Die Beschäftigung mit Musik, die im Zusammenhang des Ersten Weltkriegs komponiert wurde, stellt einen bislang wenig berücksichtigten Bereich der wissenschaftlichen Erforschung der „Urkatastrophe des 20. Jahrhunderts“ dar. Diese Vernachlässigung ist mehrfach frappant: erstens wegen der Fülle des auf uns gekommenen Materials, zweitens aufgrund der historischen Aussagekraft dieses Materials. Bedeutung gewinnen Fallstudien über musikalische Weltkriegs-Artefakte jedoch besonders aufgrund ihrer Eignung, als Exempel zu dienen, wie Musik Wahrnehmungskonventionen, Weltbilder entstehen lässt und immer wieder re-präsentiert, intensivierend „wieder präsent macht“. Wegen der Intensität dieses spezifischen Diskurses gibt eine wissenschaftliche Annäherung an Musik des Ersten Weltriegs exemplarische Aufschlüsse über allgemeine Prozesse von Bewusstseins- und Vorstellungsbildung, die über das Artifiziell-Klangliche vollzogen werden, die sich ansonsten, weil auf „alltäglichere“ Phänomene bezogen, weniger anschaulich analysieren lassen als in Artefakten des Ersten Weltkriegs.

Von diesen Prämissen ausgehend, wird im Zuge des Projekts Musik der Jahre 1914–1918, aber auch der unmittelbaren, mit den Phänomenen des Krieges in Zusammenhang stehenden Jahre nach 1918 unter drei kategorialen Gesichtspunkten untersucht: Propaganda und nationale/dynastische Repräsentationsfunktionen (mit einem Fokus auf die musikalische und musiktheatralische Propagierung des Hauses Habsburg), Metaphorisierung und Darstellung des Kriegs, schließlich auch memoriale Einschreibungen. Dabei gilt insbesonders die Frage zu beantworten, ob von einem „Einbruch des Krieges in die künstlerische Form“  (Honold 2014: 448ff) zu sprechen ist oder vielmehr von einer Semantisierung, einer Sinngebung diverser Stile und Gattungsparadigmen durch den Krieg. Geleitet werden die Forschungen zudem vom ausdrücklichen Bemühen um eine größtmögliche europäische Komparatistik.

Projektleitung und Kontakt

Dr. Stefan Schmidl


Laufzeit

2013–2015


Finanzierung