Der talentierte Señor Vučetić

Wer kennt heute nicht die kriminalistischen Fingerabdruckmethoden aus Krimi und Nachrichten? Vor 160 Jahren wurde einer ihrer Pioniere in Dalmatien geboren: Ivan Vučetić. Für die Methode bedurfte es zweier Werkzeuge: einer Klassifizierung von Fingerabdrücken und eines praktikablen Suchverfahrens. Die Erfinder beider Werkzeuge stammten aus dem Kaisertum Österreich. Doch es hat fast ein Jahrhundert gebraucht, bis diese beiden Werkzeuge kombiniert werden konnten. Ein blutiger Mordfall in Argentinien spielte dabei eine Schlüsselrolle.

Der Ort Necochea an Argentiniens Atlantikküste ist heute ein Badeort. Er befindet sich auf der Südseite der riesigen Provinz Buenos Aires. In diesem Ort werden im Jahre 1892 ein sechsjähriger Bub und seine vierjährige Schwester mit eingeschlagenen Schädeln in ihrem blutgetränkten Bett gefunden. Sie waren die unehelichen Kinder der 27-jährigen Francisca Rojas. Die Polizei trifft die Frau hysterisch und mit Schnittwunden am Hals an. Rojas beschuldigt Pedro Velazquez, einen minderbemittelten älteren Arbeiter in einem nahegelegenen Viehzuchtbetrieb. Francisca Rojas behauptet, er sei rasend in sie verliebt und habe sie heiraten wollen, aber sie habe sich einem jüngeren, schöneren Mann versprochen. Als sie Velazquez das eröffnet habe, sei er davongelaufen und habe ihr schreckliche Rache angedroht: Er werde ihr das Liebste nehmen, das sie besitze. Als sie nach ein paar Tagen heimgekommen sei, sei zu ihrer Überraschung die Tür offen gestanden und Velazquez sei herausgestürzt und geflohen. Der so Beschuldigte wird sofort verhaftet und einem erbarmungslosen Verhör unterzogen. Als er sich zu gestehen weigert, bindet man ihn mit Seilen und lässt ihn eine ganze Nacht lang in dem Bett neben jenem liegen, in dem die Leichen gefunden worden waren. Als auch diese Folter nichts erbringt, wendet sich die Polizei von Necochea nach der Provinzhauptstadt La Plata um Hilfe.

La Plata liegt nicht weit südöstlich der argentinischen Hauptstadt Buenos Aires, aber ca. 460 km von Necochea entfernt. Einen Monat später, am 8. Juli, trifft Inspektor Eduardo M. Alvarez  ein und stellt fest, dass Pedro Velasquez ein Alibi hat. Der Verdacht fällt wieder auf Rojas, als Alvares herausfindet, dass ihr jüngerer Liebhaber ihr gesagt hatte, er werde sie wegen ihrer „unehelichen Gören“ nicht heiraten. Alvarez verhört nun Rojas, sperrt sie gefesselt in ihrem Haus ein und suggeriert ihr, die Geister der toten Kinder nähmen Rache. Er lässt draußen sogar Männer bedrohliche Geräusche machen, um diesen Eindruck zu verstärken. Als das alles nichts hilft, durchsucht Alvarez endlich den Tatort und findet getrocknete Blutflecken, die sich bei näherer Betrachtung als Fingerabdrücke erweisen. Alvarez sägt das Stück Holz heraus, bringt es auf die Wache und nimmt dort Rojas’ Fingerabdrücke. Er vergleicht sie und sie stimmen auch bei Betrachtung mit bloßem Auge überein. Alvarez fragt Rojas, ob sie die Leichen berührt habe. Als diese vereint, fragt er, wie dann ihr blutiger Fingerabdruck auf den Türrahmen habe kommen können. Beim Anblick des Abdrucks bricht sie zusammen und gesteht, ihren Kindern den Schädel mit einem Stein eingeschlagen zu haben, um den jungen Liebhaber heiraten zu können.

Alvarez schickte den Abdruck an einen gewissen Juan Vucetich. Als einer von wenigen Polizisten in Argentinien interessierte er sich für Vucetich’ Methode der Fingerabdruckanalyse und hatte sich zeigen lassen, wie man Fingerabdrücke nimmt. Die Analyse erbrachte dann den endgültigen Beweis. So – oder eher so ähnlich – wurde erstmals weltweit ein Mord mit Hilfe der als Daktyloskopie bekannt gewordenen Methode aufgeklärt.

