Stadtmuseum, Murau, Karte
Text: Marion Gollner
An der Giebelfront eines alten Bauernhauses in Althofen befanden sich einst zwei auf Holz gemalte ‚Türkenfiguren‘, die vermutlich im ausgehenden 18. Jahrhundert angefertigt wurden und Böses vom Haus fernhalten sollten. Anderen Quellen zufolge könnten die Figuren aber auch mit einem zum Katholizismus konvertierten Osmanen in Zusammenhang stehen, der angeblich dort lebte. Heute sind die Originale im Murauer Stadtmuseum zu sehen.
Überlebensgroße Figuren mit Turban und Säbel
Die beiden bunt bemalten ‚Türkenfiguren‘ mit einer Höhe von 2,20 Metern, die aus Holzbrettern gesägt wurden, waren ursprünglich an der Giebelwand des alten Bauernhauses vulgo Mang (Nr. 1) in Althofen angebracht. Neben den zwei Silhouettenschnitten befand sich dort auch ein Holzbalken, der die Inschrift „P.H.M.H.St.H. MDCCLXXXXII“ (zit. nach Pferschy 1986: 400) trug. Die Initialen vor der Jahreszahl 1792 dürften sich auf den damaligen Besitzer des Hauses Plasius (bzw. Plaß) Hartleb vulgo Mang und dessen Frau Maria (Mädchenname Perschlin) beziehen, die im Jahr 1791 heirateten. Der Lokalhistoriker und einstige Dechant von Schöder Franz Hutter (1874–1959) erinnert sich in einem Schreiben vom 10. November 1953, das sich heute im Besitz des Stadtmuseums Murau befindet, noch daran, wie er „zwei grimmige, auf Holz gemalte Türken mit Turban u. Säbel“ um das Jahr 1930 an der Giebelfront des besagten Hauses sah. Heute befinden sich dort nur noch Kopien, die Originale sind – wie bereits erwähnt – im Stadtmuseum Murau untergebracht.
Ein getaufter ‚Türke‘ in Althofen
Ein getaufter ‚Türke‘ in Althofen
Die Aufzeichnungen Hutters liefern auch mögliche Anhaltspunkte für die Entstehungsgeschichte der beiden Holzdarstellungen, die auch unter der Bezeichnung „Dachgiebel(feld)türken“ (u.a. Pferschy 1986: 400) bekannt sind und – wie der Inschriftenbalken vermuten lässt – ebenfalls aus dem späten 18. Jahrhundert stammen dürften. Hutter zufolge war es aber nicht der „Zug der Türken von Schöder gegen St. Peter“ im Jahr 1480, bei dem vermutlich auch das Haus der Familie Mang, das damals als Amtshaus der Herrschaft Katsch diente, geplündert wurde, sondern ein in dem Haus wohnender ‚Türke‘, der die Anbringung der Holzfiguren veranlasst haben dürfte. Zur Untermauerung dieser These führt Hutter Matriken der Pfarre St. Peter am Kammersberg an, die von einem „Turka“ berichten, der am 16. Juli 1688 getauft wurde und infolge dessen den Namen „Johannes Wildoner“ erhielt. Ein gewisser Franz Gottfried, Freiherr von Schranzenegg auf Schloss Lind und Feistritz, der als Pate des Getauften aufscheint, könnte diesen nach der erfolglosen Belagerung Wiens 1683 beim Rückzug der Osmanen im steirischen Wildon aufgegriffen und in seine Heimat mitgebracht haben. Dort sei er schließlich getauft worden und – glaubt man der Theorie Hutters – u.a. als Mesner der Michaeli-Bruderschaft von St. Peter tätig gewesen. Derartige ‚Türkentaufen‘ waren zu dieser Zeit keine Seltenheit. Allein in Wien waren es den Recherchen Karl Teplys zufolge an die 650 Osmanen, die zwischen 1683 und 1699 zum Christentum konvertierten bzw. zwangsgetauft wurden (vgl. Teply 1973: 64).
Falls sich die Balkeninschrift „1792“ allerdings nicht auf die beiden ‚Türkenfiguren‘ beziehen sollte, was Hutter jedoch für sehr unwahrscheinlich hält, so „müsste die Entstehung derselben aus der Malweise der Bilder bzw. der Originale bestimmt werden“, wie er abschließend hinzufügt.
Abschreckende Wirkung
Abschreckende Wirkung
Im Katalog zur Landesausstellung „Die Steiermark – Brücke und Bollwerk“ aus dem Jahr 1986 wird den ‚Türkenfiguren‘ von Althofen eine apotropäische Funktion zugeschrieben. Damit ist gemeint, dass derartige Trutz- bzw. Schreckensfiguren – wie sie in Bauernhäusern des Alpenvorlandes weit verbreitet waren – Haus und Hof vor Unheil und dem Bösen schützen sollten (vgl. Pferschy 1986: 400).
Literatur
Literatur
Institut für österreichische Kunstforschung des Bundesdenkmalamtes (Hg.) (1973): Die Kunstdenkmäler des Gerichtsbezirkes Oberwölz. Band 39. Wien.
Institut für österreichische Kunstforschung des Bundesdenkmalamtes (Hg.) (1964): Die Kunstdenkmäler des Gerichtsbezirkes Murau. Band 35. Wien.
Hutter, Franz (10.11.1953): Türkenbilder bei vlg. Mang in Althofen. Trofaiach (Schriftstück im Besitz des Stadtmuseums Murau).
Pferschy, Gerhard (Hg.) (1986): Die Steiermark, Brücke und Bollwerk : Katalog der Landesausstellung auf Schloss Herberstein bei Stubenberg, 3. Mai bis 26. Oktober 1986. Graz.
Teply, Karl (1973): Türkentaufen in Wien während des Großen Türkenkrieges 1683-1699. Wesen und Bedeutung der Türkentaufen. In: Jahrbuch des Vereins für Geschichte der Stadt Wien. Wien, 57–87 (Online-Version).