische Vergangenheit der beiden Länder konstruiert werden, andererseits sollte damit – wie Ohmann in seinem Projektantrag schrieb – das aktuelle Band „der in brüderlicher Vereinigung kämpfenden Völker“ (Historisches Museum der Stadt Wien 1999: 222) gefestigt werden.
Das geplante Kriegerdenkmal im Detail
Der von Ohmann geplante Denkmalskomplex sollte am donauseitigen Hang des Leopoldsberges angelegt und durch Leuchtfeuer an der Umfassungsmauer und den höchsten Punkten der Anlage selbst von der Ferne aus gut sichtbar sein (vgl. Krasa 2007: 213). Im unteren Bereich der Anlage sollte durch Abtragung des Hanges eine große „Inschriftentafel für die Ruhmestaten der Armeen und ein Standbild für die 30´5-cm-Mörser, denen in diesem Kriege eine so große Rolle zugefallen [war]“ (Der Architekt 1916: 11), angebracht werden. Den Mittelpunkt der Anlage sollte eine riesige, quadratische Ehrenhalle mit imposantem Kuppelbau bilden, die – wie der Ausstellungskatalog des Historischen Museums der Stadt Wien beschreibt – die künftigen Besucher beeindrucken sollte.
Von der Terrasse her betritt der Besucher der Völker- und Ruhmeshalle einen riesigen, muldengewölbten Einheitsraum. Dem Eingang gegenüber liegt – mittels triumphbogenartiger Öffnungen mit dem Hauptraum kommunizierend – die leicht erhöhte, fast lichterlose Apsis. In ihr bilden Kolossalstatuen von ‚Austria‘ und ‚Germania‘ den etwas pathetischen (wenn nicht gar schaurigen) Mittelpunkt; mit Schwertern bewaffnet, sind sie in Kampfestreue des Weltkrieges vereint. (Bösel/Krasa 1994: 92)
An den Wänden sollten zudem Fresken angebracht werden, die „die Verteidigung der großen Staatsidee“ (Der Architekt 1916: 11) versinnbildlichen sollten. Der Unterbau des Entwurfs wird von zwei zu Reiterfiguren geformten Pfeilern flankiert, die mit ihren Säbeln die vor ihnen liegenden Kaiserkronen der österreichisch-ungarischen Monarchie und des deutschen Reiches, die symbolisch für die „in brüderlicher Vereinigung kämpfenden Völker“ (ebd.) stehen, verteidigen (vgl. Kahler 1998: 376). Nischen zwischen den Strebepfeilern waren „zur Aufnahme von Grabstellen hervorragendster Helden“ (ebd.) vorgesehen.
Eine Sobieskikapelle als krönender Abschluss
Eine Sobieskikapelle als krönender Abschluss
Wie auf der perspektivischen Darstellung der Gesamtanlage (heute im Besitz des Historischen Museums der Stadt Wien) in goldenen Buchstaben vermerkt ist, beinhaltete der preisgekrönte Entwurf Ohmanns neben einer „Völker- und Ruhmeshalle mit Leuchtfeuer“ auch eine „Sobieskikapelle“. Diese sollte „unter der Voraussetzung einwandfreier Geschichtsschreibung“ als „Rundkapelle im Zusammenhang mit der Leopoldskirche, welche die drei Heerführer am Tage vor dem Entsatze Wiens 1683 zu einer feierlichen Messe vereinigte“ (Der Architekt 1916: 11), den sakralen Abschluss der kolossalen Anlage bilden. Die neobarocke Kapelle und die festungsähnliche Ruhmeshalle stehen dabei eher in einem symbolischen als in einem architektonischen Zusammenhang: „Das Denkmal mit religiöser Bestimmung thront über dem Denkmal mit nationaler Funktion.“ (Historisches Museum der Stadt Wien 1999: 224) Zudem deute die Auslagerung der Kapelle auf die zu diesem Zeitpunkt durchaus übliche Absicht hin, „Ehrenräume mit pseudosakralem Charakter anstelle christlicher Sakralräume zu schaffen“ (Kahler 1998: 376).