Getrennte Wege: Die Wissenschaft und der Erkennungsdienst

Die Fingerabdruckmethode hat viele Väter und die Grundidee ist alt. Fingerabdrücke wurden schon vor etwa 3000 Jahren zur Identifizierung verwendet. Systematisch geschah dies aber erst in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts. In kurzen Abständen hatten verschiedene Europäer die Beobachtung gemacht, dass Fingerabdrücke einzigartig und unveränderlich sind und deshalb eine eindeutige Identifizierung von Menschen erlauben. Aber eine polizeiliche Nutzung dieser Erkenntnis kam sehr spät. Denn die Entwicklung geschah auf zwei getrennten Pfaden: Die einen interessierten sich für wissenschaftliche Klassifizierung von Fingerabdrücken, die anderen für deren Nutzung in der Verwaltung. Es sollte lange dauern, bis die Pfade sich kreuzten.

1823 veröffentlichte der böhmische Anatom und Physiologe Jan Evangelista Purkyně in Breslau die Schrift „Commentatio de examine physiologico organi visus et systematis cutanei“. Er unterschied neun grundlegende Kategorien von Fingerabdrücken, nämlich Transversalkurve, mittlerer gestreckter Streifen, schräger Streifen, schräge Schleife, Mandel, Spirale, Ellipse, Kreis und Doppelwirbel. Dieses Werk war schwer zugänglich, weil es international in nur wenigen Exemplaren erhältlich war. Dennoch sollte es in der späteren wissenschaftlichen Beschreibung von Fingerabdrücken eine wichtige Rolle spielen.

Mehr als dreißig Jahre vergingen. Am 28. Juli 1858 setzte William Herschel erstmals Fingerabdrücke in der modernen Verwaltung ein, und zwar neben der Unterschrift auf Verträgen. Er tat das in seiner Eigenschaft als Finanzverwalter der neu errichteten britischen Kolonialverwaltung in Bengalen im Bezirk Jangipur (heute auf der indischen Seite der Grenze zu Bangladesch). In seiner weiteren Koloniallaufbahn setzte er die eher zufällig zur Einschüchterung eines Geschäftspartners erdachte Methode dann systematisch zur Signierung von Verträgen ein. In dieser Zeit legte er die erste Sammlung von Abdrücken an, mit dem Ziel, zu zeigen, dass diese sich mit dem Altern nicht verändern. Allerdings war diese Sammlung nicht systematisch erschließbar.

Francis Galton war ein Halbcousin von Charles Darwin und versuchte als einer der ersten, Unterschiede zwischen Menschen, vor allem körperliche, aber auch mentale Merkmale, auf statistischer Grundlage und mit Hilfe von Fragebögen zu untersuchen. Die Veröffentlichung von On the Origin of Species seines Halbcousins im Jahr 1859 bot hier einen entscheidenden Anstoß. Galton führte sowohl den Begriff Eugenik als auch die methodischen Grundlagen dafür ein. Er war vielleicht kein Vertreter des wissenschaftlichen Rassismus, aber sicher einer seiner Wegbereiter. Doch mit Fingerabdrücken befasste er sich erst einmal nicht. Dies tat Henry Faulds, ein presbyterianischer Missionsarzt in Japan, der 1870 ebenfalls in Indien im Einsatz gewesen war. Er hatte in dieser Zeit in einem eher privaten Fall einen Fingerabdruck zur Entlastung eines angeblichen Einbrechers eingesetzt. Anfang 1880 beschrieb er seine Entdeckung in einem Brief an Darwin, der den Brief an Galton schickte, welcher ihn aber wiederum unbeachtet der Anthropological Society of London weiterleitete. Im Oktober 1880 veröffentlichte Faulds einen Brief in der Zeitschrift Nature, „On the Skin-furrows of the Hand“ (nicht zu verwechseln mit dem fast gleichnamigen Brief Herschels einen Monat später), in dem er Muster in den Rillen beschrieb und wie sich diese rassisch unterschieden, wie sie zu nehmen seien und dass sie sowohl einzigartig seien und zur Identifikation „wichtiger Krimineller“ dienen könnten. Er gilt deshalb als der Erste, der die kriminologisch-forensische Verwendung von Fingerabdrücken vorschlug. Ungelöst blieb aber, wie man das systematisch bewerkstelligen könnte, v.a. wenn es sich nicht um die Entlastung einer bekannten Person, sondern um die Suche nach einer unbekannten Person handelt.

