Musik, Magie und Mäuse: der Zauberkünstler Louis Haselmayer

Spricht man über erfolgreiche österreichische Magier, muss man neben Leopold Ludwig Döbler, Johann Nepomuk Hofzinser, Compars Herrmann, St. Roman und Ottokar Fischer unbedingt den Namen Louis Haselmayer erwähnen. Er ist in australischen Fachkreisen heute bekannter als in seiner Heimat. Obwohl er eine Ausbildung und Stelle als Telegrafenbeamter hatte, drängte es den jungen Künstler ins Showgeschäft.

Ludwig Haselmayer kam in Atzgersdorf (heute Wien 23) am 18. September 1839 zur Welt. Sein Vater Ludwig Bernhard arbeitete als Buchhalter vermutlich in der Atzgersdorfer Kattunfabrik, seine Mutter Katharina war die Tochter eines Ödenburger Tapezierers. Schon in jungen Jahren zeichneten ihn sein Talent für Chemie, Physik und Mechanik, aber auch seine musikalische und zeichnerische Begabung aus. Mit gekonnten ersten Auftritten gelangte Haselmayer bald in die Wiener Gesellschaft und unterhielt sie mit seinen magischen Fähigkeiten ebenso wie als Pianist. Der bekannte Zauberkünstler Compars Herrmann, dem in Wien eine Straße gewidmet ist, wurde auf ihn aufmerksam und engagierte ihn 1865 für seine Reisen nach Amerika, um vor allem den musikalischen Teil seines Programms zu unterstützen. Bald kam es dort aber zu Unstimmigkeiten, weil Herrmann die Ideen und Verbesserungen Haselmayers zu seinen Vorführungen nicht entsprechend schätzte und honorierte, vielmehr sie als seine eigenen ausgab und alle Ehren und Auszeichnungen selbst einheimste. Haselmayer konnte damals noch nicht ausreichend Englisch und musste sich daher im Hintergrund halten. Schließlich kam es zum Bruch und Haselmayer war fast mittellos, da Herrmann nicht einmal die volle Gage auszahlen wollte.

Als „Professor der Magie und Musik“ in den USA

Allein in Amerika, versuchte sich Haselmayer zuerst mit einem Compagnon mit einem Goldschlägergeschäft, wobei der pekuniäre Erfolg durch den windigen Geschäftspartner bald ein Ende fand, da dieser mit dem erwirtschafteten Geld einfach durchgegangen war. Mit den letzten Dollars begann Haselmayer in der Umgebung von New York mit Zauberkunst- und Musik-Darbietungen aufzutreten. Mit Hilfe eines Agenten, der auf den talentierten Magier aufmerksam wurde, bereiste er in der Folge die Vereinigten Staaten für die nächsten drei Jahre. Laut Berichten aus Zeitungen und Zeitschriften zauberte er in Albany, Philadelphia, Baltimore, Harrisburg und Washington, wo er seine Kunststücke unter anderem vor Präsident Andrew Johnson in einer Privatvorstellung zeigen durfte. Später besuchte er zudem Kanada mit Montreal, Quebec und Toronto. Der Erfolg gab ihm recht, er änderte seinen Vornamen in Louis, um in den Staaten leichter ausgesprochen werden zu können. Wie sein Mentor Herrmann und andere erfolgreiche Künstler jener Zeit nannte er sich Professor, damit seine Ankündigungen mehr Eindruck hervorriefen.

Schließlich durchquerte Haselmayer den Kontinent, machte Station in Salt Lake City und San Francisco. Die Abenteuerlust ließ den jungen Zauberer nicht los, der seinen Erfolg auch der Erfindung eines Musikinstruments verdankte, das er virtuos beherrschte. Es nannte sich Stylocarfe, glich einem Xylophon oder einer Marimba und bestand durchwegs aus Holz, Kautschukbändern und Strohgeflecht. Haselmayer spielte darauf eigene Kompositionen, die er schon zu Beginn seiner Laufbahn in Wiener Singspielhallen zum Besten gegeben hatte. Seine Vorstellungen enthielten als fixen Bestandteil musikalische Einlagen zwischen den Zaubereffekten. Oft wurde er dabei von einem Klavierspieler begleitet.

Mit dressierten Kanarienvögeln in Down Under

Von San Francisco aus schiffte sich Haselmayer nach Australien ein, unterbrach seine Reise jedoch in Honolulu, um für König Kalākaua und dessen Familie Vorstellungen zu geben. Im Februar 1872 landete er in Neuseeland. Nach Vorführungen im Prince of Wales Theatre in Auckland trat er in Nelson und Wellington auf, anschließend im australischen Melbourne, in Adelaide, Sydney und weiteren Städten des Kontinents. Zeitungen berichten von hunderten Vorstellungen. Ein Plakat, das um 1868 in Wien gedruckt wurde, zeigt „Haselmayer’s Educated Birds“ bei der Ausführung verschiedener Kunststücke. Auch dressierte Mäuse sollen Teil des Programms gewesen sein. Auf der Rückfahrt in seine Heimat schob Haselmayer ein paar Vorstellungen in Südafrika ein, obwohl er angeblich den Großteil seiner Requisiten und seine Helfer in Australien zurückgelassen hatte.