Otto Wagners Kritik an der Ruhmeshalle
Im Feuilleton der Neuen Freien Presse vom 5. November 1915 äußerte sich Otto Wagner, selbst Mitglied der Vergabejury, durchaus kritisch zu den einzelnen Wettbewerbsentwürfen. Diese hätten zwar „alle eine Reihe ausgezeichneter künstlerischer Qualitäten“ unter Beweis gestellt, dennoch sei es „zur Führung der Laienurteile besser […], ihre Mängel zu besprechen“, wie er schreibt. Eine „mächtige Ruhmeshalle auf dem Leopoldsberge“, wie Ohmann sie plane, erinnere „nicht an die Trauer um die gefallenen Helden, sondern an die Glorifikation bedeutender Menschen“ und sei daher „in der Charakteristik verfehlt“, so Wagner. Vielmehr sei es die Pflicht der Zeitgenossen, den gefallenen Helden des Ersten Weltkriegs „unbekümmert um Vaterlandsliebe und unbekümmert um Siegeshoffnung und Siegesfreude“ ein Denkmal zu setzen. „Vaterlandsliebe, dynastisches Gefühl, Tapferkeit und das Rechtsbewußtsein“ seien zwar „gewaltige, das Geschehen erklärende Faktoren“, dennoch würden sich die „Taten dieser Helden immer noch berghoch über das Geschichtliche aller Zeiten“ erheben, so Wagner.
Damit spielt er, ohne dies in seinem Artikel explizit zu erwähnen, wohl indirekt auf die parallel zu dieser Ausschreibung von der Stadt Wien ausgeschriebene Konkurrenz zum Thema einer „Österreichischen Völker- und Ruhmeshalle“ an, die Ohmanns thematischem Konzept wohl eher entsprochen hätte. Dass Ohmann bei der Ausschreibung für ein Kriegerdenkmal dennoch einen mit 8ooo Kronen dotierten Preis gewann, änderte allerdings nichts an der Tatsache, dass das Projekt nicht realisiert wurde.
Der „imperiale Anspruch“, der in vielen Projekten dieser Zeit enthalten war, lässt sich als „letzte Formulierung eines österreichischen Reichsgedankens in der Kunst“ interpretieren (Historisches Museum der Stadt Wien 1983: 387). Zudem ist in der Konzeption der Kriegerdenkmäler dieser Zeit ein genereller Wandel abzulesen, der jeden Soldaten ungeachtet seiner militärischen oder gesellschaftlichen Position denkmalwürdig macht (vgl. Giller/Mader/Seidl 1992: 59f.).
„Nike“ – Kriegerdenkmal mit Ruhmeshalle
Friedrich Ohmann war nicht der einzige Künstler, der im Zuge der Ausschreibung des k.k. Ministeriums für Kultus und Unterricht eine Ruhmeshalle am Leopoldsberg plante. Auch der Wiener Maler Alois Hans Schramm reichte einen Entwurf für ein Kriegerdenkmal auf dem Burgstall unter dem Losungswort „Nike“ ein, der mit einem Preisgeld von 4.000 Kronen ausgezeichnet wurde.
Die von Schramm entworfene Ruhmeshalle sollte nicht nur „ein Denkmal für gefallene Krieger darstellen, sondern ein Denkmal aller Helden unseres tapferen Heeres“ (Der Architekt 1916: 13), wie er in seiner Begründung schreibt. Die dem Pantheon nachempfundene Anlage sollte auf einer 100 Meter über der Donau gelegenen Terrasse errichtet und mit Denkmälern, Votivtafeln und Gedenksteinen ausgestattet werden (vgl. Bösel/Krasa 1994: 95ff). Beherrschendes Element der Ruhmeshalle sollte ein Reiterdenkmal Kaiser Franz Joseph I. sein, der „von den Völkern Österreichs auf dem Schilde getragen“ wird. Für das imposante Deckenfresko hatte Schramm „die thronende Austria, umgeben von den Kronländern“ vorgesehen „anschließend in fortschreitender Entwicklung Ausmarsch der Krieger – Kampf – Heimkehr der Sieger“ (Der Architekt 1916: 13), wie er in seinem Antrag schreibt.