Ebenfalls 1880 wurde ein Gegenmodell zum Fingerabdrucksystem vorgestellt, die Anthropometrie des Franzosen Alphonse Bertillon. Dieses auch als Bertillonage bekannte System beruhte auf der Vermessung des gesamten menschlichen Körpers. Bertillon schlug elf Körpermaße vor: Körperlänge, Armspannweite, Sitzhöhe, Kopflänge, Kopfbreite, Länge des rechten Ohres, Breite des rechten Ohres (später Jochbeinbreite), Länge des linken Fußes, Länge des linken Mittel- und Kleinfingers und Länge des linken Unterarmes. Diese Methode war zwar sehr sicher, aber sie beruhte nicht auf einem eindeutigen Merkmal wie dem Fingerabdruck, den Bertillon explizit aus seinem System ausschloss. Bertillon, der Leiter des polizeilichen Erkennungsdienstes wurde, gilt auch als Erfinder des Fahndungsfotos, das nach 1883 den Bertillonage-Karteien hinzugefügt wurde. Gegen den Widerstand Bertillons kamen dann doch auch Fingerabdrücke hinzu. Das Problem des Systems war aber weniger die mangelnde Eindeutigkeit als die Umständlichkeit. Nicht nur waren sehr viele verschiedene Messungen vorzunehmen, auch konnte man die richtigen Karteikarten schwer finden. Sie waren nach Körpermaßen sortiert.

Ende der 80er Jahre begann auch Francis Galton sich intensiv mit Fingerabdrücken zu befassen. Auch ihn beschäftigte die Einzigartigkeit des Musters auf den Fingerkuppen, aber auch seine Vererbbarkeit und vermeintliche Signifikanz als „rassisches“ Merkmal. 1888 veröffentliche Galton, so wie schon fünfzig Jahre zuvor Purkyně, den er auch zitierte, einen Aufsatz über die systematische Analyse und Klassifikation von Fingerabdrücken. Dabei teilte er sie nach acht phänotypischen Merkmalen ein, nämlich nach verschiedenen Arten von Bögen (arches), Schleifen (loops) und einem Wirbel (whorl). Das war eine Kategorie weniger als bei Purkyně und war systematischer (denn es beruhte auf nur drei Grundbegriffen). Drei weitere Bücher sollten in den 90er Jahren folgen. Galton verhalf damit der schon praktizierten Methode zu akademischer und wissenschaftlicher Glaubwürdigkeit. Was aber nach wie vor fehlte, war eine Verbindung zwischen praktischer Polizeiarbeit und wissenschaftlicher Klassifizierung von Fingerabdrücken.

Von Vučetić zu Vucetich und zum Vucetichismo

Die Lösung des Problems kam von der Adria. Ivan, oder wie es die Geburtsmatriken angeben, Giovanni Antonio Vučetić wurde am 20. Juli 1858 auf der Insel Hvar (Lesina) vor der Küste Dalmatiens geboren. Sein Vater war Fassbinder. Ivan war das älteste von fünf Kindern, die anderen sechs Geschwister waren verstorben. Er lernte das Handwerk des Vaters und besuchte scheinbar keine öffentliche Schule, sondern wurde von einem Franziskanermönch u. a. alphabetisiert und in Italienisch und Musik unterrichtet. Vučetić leistete Militärdienst bei der kaiserlichen Marine in Triest.

1884 war wahrscheinlich das Jahr seiner Auswanderung nach Argentinien. Damit tat er es Millionen seiner Landsleute gleich, indem er ein Auskommen jenseits des Atlantiks suchte. Im Gegensatz zu vielen von ihnen kehrte er aber nicht als einfacher Arbeiter nach Österreich-Ungarn mit etwas mehr Geld in der Tasche zurück, sondern machte vielmehr eine steile Karriere. Deren Anfänge liegen allerdings im Dunkeln. Doch schon 1888 war Vučetić, nunmehr in spanischer Schreibweise Juan Vucetich, Angestellter der Argentinischen Wasserwerke Obras Sanitarias de la Nacion in Buenos Aires. Danach übersiedelte er in das neugegründete La Plata und trat dort im selben Jahr in die Polizei der Provinz Buenos Aires als Volontär ein. 1890 war er schon Leiter der Statistikabteilung. 1891 gründete er die Zeitschrift „Buletín Mensual de la Estadística“, in der er für die Anwendung der Anthropometrie eintrat. Er wurde pragmatisiert und auf Betreiben des dortigen Polizeichefs Guillermo Nunez mit der Einführung anthropometrischer Methoden nach Alphonse Bertillon betraut.

