Text: Marion Gollner
Johann Achamer war Hausbesitzer in Wien, Kanonen- und Glockengießer. Er erhielt den Auftrag, die Alte Pummerin anzufertigen, die bis 1945 im hohen Turm des Stephansdoms erklang.
Johann Achamer (Achammer, Aichamer) wurde am 27. Dezember 1650 in Innsbruck geboren und stammte aus einer Färberfamilie. Achamer selbst arbeite zuerst als Stuckgießer (Stuck = Geschütz/Kanone) und erlernte erst später, vermutlich in Innsbruck, das Handwerk der Glockengießerei. Wann er nach Wien übersiedelte, ist nicht bekannt. Im Jahr 1688 kaufte er in der Wendelstatt (Flurname aus dem 15. Jahrhundert) eine seit der Türkenbelagerung von 1683 brachliegende Brandstatt im damaligen Wiener Vorort St. Ulrich (heute im 7. Bezirk). Achamer baute darauf ein Haus und richtete sich eine Stuckgießerei ein. Das Hausschild „Zum goldenen Stuck“ gab der späteren Stuckgasse ihren Namen.
1695 kaufte Achamer auch das Nachbargrundstück, um dort eine Glockengießerei zu eröffnen. 13 Jahre später erwarb Achamer ein weiteres Haus im Schlossergasserl (auch Schlossergasse bzw. Schlossergäßchen genannt) in der Innenstadt (Verbindung zwischen der Goldschmiedgasse und dem Graben), wo Jakob Krämer später ein Kaffeehaus gründeten sollte.
Am 18. Dezember 1710 erhielt Achamer von Kaiser Joseph I. den Auftrag, eine Glocke für den Stephansdom aus rund 180 (die Angaben differieren) erbeuteten türkischen Kanonen zu gießen. Diese Josephinische Glocke, wegen ihres tiefen Klanges auch ‚Pummerin’ genannt, wurde am 21. Juli 1711 vollendet. Auch die Glocke in der Simmeringer Laurenzkirche (die Altsimmeringer Pfarrkirche) stammt von Johann Achamer.
Im Zeitraum zwischen 1686 und 1700 wurden in St. Ulrich zwanzig gefangen genommene TürkInnen getauft. Johann Achamer scheint in den Aufzeichnungen als einer der 72 Taufpaten auf. Er übernahm gemeinsam mit seiner Frau die Patenschaft für eine 26-jährige ‚Türkin‘ aus Belgrad (vgl. Faber 1995; Tomenendal 2000).
Achamer verstarb im Alter von 62 Jahren am 9. Dezember 1712 in Wien.
1903 wurde die Exnergasse im heutigen 9. Wiener Gemeindebezirk ihm zu Ehren in Achamergasse umbenannt.
Literatur
Literatur
Czeike, Felix (1992): Historisches Lexikon Wien. Band 1. Wien.
Czeike, Felix (1997): Historisches Lexikon Wien. Band 5. Wien.
Faber, Elfriede (1995): Neubau. Geschichte des 7. Wiener Gemeindebezirkes und seiner alten Vororte. Wien.
Faber, Elfriede/ Sackmauer, Ludwig (Hg.) (1983): 1683 – am Neubau und in der Josefstadt. Wien.
Tomenendal, Kerstin (2000): Das türkische Gesicht Wiens. Auf den Spuren der Türken in Wien. Wien/Köln/Weimar.