Doch auch hier blieb es beim Entwurf. Anstelle einer Ruhmeshalle bzw. eines Kriegerdenkmals wurde nach dem Zweiten Weltkrieg ein Heimkehrerdenkmal am Leopoldsberg errichtet.
Ausschreibung zu einer „Österreichischen Völker- und Ruhmeshalle“
Ausschreibung zu einer „Österreichischen Völker- und Ruhmeshalle“
Im Jahr 1915 gab es neben der Konkurrenz für geplante Kriegerdenkmäler noch einen zweiten künstlerischen Wettbewerb, der von der Stadt Wien ausgeschrieben wurde und die Errichtung einer „Österreichischen Völker- und Ruhmeshalle“ am Abhang des Leopoldsbergs, dem so genannten Burgstall, zum Ziel hatte (vgl. Historisches Museum der Stadt Wien 1999: 221). Diese vom 25. Mai bis zum 31. Juli ausgeschriebene Konkurrenz richtete sich im Vergleich zum Kriegerdenkmäler-Wettbewerb ausschließlich an Baukünstler und stellte an die Teilnehmer die einzige Forderung, „daß das Denkmal die Vorhöhe des Burgstalls beherrsche und ein weithin sichtbares Wahrzeichen werde“ (Der Architekt 1914: 61). Die Stadt Wien, so hieß es in der Ausschreibung weiter, werde „den Denkmalsgedanken wahrscheinlich verwirklichen wollen […] und durch einen bedeutenden Betrag unterstützen“ (ebd.). Die Notwendigkeit einer solchen österreichischen Völker- und Ruhmeshalle wurde mit folgenden Worten begründet:
In den Tagen unserer eisernen Zeit ist mit neu belebter Kraft der Gedanke der Volkszusammengehörigkeit, der Reichseinheit wieder erblüht; jener Gedanke der sich seit altersher in den glänzenden Taten unserer Heere und in zahllosen Werken des Friedens bewährt hat und immer wieder bewähren wird. Aus diesem Bewusstsein ist der Plan entstanden, dem Wirken unserer Vorfahren zum Gedächtnis, unseren Nachkommen zur ernsten Ermahnung ein alle Zeiten überdauerndes Zeichen an denkwürdiger Stätte aufzurichten. Es soll also im Weichbilde Wiens ein mächtiges Baudenkmal geschaffen werden, der grossen Vergangenheit unseres Vaterlandes und den glorreichen Geschehnissen in Österreichs Geschichte zum Gedächtnis: ‚Eine Österreichische Völker- und Ruhmeshalle‘. (Bösel/Krasa 1994: 96f.)
Mit einem neuen, modernen Konzept einer patriotischen Gedächtnisstätte sollte mehr der monumentale als der museale Charakter im Vordergrund stehen. Ältere Bauten wie die Ruhmeshalle des Heeresgeschichtlichen Museums im Wiener Arsenal wurden als nicht mehr zeitgemäß angesehen und sollten durch den „Typus eines landschaftlich dominierenden Denkmalbaus“ nach deutschem Vorbild ersetzt werden, um so der österreich-deutschen „Waffenbrüderschaft“ auch künstlerisch Ausdruck zu verleihen.