Statt, wie in der Bertillonage vorgesehen, vor allem Körpermaße zu verwenden, entwickelte Vucetich aber ein Fingerabdrucksystem auf Grundlage der Klassifizierung Francis Galtons in drei Grundtypen (Bogen, Schleife, Wirbel), der er seinen eigenen Stempel aufdrückte, indem er die Anzahl der Papillarlinien hinzufügte. 1891 entwickelte er sein System, das er zunächst Icnofalangometría nannte, in dem er 101 Typen unterschied. Im Unterschied zu seinen wissenschaftlichen Vorläufern entwickelte Vucetich auch eine Vorlage zur Abnahme von Abdrücken für Fingerabdruckskarteien für die im selben Jahr gegründete Oficina de Identificación Antropométrica de la Capital. Die Kartei war die entscheidende Innovation: Die genommenen Abdrücke wurden so systematisch zugänglich und konnten nach Fingerabdruckcharakteristika durchsucht werden. Damit schaffte Vucetich die praktische Umsetzung der Prinzipien Galtons und Purkyněs.

Die Aufklärung des Roja-Mordes 1892 mit Hilfe von Fingerabdrücken brachte den Durchbruch der Methode, die lange Zeit als Vucetichismo bekannt war. 1893 nahm die Provinzregierung die Fingerabdruckanalyse offiziell in ihr Rechtssystem auf und Vucetich reduzierte sein System auf vier Grundtypen, die er mit Buchstaben und Zahlen bezeichnete.

Die Wege kreuzen sich:
Vucetich und Henry/Ul-Hak vs. Bertillon

1894 gab Vucetich seiner umständlich benannten Methode auf Anraten des Statistikers Francisco Latzina aus Krain einen neuen Namen: Daktyloskopie. 1894 wurde die Oficina geschlossen, aber eine Forschungsbibliothek in La Plata gegründet und Vucetich erhielt einen Preis der Provinzversammlung. 1895 veröffentlichte er seine Erkenntnisse unter dem Titel „Instrucciones generales para el sistema de filiacion ‚Provincia de Buenos Aires‘“, 1896 gründete er ein Büro für Statistik und Erkennungswesen in La Plata.

Inzwischen hatte sich auch in Europa wieder etwas getan. 1896 bis 1897 setzte Edward Henry in seiner Zeit als Polizeichef  in Britisch-Bengalen, die von Herschel eingeführten Fingerabdruckmethoden für Polizeizwecke ein und entwickelte gemeinsam mit anderen Polizeioffizieren ein Klassifizierungssystem, um die Abdruckkarteien leichter durchsuchen zu können. Dazu sortierte Unterinspektor Aziz Ul-Hak 7.000 Karten in 1.024 Fächer ein und verwendete dazu ein System, das einfacher war als jenes von Galton. Henry und Ul-Hak sorgten so ganz ähnlich wie Vucetich dafür, dass die Daktyloskopie für Polizeibehörden anwendbar wurde. 1897 publizierte Henry die Methode und im selben Jahr wurde sie im britischen Kolonialreich offiziell eingeführt.

Nun verbreitete sich die Kombination von nach sichtbaren Kriterien sortierten Fingerabdrücken von Personen und Karteikarten weltweit. Im Gefolge des Secondo Congreso Científico Latinoamericano in Montevideo 1901 wurden ähnliche Büros wie Vucetich in mehreren lateinamerikanischen Ländern gegründet. 1901–1903 wurde die Daktyloskopie in England, Brasilien, Chile, Österreich-Ungarn und Deutschland eingeführt. Inzwischen war nämlich im Jahr 1901 Edward Henry zu Scotland Yard in London versetzt worden und richtete dort das Metropolitan Fingerprint Bureau ein. 1902 gelang die Identifikation des Einbrechers Harry Jackson. 1904 legte Vucetich seine Methode in dem Werk „Dactiloscopía comparada“ dar. Bald folgten entsprechende Handbücher in vielen Sprachen, in Wien war das etwa Camillo Windts „Daktyloskopie. Verwertung von Fingerabdrücken zu Identifizirungszwecken“ (sic) im Jahr 1904. 1906 wurde die Daktyloskopie in Buenos Aires offiziell als Identifizierungssystem angenommen. Im selben Jahr wurde ein nationales Identifikationsregister aller ArgentinierInnen (allerdings ohne Fingerabdrücke) per Gesetz eingerichtet. Der Nationalkongress verlieh Vucetich eine zehnjährige Pension. 1911 bis 1913 arbeitete Vucetich für die argentinische Regierung, die die Abnahme von Fingerabdrücken bei der Musterung von Rekruten einführte.

