Biographische Netzwerkforschung am Beispiel der Mitglieder der Genossenschaft bildender Künstler Wiens

Eine Hauptthese des APIS-Projektes ist, dass man Biographien durch die Analyse von im Text wiederkehrenden Angaben zu Personen, Orten und Institutionen, die im Folgenden biographische Bausteine genannt werden, vergleichen kann. Die zweite Annahme ist, und das ist für dieses Teilprojekt von entscheidender Bedeutung, dass Biographien als Datenmaterial für die historische Netzwerkanalyse herangezogen werden können. Von allen im Österreichischen Biographischen Lexikon (ÖBL) enthaltenen Biographien sind für Kunsthistoriker vorrangig jene Personen von Interesse, bei denen sich eine künstlerische Tätigkeit und Wirkung nachweisen lässt. Dazu sind sowohl die Gruppe der Maler, Bildhauer und Architekten, als auch jene der selteneren beruflichen Tätigkeiten wie Restaurator, Medailleur und Stadtplaner zu zählen. Um die Stichhaltigkeit dieser Annahmen zu testen, wurde eine repräsentative Stichprobe von 506 Künstlerbiographien aus dem Korpus des ÖBL gezogen. Für die Auswahl einer Biographie war es entscheidend ob diejenige Person Mitglied in der Künstlervereinigung “Genossenschaft der bildenden Künstler Wiens” bzw. dem Künstlerhaus war. Die Verbindung zu dieser Institution konnte über die Auswertung von Mitgliederverzeichnissen hergestellt werden. Über die im Zuge des Projekts entwickelte Web-Applikation werden die in diesen Biographien befindlichen biographischen Bausteine systematisch erfasst, in eine strukturierte Form gebracht und die Daten für die Erstellung von Statistiken, Karten und Netzwerken verwendet. Teilnetzwerke können entweder anhand der Verbindungsarten (z.B. war Student, war Mitarbeiter, war Mitglied) oder den Verknüpfungen zu den jeweiligen Institutionen (z.B. Akademie der bildenden Künste Wien, Technische Hochschule Wien usw.) gebildet werden. Diese Netzwerke unterscheiden sich je nach Auswahl sehr in ihrer Dimension und Struktur . Manche der Relationen wie z.B. “war Schüler von” ermöglichen es Stammbäume der für die österreichische Kunstgeschichte wichtigsten Lehrenden darzustellen. Karten wiederum geben Einblick darüber welche Orte für Künstler im Kontext der Kategorien Studienreise, Ausbildung oder Wirkung von Bedeutung waren und welche nicht. Biographische Netzwerke auf Ebene der Institutionen zeigen welche Verbindungen sich trotz der oft sehr individuellen Biographien im Laufe einer Künstlerkarriere ergeben können. Ziel ist es einerseits durch die Auswertung der biographischen Daten einen Einblick darüber zu bekommen wie Kunsthistoriker in den letzten 70 Jahren Künstlerbiographien geschrieben haben und andererseits was für Informationen auf diesem Weg gespeichert wurden. Durch die Datenerhebungen soll außerdem eine Grundlage für zukünftige Forschungen auf dem Gebiet der digitalen Kunstgeschichte geschaffen werden.


Kontakt:

Dr. Maximilian Kaiser