Nun – oder vielmehr nach dem zweifellos siegreich beendeten Krieg! – sollte endlich auch Österreich ein durch Wucht und Größe der Architektur überwältigendes ‚Nationaldenkmal‘ erhalten, das dank seiner beherrschenden Lage über geschichtsträchtige Landschaft geeignet wäre, weithin patriotische Gefühle zu evozieren. (Bösel/Krasa 1994: 97)
Wandel im Türkengedächtnis
Wandel im Türkengedächtnis
Wie sich an der Programmatik dieser Ausschreibungen erkennen lässt, repräsentierte die „Türken“ zu diesem Zeitpunkt nicht mehr das einstige Feindbild, sondern war spätestens seit Kriegseintritt des Osmanischen Reiches am 29. Oktober 1914 Verbündeter im Ersten Weltkrieg. Durch dieses Naheverhältnis stand nicht mehr die „Rettung des christlichen Abendlandes“ und die Überlegenheit gegenüber dem einst gefürchteten Gegner im Vordergrund, sondern die monumentale Inszenierung vergangener Größe, die am Wiederaufleben dieser „großen Heldentaten“ keinen Zweifel aufkommen lassen sollte (vgl. Telesko 2008: 22, Tomenendal 2000: 145f., Healy 2011: 269–291).
Literatur
Literatur
Bösel, Richard/Krasa, Selma (1994): Monumente. Wiener Denkmäler vom Klassizismus zur Secession. Wien.
Der Architekt (1914): Eine Österreichische Völker- und Ruhmeshalle, 61, 20.09.2020.
Der Architekt (1916): Kriegesdenkmäler. Die beim Wettbewerb des k.k. Ministeriums für Kultus und Unterricht durch Preise oder ehrende Anerkennung ausgezeichneten Entwürfe, 9. Beiheft, 20.09.2020.
Giller, Joachim/Mader, Hubert/Seidl, Christina (1992): Wo sind sie geblieben…? Kriegerdenkmäler und Gefallenenerinnerung in Österreich. Wien.
Healy, Maureen 2011: In aller „Freundschaft“? Österreichische „Türkenbilder“ zwischen Gegnerschaft und „Freundschaft“ vor und während des Ersten Weltkrieges, in: Cole, Laurence/ Hämmerle, Christa/ Scheutz, Martin (Hg.), Glanz – Gewalt – Gehorsam. Militär und Gesellschaft in der Habsburgermonarchie (1800–1918). Essen.
Historisches Museum der Stadt Wien (Hg.) (1983): Die Türken vor Wien. Europa und die Entscheidung an der Donau 1683. Katalog zur 82. Sonderausstellung des Historischen Museums der Stadt Wien. 5. Mai bis 30. Oktober 1983. Wien.
Historisches Museum der Stadt Wien (Hg.) (1999): Das ungebaute Wien. 1800 bis 2000. Projekte für die Metropole. 256. Sonderausstellung des Historischen Museums der Stadt Wien. 10. Dezember 1999 bis 20. Februar 2000. Wien.
Kahler, Thomas (1998): „Gefallen auf dem Geld der Ehre…“ Kriegerdenkmäler für die Gefallenen des Ersten Weltkrieges in Österreich unter besonderer Berücksichtigung der Entwicklung in Salzburg bis 1938. In: Riesenfellner, Stefan (Hg.): Steinernes Bewusstsein I: die öffentliche Repräsentation staatlicher und nationaler Identität Österreichs in seinen Denkmälern. Wien. (Online-Version bei Google-Books)
Krasa, Selma (2007): Die Allegorie der Austria: die Entstehung des Gesamtstaatsgedankens in der österreichisch-ungarischen Monarchie und die bildende Kunst. Wien. (Online-Version bei Google-Books)
Neue Freie Presse (05.11.1915): Feuilleton. Der Wettbewerb für ein Kriegerdenkmal, 1–3, 20.09.2020.
Reichspost (05.11.1915): Der Wettbewerb für Kriegerdenkmäler, 9, 20.09.2020.
Telesko, Werner (2008): Kulturraum Österreich. Die Identität der Regionen in der bildenden Kunst des 19. Jahrhunderts. Wien/Köln/Weimar.
Tomenendal, Kerstin (2000): Das türkische Gesicht Wiens. Auf den Spuren der Türken in Wien. Wien/Köln/Weimar.