1911 zeigte sich deutlich die Überlegenheit der Daktyloskopie à la Vucetich und Henry/Ul-Hak. Es stellte sich heraus, dass man die Fingerabdrücke des Diebes der „Mona Lisa“ im Pariser Louvre zwei Jahre lang nicht hatte finden können, obwohl sie in der Kartei vorhanden waren: Doch weil sie auf Grund von Bertillons Methode nach Körpermaßen sortiert waren und nicht nach Fingerabdruckcharakteristika, gab es keine richtige Suchmöglichkeit. Die Bertillonage hatte endgültig gegen den Vucetichismo verloren.

Der überspannte Bogen

Doch auch Vucetich sah sich mit Widerstand konfrontiert. 1916 kam es zu Protesten gegen den Plan eines Fingerabdruckregisters für alle Menschen in Argentinien. Das Höchstgericht kippte das Gesetz und ließ alle gesammelten Abdrücke vernichten. Die Regierung beschlagnahmte Vucetich‘ Forschungsarbeit und verbot ihm die weitere Beschäftigung mit dem Thema. Man hatte den Bogen der Massenidentifizierung überspannt. Doch das Ende von Vucetich‘ Karriere ist nicht das Ende der Geschichte: denn heute scheint es, dass mit Computern und mobilen Geräten, die Fingerabdrücke und vor allem biometrische Daten automatisch verarbeiten und das auch unbemerkt im Hintergrund tun können, sowohl Bertillonage als auch Vucetichismo allgegenwärtig und sehr mächtig geworden sind.

1924 stiftete Vucetich der rechts- und sozialwissenschaftlichen Fakultät der Universität La Plata umfangreiches Forschungsmaterial, 1924 wurde damit in La Plata das Museo Policial de la provincia de Buenos Aires mit einem Vucetich gewidmeten Saal eingerichtet, das bis heute seine Fingerabdruckkartei aufbewahrt.


Literatur: J. Vucetich, Dactiloscopía comparada, 1904; H. Cummins – R. Wright Kennedy, Purkinje’s Observations (1823) on Finger Prints and Other Skin Features, in: Journal of Criminal Law and Criminology 31, 1940, S. 343ff.; D. W. Forrest, Francis Galton: the Life and Work of a Victorian Genius, 1974; H. Höfling, Sherlock Holmes in unserer Zeit. Meilensteine der Kriminalistik, 1986; Ch. Ruggiero, Fingerprinting and the Argentine Plan for Universal Identification in the Late Nineteenth and Early Twentieth Centuries, in: Documenting Individual Identity, ed. J. Caplan – J. Torpey, 2001, S. 184ff.; C. Beavan, Fingerprints: The Origins of Crime Detection and Murder Case that Launched Forensic Science, 2001; H. Schechter, The Devil’s Gentleman: Privilege, Poison, and the Trial That Ushered in the Twentieth Century, 2008; L. Galić, Biography of Ivan Vučetić, in: Katalog Vucetich, ed. V. Kukavica, 2008, S. 17ff.; N. McCrery, Silent Witnesses, 2013; E. Scheurer – C. Kauderer, Identität und Identifikation aus Sicht der Gerichtsmedizin, in: Die Vermessung der Seele, ed. Ch. Bachhiesl, 2015, S. 101ff.; M. G. Ferrari, El Gabinete de Juan Vucetich: Un Laboratorio de Experimentación. La Plata, Argentina: 1891–1901, in: EIAL 27, Nr. 2 (o. J.).


Links:
https://www.nlm.nih.gov/visibleproofs/galleries/biographies/vucetich.html
http://www.vucetichdigital.com/
http://www.policia.mseg.gba.gov.ar/MuseoPolicial/museo.html

(Wladimir Fischer-Nebmaier)

 

Wir danken Herrn Cdor. Alejandro López Hermosí, dem Direktor des Museo Policial de la provincia de Buenos Aires für die kostenlose Überlassung von Bildmaterial.