Als Herausgeber der antisemitischen „Deutschen Zeitung“ und als Wiener Gemeinde- und Stadtrat von 1896 bis 1901 war Theodor Wähner gleichzeitig eine der einflussreichsten und von seinen Gegnern bestgehassten Persönlichkeiten der Stadt Wien um 1900. Dennoch sind seine Herkunft und sein Lebensweg sowohl den Zeitgenossen als auch der historischen Literatur weitestgehend unbekannt geblieben. Eine Spurensuche, die auch Wähners engere Verwandtschaft mit einbezog, spürte zunächst Wurzeln in Nordböhmen und im niederösterreichischen Waldviertel auf, bevor der (noch kindliche) Lebensweg zunächst nach Wien und dann nach Salzburg führte. Es folgte ein abgeschlossenes Physikstudium in Wien, Anstellungen im Versicherungsbereich, die ihn kurze Zeit bis nach Bukarest führten. Anschließend startete im Laufe des Jahres 1894 die steile politische Karriere des bis dahin in der Öffentlichkeit nahezu Unbekannten.

Das Vorhaben will vor allem Wähners Lebenslauf bis zu diesem Zeitpunkt beleuchten. Es rekonstruiert familiäre und überfamiliäre Netzwerke, verfolgt Karrieren kleiner Staatsbeamter, die vorübergehend in existenzbedrohende Konflikte mit ihren Vorgesetzten gerieten, findet bildungsbürgerliches Bemühen und streift frühe Ansätze der wissenschaftlichen Archäologie in Österreich. Es verfolgt die Sozialisierung eines aus der „Provinz“ stammenden Studenten in Wien und gewinnt dadurch Einsichten in den vielfach beengten Lebensraum und die beschränkten Karriereaussichten des studentischen und wissenschaftlichen „Proletariats“. Zudem eröffnen sich Einsichten in die Rezeption (radikaler) weltanschaulich-politischer Ideen und der Aufnahme und – aktiven – Pflege zeitgenössischer Literatur, Musik und Kunst. Insgesamt könnte das Vorhaben damit auch einige dunkle Seiten des Wiener Fin de siècle beleuchten.