1874 kam er wohlhabend in Wien an. Haselmayer heiratete die Tochter eines vermögenden Fabrikanten, die er in Budapest kennengelernt hatte. Doch um sich auf seinen wohlverdienten Lorbeeren auszuruhen, war er noch zu jung. Die Abenteuerlust steckte noch immer in ihm. Von anderer Seite wurde kolportiert, dass seine Goldminenaktien aus Australien nicht mehr so viel Gewinn abwarfen – der Traum vom Leben eines wohlsituierten Privatiers zerplatzte. Gezwungen, wieder auf Reisen zu gehen, stellte er daher eine neue Schau zusammen und fuhr in Begleitung seiner Gattin, die ihn in allen Belangen sehr unterstützte, 1878 über Paris und Southampton nach Kapstadt. Dort traf er mit dem aus Prag stammenden Francis Martinka zusammen, der später in New York einen bekannten Zauberartikelladen eröffnete und ihm nun als Assistent gute Dienste leistete. Mit im Gepäck hatte er neben den neuen Geißler’schen Röhren, die er sich kurzerhand in Bonn besorgt hatte und die durch Gasentladung eindrucksvolle Leuchterscheinungen hervorriefen, einen außergewöhnlich starken Rühmkorff’schen Funken-Induktor.

„Haselmayer’s Psycho“

Mit großem Erfolg bespielte Haselmayer in Kapstadt ab 5. November 1878 zwei Monate lang das Theatre Royal. Ungeheures Aufsehen erregte das Kunststück „Psycho“, bei dem ein mit dem Publikum Whist spielender Automat zum Einsatz kam, der von John Nevil Maskelyne erfunden worden sein soll, in Südafrika und Australien aber noch unbekannt war. Haselmayer zog zwei Jahre durch Südafrika, um sich schließlich 1880 neuerlich nach Australien einzuschiffen. Per Bahn ging es nach Grahamstown, mit Reisewagen und zwölf Ochsengespannen anschließend zur Goldmine in Kimberley. Seine Vorstellungen ab 22. März 1880 waren von Beginn an eine Attraktion. In Berichten liest man von „Haselmayer’s Marvels of Thaumaturgy and Escamotage“, seine abgerichteten Kanarienvögel und weißen Mäuse wurden begeistert besprochen. „Seine alten Kunststücke waren gut wie immer, und seine neuen, von denen er eine ganze Anzahl mitbrachte, waren ebenso gut wie die alten“ (Kudarz, 1902). Man erinnerte sich an Haselmayer von seinem früheren Aufenthalt noch sehr gut. Nun wirkte auch seine zierliche Frau in manchen Illusionen mit, wie bei der „Verschwindenden Dame“ à la Buatier de Kolta und der Flucht aus der Glaskiste.

Laut Presseberichten soll Haselmayer später noch Niederländisch-Indien, Siam, China, Japan, Cochinchina und Britisch-Indien bis zum Himalaja bereist haben. Doch er infizierte sich mit Malaria, was ihn zwang, die heißen Länder zu verlassen. Über Kalkutta, wo er noch einige Vorstellungen gab, und Ägypten kehrte er nach Wien zurück. Der Aufenthalt in Asien hatte ihn ziemlich geschwächt, so dass er viele schmeichelhafte Einladungen, die er unterwegs erhielt, ausschlagen musste. Zu Ostern 1884 landete er schließlich in Triest. Wieder in Wien, erwarb er im Vorort Dornbach ein hübsches Landhaus und richtete es nach seinem Geschmack komfortabel ein. Doch es dauerte nicht lange und er erlitt einen neuen Krankheitsschub. Am 19. April 1885 verstarb der gefeierte Künstler 45-jährig. Er wurde auf dem Dornbacher Friedhof beigesetzt.


Literatur: Die Zauberwelt, 1899, H. 8, S. 114, 129; Robert Kudarz, in: Magic, Juni 1902, S. 70; Ottokar Fischer, in: The Sphinx, 1934, S. 9; Archiv Magic Christian, Taufbuch Pfarre Atzgersdorf, Sterbebuch Pfarre Dornbach, alle Wien; Australian Variety Theatre Archive.

(Magic Christian)

Wir danken der ALBERTINA Wien für die Überlassung von Bildmaterial.