Klosterneuburg , Karte
Text: Simon Hadler
Dort, wo sich heute der Tutzsteig befindet, ereigneten sich am 8. September 1683 die letzten Kämpfe um Klosterneuburg, bevor mit dem Entsatz von Wien vier Tage später auch hier die Gefahr osmanischer Angriffe gebannt war. Zur Erinnerung an dieses Scharmützel und an die Verteidigung der Stadt im Allgemeinen erinnern zwei Gedenktafeln, welche vom lokalen Verschönerungsverein in den Jahren 1952 und 1983 errichtet wurden.
Die Verteidigung Klosterneuburgs 1683
Im Zuge der Zweiten Wiener Türkenbelagerung war die Lage Klosterneuburgs für beide Seiten von strategischer Bedeutung. Denn schließlich sollte der Weg der Entsatztruppen hier vorbei in Richtung Kahlenberg führen, von wo aus die verbündeten Armeen am 12. September 1683 in die Schlacht zogen. Nicht zuletzt aus diesem Grund war Klosterneuburg auch einer Reihe von Angriffen osmanischer Truppen ausgesetzt. Während die umliegenden Siedlungen und die Untere Stadt große Schäden erlitten, konnte die Obere Stadt und das Kloster verteidigt werden.
Dies lag – erstens – an der großzügigen Festungsanlage, zweitens an der provisorischen militärischen Organisation unter Laienbruder Marzellin Ortner (1629–1692) und dem stiftlichen Rentmeister Bartholomäus Widmann (gest. 1683), drittens schließlich verdankte sich der Erfolg auch den bald gesandten militärischen Verstärkungen. Zu diesen letzteren zählte auch Oberst Donat Johann Heißler, Graf von Heitersheim (gest. 1696) (Janko 1880: 671f), der rund um Klosterneuburg mit seinem Dragonerregiment mehrmals osmanische Truppen schlagen konnte. Zu den im zeitgenössischen Bericht des Kupferstechers Johann Martin Lerch geschilderten Erfolgen zählte beispielsweise die Eroberung von 248 Kamelen oder auch die letzte militärische Auseinandersetzung um die Stadt am 8. September:
Den 8. dito, traffe offt-gedachter tapfferer Herr Obriste abermahlen auff die Türcken im Schiffer-Garten / der Feind waren 4 biß in 5000 der unsrigen aber nur 300 commandirte Soldaten / jedoch wurden zimlich vil der Feind erlegt / und die übrige in die Flucht gejagt. (Lerch 1684: 12)
Die erste Gedenktafel
In einem Artikel in den Klosterneuburger Nachrichten schreibt der Verfasser, die Stadt besäße nur eine geringe Zahl historischer Bauten; es sei umso wichtiger, „die Jugend mit den jetzt noch vorhandenen Zeugen von vergangener Pracht und Herrlichkeit inniger vertraut zu machen.“ (Klosterneuburger Nachrichten 7.6.1952: 3) Dieser Aufgabe nahm sich der örtliche Verschönerungsverein an. Er wählte dafür den Tutzsteig, welcher seit dem 18. Jahrhundert jenen Teil der Festungsanlage durchbricht, den Oberst Donat Heißler am 8. September 1683 verteidigte. Am 8. Juni 1952 wurde mit einer feierlichen Zeremonie eine an die alten Wehrmauern montierte Gedenktafel mit folgendem Text enthüllt:
TEIL DER IM 13. JHRHDT.
ERRICHTETEN STADTMAUER
HIER SCHLUG OBERST
DONAT HEISSLER
IM JAHRE 1683 EINEN
TÜRKENSTURM AB
VERSCHÖNERUNGSVEREIN MCMLII
Die kleine Feier wurde mit einer Rede des Vereinsobmannes Otto Böhm (1890–1960) eröffnet, der die historischen Begebenheiten an diesem Ort schilderte. Ihm folgte der Ortsvorsteher Laurenz Strebl (1892–1993) mit einer Würdigung der Tätigkeiten des Verschönerungsvereins. (Klosterneuburger Nachrichten 14.6.1952: 2) Auch die baldige Errichtung einer Sitzbank – „die den Passanten vor den (sic!) steilen Tutzsteig noch zu einer besinnlichen Rast einladen soll“ (Klosterneuburger Nachrichten 7.6.1952: 3) – wurde in Aussicht gestellt. Sie befindet sich heute direkt unter der Gedenktafel und wird „Heißlerbank“ (Wellner 1983: II) genannt, auch wenn sich darauf nur die Jahreszahl 1952 und die Initialen des Verschönerungsvereins befinden.
