Türkenstraße , Karte
Text: Irmgard Nöbauer
In Wien erinnert eine große Zahl an Straßenbezeichnungen an die beiden Belagerungen durch osmanische Heere in den Jahren 1529 und 1683. In den meisten Fällen erfolgte die Benennung in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts. Auch die Türkenstraße, die es seit 1862 gibt, stellt keine Ausnahme dar.
Die Türkenstraße und die Geschichte ihrer Benennung
Die Türkenstraße und die Geschichte ihrer Benennung
Die Türkenstraße, eine Seitengasse der Währingerstraße im neunten Wiener Gemeindebezirk, der 1850 Wien eingemeindet wurde, erhielt ihren Namen im Jahr 1862 in Erinnerung an die beiden Türkenbelagerungen. Die Straße war zuvor ein Fahrweg auf dem noch unverbauten Glacis, ehe 1858 mit der Demolierung der Stadtmauer begonnen wurde. Bis 1956 gab es auch in Stammersdorf (21. Bezirk) eine Türkenstraße, heute heißt sie Schuchardstraße.
Die Türkenstraße ist ein Beispiel für zahlreiche Bezeichnungen von Verkehrsflächen in Wien, deren Namensgebung den Türkenkriegen geschuldet ist. Damit reihen sie sich in die Vielzahl von Wiener Straßenbenennungen ein, die im Zusammenhang mit Kriegsgeschehen stehen. Im Zuge der Eingemeindung der Vorstädte Wiens in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts wurden zahlreiche Verkehrsflächen neu benannt bzw. umbenannt, um dieselben Straßenbezeichnungen zu vermeiden. Häufig griff man dabei auch auf Personen und Ereignisse im Kontext der beiden Türkenbelagerungen zurück, was deren Präsenz im kollektiven Bewusstsein im 19. Jahrhundert widerspiegelt.
Weitere an die Türkenkriege erinnernde Verkehrsflächen
Stellvertretend für zahlreiche weitere an die Türkenkriege erinnernde Wiener Verkehrsflächen seien genannt:
- An Schlachtorte erinnernd: Belgradplatz in Wien 10 (zur Erinnerung an die zweimalige Eroberung Belgrads durch österreichische Truppen, im Jahr 1900 so benannt)
- An Politiker erinnernd: neben der Liebenberggasse in Wien 1, der Kolonitzgasse und Salmgasse in Wien 3 sowie der Graf-Starhemberggasse in Wien 4 ein Beispiel für eine im öffentlichen Bewusstsein weniger präsente Persönlichkeit: Fockygasse in Wien 12 (nach dem Wiener Bürgermeister Daniel Fockhy (1626–1695), der Bürgermeister Liebenberg nach dessen Erkrankung bis zu dessen Tod Ende 1683 vertrat; in unrichtiger Schreibweise im Jahr 1875 so benannt)
- Zahlreiche Verkehrsflächen erinnern an Militärs sämtlicher Ränge, vom Oberbefehlshaber des Entsatzheeres und in Polen als „Retter von Wien“ bezeichneten Jan Sobieski (Sobieskigasse in Wien 9) bis hin zur Greiseneckergasse in Wien 20 (nach dem Hauptmann Hans Greisenecker in der ersten Türkenbelagerung, 1900 so benannt); einige gehörten auch dem Entsatzheer von 1683 an. Als weitere Beispiele wären zu nennen: Max-Emanuel-Straße in Wien 18 (nach dem bayrischen Kurfürsten Maximilian II. Emanuel (1662–1726), der die bayrischen Kontingente des Entsatzheeres in der Schlacht am Kahlenberg befehligte, 1910 so benannt), Heistergasse in Wien 20 (nach dem Feldmarschall Graf Sigbert Heister (1646–1718), der 1683 am Entsatz Wiens teilnahm, 1876 so benannt)
- An Geistliche erinnernd: Schadinagasse in Wien 17 (nach dem Geistlichen Johann Baptist Schadina, Pfarrer von Dornbach (1683–1688), der sich Verdienste um den Wiederaufbau der Kirche nach der zweiten Türkenbelagerung erworben hatte, 1894 so benannt)
- an weitere Personen im Kontext der Türkenkriege erinnernd: Meldemannstraße in Wien 20 (nach dem Drucker und Verleger Nikolaus Meldemann (verstorben 1552), der für seinen Rundplan mit einer authentischen Darstellung Wiens zur Zeit der ersten Türkenbelagerung bekannt ist, 1899 so benannt); sowie Wolmutstraße in Wien 2 (nach Bonifaz Wolmuet (um 1505–1579) im Jahr 1899 so benannt; dieser hatte nach der ersten Türkenbelagerung großen Anteil am Wiederaufbau der Vorstädte und erstellte 1547 ebenfalls einen Grundrissplan von Wien, der die Stadt innerhalb der mittelalterlichen Ringmauer sowie die direkte Umgebung zeigt)
- An Begleitumstände erinnernd: Zeltgasse, nach dem angeblichen Zeltlagerplatz des Großwesirs Kara Mustafa Pascha während der zweiten Türkenbelagerung im Jahr 1683, 1862 so benannt; die Zelte befanden sich jedoch auf der Schmelz im 15. Wiener Gemeindebezirk.
Literatur
Literatur
Autengruber, Peter (2012): Lexikon der Wiener Straßennamen. Bedeutung. Herkunft. Frühere Bezeichnungen. Wien.