Waidhofen a. d. Ybbs, Karte

Text: Simon Hadler

Im 5e-Museum im Rothschildschloss in Waidhofen a. d. Ybbs befindet sich das Stadt- oder Dreiplagenbild. Während der obere Teil ein biblisches Motiv interpretiert, sind darunter neben Schwärmen von Heuschrecken und Bergfinken auch Szenen aus dem September 1532 abgebildet. Damals wurden vor Waidhofen lagernde osmanische Reitertruppen von den Einwohnern der Stadt vertrieben. Das Bild dürfte Mitte des 16. Jahrhunderts entstanden sein und ist damit die älteste topographische Abbildung Waidhofens.

Die Akindschi bei Waidhofen im Jahr 1532

Die Akindschi bei Waidhofen im Jahr 1532

Das Eindringen der Akindschi – unbesoldete osmanische Reitertruppen, die ihren Unterhalt aus dem Erbeuteten bestritten – in das Ybbstal stellt eines der drei als Plagen bezeichneten Ereignisse auf dem Gemälde dar. Damit wird zeitlich auf das Jahr 1532 verwiesen, als zwischen 8. und 10. September mehrmals feindliche Truppen in der Nähe Waidhofens lagerten. Den Einwohnern gelang es durch wiederholte Ausfälle, die Akindschi zu vertreiben und einiges an Beute, vor allem Pferde, zu erobern. Mit dem Erlös leistete sich die Stadt unter anderem den Ausbau ihres Stadtturms. Auf der anderen Seite bewirkten die Ausfälle, dass angeblich fast 500 Gefangene von den Osmanen ermordet wurden, während es kaum Opfer bei den kämpfenden Parteien gab.

Geschichte und Beschreibung des Plagenbildes

Weder der genaue Zeitpunkt der Entstehung noch der Name des Künstlers sind bekannt. Der Historiker Wolfgang Hilger vermutet, dass das Bild anlässlich des 20. Jahrestages im Jahr 1552 entstanden sein könnte. Es ist damit deutlich jünger als das bekanntere Landplagenbild an der Außenwand des Grazer Doms. Auftraggeber könnte Erhard Wild gewesen sein, welcher zur Zeit des Konflikts mit den Akindschi Stadtrichter war. Denn einige Details entsprechen jenem Bericht (Richter 1983: 9–12), den der Waidhofner Rat an den Fürstbischof Philipp von Freising gesandt hat und der die wichtigste Quelle zu den Ereignissen darstellt. Hilger zieht auch die Möglichkeit in Betracht, dass das Bild nicht von einem einzelnen Künstler gefertigt wurde, sondern – aufgrund unterschiedlicher Stile – von zwei. (Hilger 2005: 239–241)

Bei dem Plagenbild in Waidhofen handelt es sich um ein 131×204 cm großes Ölgemälde auf Holz in einem Goldprofilrahmen. Der obere und weit größere Teil zeigt das Motiv der Auferweckung des Jünglings von Nain (Lukas 7,11-17). Darauf abgebildet ist ein langer Trauerzug, der eine streng hierarchische soziale Abfolge wiedergibt, angefangen mit den kirchlichen Würdenträgern vom Papst bis zu Weltgeistlichen, gefolgt von der profanen Gesellschaft, angeführt vom Kaiser, bis zu den Bauern und Frauen.

Der untere Teil des Gemäldes zeigt auf der linken Seite osmanische Reiter, die auf die Stadt zureiten und Gefangene mitführen. Unter den Hufen der Pferde sieht man Teile menschlicher Körper. Die Stadt, auf die sie zureiten, lässt sich anhand einer ganzen Reihe topographischer Merkmale eindeutig als Waidhofen identifizieren. So ist etwa der Stadtturm erkennbar, und zwar in jener Form, in der er 1542 fertiggestellt worden war. Die detailgenaue Darstellung der Stadt macht das Plagenbild zur ältesten topographischen Abbildung Waidhofens. Bei den anderen beiden Plagen handelt es sich um die der Heuschrecken und der Bergfinken, Nigowitze genannt. Das massenhafte Auftreten dieser Tiere kam durchaus gelegentlich in Europa vor, in Waidhofen dürften die Finken zuletzt 1533/34 und die Heuschrecken im Jahr 1543 aufgetaucht sein. (Stadtarchiv Waidhofen: Plagenbild Transkription) Der landschaftliche Hintergrund auf der rechten Seite lässt sich nicht mehr eindeutig zuordnen. Möglicherweise handelt es sich um eine weitere Ansicht Waidhofens, während die beiden abgebildeten Festungen wohl nicht – wie manchmal angenommen – die bereits 1360 zerstörte Burg Konradsheim zeigen. (Hilger 2005: 234f)

Literatur

Literatur

Hilger, Wolfgang (2005): Das Stadtplagenbild im Heimatmuseum von Waidhofen an der Ybbs. In: 100 Jahre Musealverein Waidhofen/Ybbs. 1905 – 2005. Waidhofen a. d. Ybbs. S. 224–244.

Richter, Friedrich (1983): Die Akindschi vor Waidhofen a. d. Ybbs. In: Waidhofner Heimatblätter. Hrsg. vom Musealverein Waidhofen an der Ybbs und Umgebung. 9. Jg. S. 1–12.

Stadtarchiv Waidhofen: Plagenbild Transkription. Text auf Pergament, das auf Holz aufgezogen ist, etwa Mitte des 16. Jahrhunderts.