Seit 1980 teilt sie sich den Nischenplatz mit einer zweiten Sitzgelegenheit, der „Lebsaft-Ortnerbank“. Deren Lehne zeigt in der Mitte das Stiftswappen, links und rechts davon die Namen und Lebensdaten des Priesters Wilhelm Lebsaft (1657–1683) und von Marzellin Ortner – der beiden einzigen im Kloster verbliebenen Stiftsangehörigen – und darunter den Schriftzug „Verschönerungsverein Klosterneuburg“ mit der Jahreszahl der Enthüllung.
Die zweite Gedenktafel
Im Jahr 1983 jährte sich die Zweite Wiener Türkenbelagerung das 300. Mal. Auch Klosterneuburg beging dieses Jubiläum mit Festveranstaltungen und Ausstellungen. Der Verschönerungsverein nahm das Gedenkjahr zum Anlass, zuerst die Reste der Stadtmauer beim Tutzsteig renovieren zu lassen (1980) und dann dort, nur wenige Meter von der ersten Erinnerungstafel entfernt, eine weitere zu errichten. Die in den Klosterneuburger Nachrichten abgedruckte Begründung klingt angesichts der in unmittelbarer Nähe bereits bestehenden Tafel daher reichlich seltsam: „Da Klosterneuburg kein Denkmal besitzt, das in unmittelbarem Zusammenhang mit den damaligen Kampfhandlungen steht, kommt diesem Teil der Stadtmauer besondere Bedeutung zu.“ (Klosterneuburger Nachrichten 11.3.1983: 1)
Auch die neue Tafel hat ihren Platz an der ehemaligen Festungsmauer. Sie ist der Pater-Abel-Straße zugewandt, vor ihr wurden Blumenbeete angelegt und ein paar Meter darunter eine Nische mit Tischen und Bänken unter einem Ahornbaum errichtet. Der Klosterneuburger Bildhauer Karl Seelos zeichnete für die Ausführung der aus Kalkstein hergestellten Gedenktafel verantwortlich. Sie zeigt ein Relief, welches ein Türkenzelt, einen Säbel und drei Kanonenkugeln darstellt, dazu die Aufschrift „Türkenjahr 1683 1983“, darunter ist zu lesen:
ZUR ERINNERUNG
AN DIE HELDENHAFTE ABWEHR
DES TÜRKENSTURMES
VERSCHÖNERUNGSVEREIN
Literatur
Literatur
Lerch, Johann Martin (1684): Warhaffter Bericht / Was sich Zeit-wehrend – Türckischer Belägerung der Kayserlichen Haupt-und Residenz-Stadt Wienn / Anno 1683. in und bey dem zwey Meilen davon gelegenen Fürstl. S. LEOPOLDI Stifft Closterneuburg / Biß zu Ende gemeldter Belägerung / Merckwürdiges zugetragen / und wie selbiges / durch die Gnade Gottes / erhalten worden. Wien.
Janko, Wilhelm Edler von (1880): Heißler, Donat Johann. In: Allgemeine Deutsche Biographie Bd. 11. 671f.
Klosterneuburger Nachrichten (7.6.1952): Enthüllung einer Gedenktafel. 3.
Klosterneuburger Nachrichten (14.6.1952): Enthüllung einer Gedenktafel. 2.
Klosterneuburger Nachrichten (11.3.1983): Der Verschönerungsverein berichtet: Stadtmauer am Tutzsteig restauriert (Türkensturm 1683). 1f.
Wellner, Elisabeth (1983): Türkisches in unserem Alltag. In: Amtsblatt der Stadtgemeinde Klosterneuburg. Nr. 6. Kulturbeilage. I–IV.