Arnsburggasse 1, Karte
Text: Martina Bogensberger, Johannes Feichtinger, Johann Heiss
Das so genannte ‚Moldauer Kreuz‘ ist das einzige Monument, das unmittelbar nach dem Entsatz Wiens als ‚Denkmal’ errichtet wurde. Es soll – wie aus der Stiftungsinschrift hervorgeht – an die Rolle der christlichen walachischen und moldauischen Truppen (aus Teilen des heutigen Rumäniens) im osmanischen Heer und damit an die Zweite Wiener Türkenbelagerung erinnern. Am 26. November 1961 wurde eine Nachbildung des 1785 entwendeten Kreuzes von der rumänischen orthodoxen Kirche „Am Tivoli“ in Meidling aufgestellt.
Der Walachenfürst lässt ein Kreuz bauen
Der Walachenfürst lässt ein Kreuz bauen
Das ‚Moldauer Kreuz‘ und die so genannte ‚Türkenkapelle‘ sind heute in die Wohnhausanlage „Am Tivoli“ in Meidling integriert, die von der Grünbergstrasse und von der Hohenbergstrasse begrenzt wird. In diesem Areal befand sich 1683 ein kleiner Wald, der ‚Gatterhölzl’ genannt wurde. Von dort beschaffte sich die osmanische Armee während der Belagerung Wiens das Holz, das sie u.a. für die Abdeckung der Laufgräben benötigte.
Vom ‚Gatterhölzl’ wurde das Holz von angeblich 10 000 christlichen Walchen und Moldauern, die sich unter den osmanischen Truppen befanden, herbeigeschafft. Dieser christlichen Armee unter dem walachischen Fürsten Serban I. Cantacuzeno misstrauten die osmanischen Anführer – angeblich nicht zu Unrecht. Der kaiserliche Resident in Konstantinopel, Georg Christoph Kunitz, der gezwungen wurde das türkische Heer nach Wien zu begleiten, berichtete in seinem ‚Diarium’ (1684), Serban habe ihm mitgeteilt, er würde bei einem Zusammentreffern mit den Kaiserlichen diesen den Vorteil belassen. Die Truppen dürften auch ständigen friedlichen Kontakt mit der eingeschlossenen Bevölkerung von Wien gehabt haben.
In seinem Lager bey dem so genannten Gatter-Höltzel […] an dem Orth / da er täglich die H. Meß halten lassen“ soll der Fürst ein Holzkreuz errichtet haben, „deß Zwerchholtzes U. L. Frauen Bildnuß / gleich dem berühmten Candianischen Gnadenbild gemahlter eingelegt gewesen. (Aufschrift auf einem Kupferstich von Johann Martin Lerch aus dem Jahr 1683)
Das vergrabene Kruzifix wird zum Denkmal
Vor dem überhasteten Abzug der Osmanen ließ der Walachenfürst das Kruzifix vergraben mit dem Auftrag an Bischof Leopold Karl Graf Kollonitsch, dieses zu bergen und „es an einem öffentlichen Orte aufrichten zu lassen, wo es vom Volke verehrt werden sollte“ (Truxa 1891: 6). Das Kreuz wurde schon am 27. Oktober 1683 im ‚Gatterhölzl’ von einer holzsuchenden Magd aufgefunden. 1684 wurde das von den Bewohnern bald als ‚Moldauer Kreuz‘ bezeichnete Monument nahe dem Ort seiner Auffindung wieder aufgestellt.
Am Fundort wurde eine Kapelle errichtet, die als ‚Türkenkapelle‘ bezeichnet wird. 1785 wurde das Kreuz gestohlen. Das Original befindet sich heute angeblich in Schloss Geyerau (Dvorec Lisičje) in der Nähe von Ljubljana (Slowenien). Die Kapelle wurde im 19. Jahrhundert zweimal renoviert und 1929/30, als die Wohnhausanlage „Am Tivoli“ erweitert wurde, an den heutigen Ort versetzt. Im Zweiten Weltkrieg beschädigt, wurde die Kapelle nach Kriegsende wieder restauriert und 1961 von der rumänischen griechisch-orthodoxen Kirche mit einer vom Bildhauer Robert Steiner angefertigten Kopie des Kreuzes versehen. Das ‚Moldauer Kreuz‘ befindet sich heute in der Nähe der Busstation ‚Gatterhölzl’. (Mayer 1984: 12; Tomenendal 2000: 231f).
Gegenüber der Kapelle befindet sich die Büste des walachischen Fürsten Serban I. Cantacuzenos. Die rumänische Gemeinde Wiens ließ 1983 zum 300-jährigen Entsatzjubiläum diese Büste auf einem Quadersockel errichten. Darauf befinden sich drei Reliefs mit deutschem und rumänischem Text (Tomenendal 2000: 232).
Das Originalkreuz wurde am 1. September 1683 aufgestellt
Das originale Kreuz soll sechs Wienerische Ellen (rund viereinhalb Meter) hoch und aus Eichenholz gefertigt gewesen sein. In der Mitte des Kreuzes befand sich ein Bild von Maria mit dem Jesuskind auf dem Arm nach Art der ‚Hodegetria’ (‚Wegweiserin’).
Das Kreuz trug die Stiftungsinschrift des Serban I. Cantacuzenos in Latein, die auf dem Stich von Johann Martin Lerch (1683) wie folgt übersetzt wird:
Wir von Gottes Gnaden Servanus Canthacuzenus, Fürst der Wallachey, jenseit des Gebürgs, und deroselben zu allen Zeiten Erb-Herr, haben dises Creutz an dem Orth, welches täglich mit Andacht des Volcks, und einer heiligen Meß verehret worden, zu unser und der unserigen ewigen Gedächnuß, zur Zeit, als der türckische Groß-Vezier Kara Mustapha Passa die Stadt Wienn in Unter Oesterreich belägert hat, aufrichten lassen, den ersten tag Monaths Septembris Anno 1683.
Literatur
Literatur
Csendes, Peter (1983): Erinnerungen an Wiens Türkenjahre. Wien.
Hilscher, Karl (1905): Das Gatterhölzl im 12. Bezirke und seine historischen Denkwürdigkeiten (Historische Nachrichten aus dem XII. Wiener Gemeindebezirke 3).
Tschiedel, Ernst (1982): Die Türkenkapelle mit dem Moldauerkreuz. In: Blätter des Heimatmuseums Meidling, Heft 13. Wien.
Tschiedel, Ernst (1982): Meidling und das Jahr 1683: In: Blätter des Heimatmuseums Meidling, Heft 13. Wien.
Truxa, Hans Maria (1891): Erinnerungs-Denkmäler der Befreiung Wiens aus der Türkennoth. Wien.
Tomenendal, Kerstin (2000): Das türkische Gesicht Wiens. Auf den Spuren der Türken in Wien. Wien/Köln/Weimar.
Witzmann, Reingard (1982): Türkenkopf und Türkenkugel. Einige Türkenmotive und Bildvorstellungen der Volkskultur aus dem 17. und 18. Jahrhundert. In: Historisches Museum der Stadt Wien (Hg.): Die Türken vor Wien. Europa und die Entscheidung an der Donau 1683. Salzburg/Wien, 291–303.