Arznei für Ross und Reiter: Franz Johann Kwizda und sein Pferdefluid

Als Erfinder des Korneuburger Viehpulvers und eines bis heute erzeugten „Restitutionsfluids“ für Pferde legte Franz Johann Kwizda in den 1850er-Jahren den Grundstein zu einem der ältesten Pharmaunternehmen Österreichs. Gemäß seinem Leitspruch „Durchs Pferd aufs Pferd“ spezialisierte sich Kwizda auf Veterinärpräparate für Pferde, Hornvieh und Schafe und brachte es damit zum Hoflieferanten. Am 17. Juni 2018 jährt sich sein Todestag zum 130. Mal. 

Franz Johann Kwizda wurde am 2. April 1827 im böhmischen Leitomischl (Litomyšl) geboren. Er entstammte einer Familie, die zuvor lange Zeit in Lomnitz, Mähren, ansässig gewesen war. Sein Vater Johann Kwizda (1794–1826) stand als Grundbuchführer in gräflich Waldstein’schen Diensten. Die Mutter Katharina, geb. Matauschek, war die Tochter eines Leitomischler Braumeisters. Außer Franz Johann hatten die beiden noch zwei weitere Kinder: Marie sowie den späteren Steueramtskontrollor Georg Kwizda.

Kreisapotheker in Korneuburg

Über Kwizdas Werdegang ist wenig bekannt. Nach dem Besuch des Gymnasiums in Leitomischl soll er seine Praxisjahre in einer Iglauer Apotheke und Studien an der Universität Wien absolviert haben (dort ist er jedoch weder in der Matrikel noch in den Studienkatalogen nachweisbar). Seine Sponsion zum Magister der Pharmazie erfolgte im Dezember 1849 an der Universität Prag. Anschließend war Kwizda als Beamter in der k. k. Hofapotheke in Wien angestellt. Der Dienstort des Pferdeliebhabers befand sich damit in der Stallburg, in unmittelbarer Nähe zur Spanischen Hofreitschule. Wenige Jahre später ging Kwizda allerdings nach Korneuburg, wo er von Anton Wissgott 1853 die Kreisapotheke „Zum Adler“ kaufte. Das auf dem Hauptplatz gelegene Gebäude verfügte bereits über eine lang zurückreichende Geschichte. Für Kwizdas Frau Marie (gest. 20. März 1896), die er im November jenes Jahres heiratete, war dies ein vertrautes Metier: Sie war die Tochter des Apothekers Ignatz Gum aus Gloggnitz. In Korneuburg nahm Kwizda rasch die Erzeugung von Veterinärpräparaten auf und legte damit den Grundstein zu einem der ältesten derartigen Unternehmen Österreichs.

Das Korneuburger Viehpulver

Kwizdas Produktpalette lässt sich über seine Annoncen in den damaligen Zeitungen gut nachverfolgen. Am Beginn stand das nach dem Herkunftsort benannte Korneuburger Viehpulver, das als Nähr- und Heilmittel für Hornvieh, Pferde und Schafe sehr bekannt wurde und Kwizda Medaillen von Tierschutzvereinen in Wien, München und Paris eintrug. Das vom „Kremser Wochenblatt“ bis zur „Kronstädter Zeitung“ und von Olmütz bis Pest beworbene Pulver versprach Abhilfe bei Lungenkrankheiten des Hornviehs, bei Blähungen, Koliken und anderen Leiden, es sollte die Milchqualität verbessern und Kälber besser gedeihen lassen. Constant von Wurzbach widmete seinem Zeitgenossen einen eigenen Eintrag im Biographischen Lexikon des Kaiserthums Oesterreich und nannte darin für dieses Arzneimittel im Kaiserstaat 1.400, für Preußen und Sachsen 800 Depots. Von 1857 bis 1861 seien davon 3.560.000 Pakete zu einem Dreiviertel Wiener Pfund abgesetzt worden. Lapidar vermerkt Wurzbach: „Solche Zahlen sprechen.“

Kwizdas Erfolgs-Rezept: das „Restitutions-Fluid“ für Pferde

Ab 1862 taucht in den Anzeigen ein neues Produkt auf: ein Einreibe- und Frottiermittel für Pferde mit dem Namen „Kwizdaʼs Restitutions-Fluid“. Das bis heute erzeugte Präparat, auf das Kwizda 1863 ein ausschließliches Privilegium erhielt, fand in der Folge selbst in Hof- und Militärstallungen Eingang und wurde auch außerhalb der Monarchie vertrieben. In der Spanischen Hofreitschule ist es noch heute in Gebrauch. Das vielfach prämierte Fluid dient laut Beipackzettel „zur Kräftigung und Belebung, besonders vor und nach großen Strapazen“. Es soll Pferde zu hervorragender Arbeit im täglichen Training und beim Wettkampf sowie zu großen Arbeitsleistungen in Zug und Trab befähigen. In den damaligen Zeitungen ließ Kwizda Dank- und Anerkennungsschreiben aus aller Herren Länder abdrucken: etwa den Bericht eines Obersten der kaiserlich ottomanischen Armee, der das von einem Ritt in der Wüste verletzt zurückgekehrte Lieblingspferd des Imams mittels viertägiger Anwendung des Fluids vollkommen heilen konnte. Auf die Gefahr, dass „Mancher hierüber einen guten oder schlechten Witz machen“ wird, berichtete 1877 ein Pfarrer aus Mähren, dass er das Mittel an sich selbst ausprobiert und damit seine Rückenschmerzen kuriert habe. Die über Jahrzehnte geführte Werbekampagne Kwizdas wird später von seinem Sohn Julius fortgeführt und reißt erst 1916 ab.

Daneben entstand eine Reihe weiterer Veterinärerzeugnisse, darunter Kraftfutter, Kolik- und Wurmpillen, Blütenharz gegen Unfruchtbarkeit, Räudeöl für Hunde, Hufsalbe und -kitt, Sattelseife, Tränkeimer und Futtersäcke. Menschlichen Patienten sollte ein Gichtfluid Linderung bringen, und ab etwa 1897 gab es das Touristen-Fluid „Marke Schlange“, speziell für Wanderer und Radfahrer – ein Sport, der erst vor kurzer Zeit populär geworden war.

Den Titel eines k. k. Hoflieferanten erhielt Kwizda 1877. 1885 wurde er außerdem königlich rumänischer Hoflieferant. Später folgte noch der Titel eines bulgarischen Hoflieferanten, den Sohn Julius 1897 für das Unternehmen erwarb.

Bürgermeister von Korneuburg

Kwizda gehörte in Korneuburg auch der Gemeindevertretung an. 1873 wurde er einstimmig zum Bürgermeister gewählt und hatte dieses Amt bis 1886 inne. Während seiner Dienstzeit erfolgte der Bau eines Krankenhauses, einer Kinderbewahr- und Erziehungsanstalt und einer Kaserne. Auf eigene Kosten ließ er außerdem ein Militärspital für das Eisenbahn- und Telegraphen-Regiment errichten (Kronprinz-Rudolf-Truppenspital, 1885). Im Zuge des Okkupationsfeldzugs Österreich-Ungarns in Bosnien und der Herzegowina 1878 hatte er durchgesetzt, dass die Stadt 20 verwundete Soldaten aufnahm.

In Anerkennung seines „fortgesetzten patriotischen Wirkens“ wurde Kwizda 1885 mit dem Ehrenwort „Edler“ und dem Prädikat „Hochstern“ in den Adelsstand erhoben. Dem war 1882 die Verleihung des Ritterkreuzes des Franz Joseph-Ordens vorausgegangen. Kwizda war überdies Ehrenbürger von Korneuburg (1886), Groß-Enzersdorf, Marchegg und Wolkersdorf. Sein Bild hing in Korneuburg im Großen Sitzungssaal, wurde jedoch 1945 zerstört.

Auf Kwizda ging weiters die 1887 gegründete „Franz Johann Kwizda’sche Krankenstiftung“ zurück, aus deren Mitteln jährlich zwei Korneuburger Bürger unterstützt werden sollten, die durch Krankheit arbeitsunfähig geworden und verarmt waren. In Korneuburg besaß der Pferdeliebhaber und bis ins Alter ausgezeichnete Reiter zudem eine eigene Reitschule. Unter seinen Pferden waren vor allem Araber und Lipizzaner.

Franz Johann Kwizda starb am 17. Juni 1888 in Korneuburg. Nach seinem Tod war die Witwe Marie Besitzerin der Apotheke, die Sohn Julius, ebenfalls Mag. pharm. sowie diplomierter Tierarzt (geb. 13. Juni 1857; gest. 3. Jänner 1924), weiterführte. Das Sortiment wuchs kontinuierlich an. Julius’ Bruder Franz (geb. 27. März 1856; gest. 27. Jänner 1892), Jurist und Beamter der Staatseisenbahndirektion, war von 1886 bis 1892 Gesellschafter.

Kwizda war inzwischen ein Begriff geworden: Als Hans Heger 1896 die Kreis-Apotheke in Korneuburg in seine „Apothekenbilder von Nah und Fern“ aufnahm, tat er dies im Hinblick darauf, dass sie zu den ältesten Apotheken Österreichs zähle und den Namen des „im grossen Publicum wohl bekanntesten österreichischen Apothekers“ trage.

 


 

Literatur: Militär-Zeitung, 19. 6. 1888; Apothekenbilder von Nah und Fern, ed. H. Heger, 1896, S. 31ff.; A. Starzer, Geschichte der landesfürstlichen Stadt Korneuburg, 1899 (Faksimiledruck 1991), s. Reg.; Jubiläums-Festnummer der kaiserlichen Wiener Zeitung […], 8. 8. 1903, S. 37 (mit Bild); oebl; Wurzbach; Über 100 Jahre Kwizda, 1960 (mit Bild); Kwizda seit 1853, 1975 (mit Bild); K. Ryslavy, Materialien zur Geschichte der Apotheken und Apotheker Niederösterreichs, 1991, S. 237ff.; Österreichisches Staatsarchiv / Allgemeines Verwaltungsarchiv, Wien; Pfarre Litomyšl, Tschechien.

(Eva Offenthaler)

 

Wir danken Mag. Dr. Ulrike Denk MAS und HR Mag. Thomas Maisel MAS vom Archiv der Universität Wien für Auskünfte und die Erlaubnis, die Lithographie F. J. Kwizdas zu fotografieren.