FWF I 5884-G Weave-Project
Laufzeit: 2022-2025
 

Das erweiterte ABC der Buchkunst


Verständnis und Interpretation von Archivgut, Codices und Inkunabeln hängen nicht nur von deren Inhalt, sondern ebenso von deren materieller Geschichte ab. Nur gesicherte Daten ermöglichen es, Provenienz- und Sammlungsgeschichte(n) zu belegen und Entwicklungslinien nachzuzeichnen. Eine bis dato in der Katalogisierung von Handschriften eher wenig beachtete historische Quelle stellen die (für den Schutz der Codices) nötigen Bucheinbände dar, deren kunstvoller Gestaltung im Mittelalter seitens eigens ausgebildeter Handwerker große Aufmerksamkeit gewidmet wurde.

Gegenstand dieses Heritage Science Projekts sind die Bucheinbände von Codices und Inkunabeln aus Bibliothek und Archiv des Stiftes Klosterneuburg, der zweitgrößten, noch in situ erhaltenen Klostersammlung mittelalterlicher Buchbestände in Österreich. Im Zuge der Untersuchungen werden die mittelalterlichen Bucheinbände erstmals systematisch beschrieben, wobei den Materialien und Bindetechniken besondere Aufmerksamkeit gewidmet wird. Auch die Spuren von Reparaturen, für die selbst in späteren Jahrhunderten ähnliche Materialien, Methoden und Werkzeuge verwendet wurden, werden detailliert erfasst (Viviana Nicoletti). Unterstützend werden sämtliche Motive der zur Verzierung der Einbandleder verwendeten Stempelwerkzeuge erhoben. Diese geben Auskunft über Datierung und Herkunft der jeweiligen Bucheinbände. Die Motive werden der Einbandforschung mittels Einbanddatenbank zur Verfügung gestellt (Sarah Deichstetter und Maria Theisen).

 

Das Stiftsarchiv besitzt eine umfangreiche Sammlung von Rechnungsbüchern, die bis in die 1320er Jahre zurückreichen. Mit ihrer Hilfe kann die Buchproduktion auch unter wirtschaftlichen Gesichtspunkten betrachtet werden: Die Rechnungsbücher geben Einblick in wirtschaftliche und historische Entwicklungen der spätmittelalterlichen und frühneuzeitlichen Buchproduktion für die größte Klosterbibliothek im Wiener Raum (Sarah Deichstetter).

Die kodikologisch/historischen Forschungen bieten verlässliche Datierungsrahmen für die Kalibrierung eines External Reflectance (ER) Moduls des Bruker Alpha II Fourier-Transform Infrared (FTIR) Instruments und die multivariate statistische Analyse der Messungen, die Bestimmungen des Oxidations- bzw. Verfallsgrades von organischem Material ermöglichen. Ziel  ist es, das Potenzial der Infrarotspektroskopie für die zerstörungsfreie Datierung von schriftlichen Materialien, einschließlich ihrer Einbände, auch nicht verzierter oder nicht datierbarer Enbände, auszuloten. Dies soll belegen, dass die Verwendung von FTIR eine praktikable und kostengünstige Methode zur Datierung historischer Artefakte ist (Patrick Layton und Johannes Tintner-Olifiers, AK-Bild).

Nachlese

Internationaler Forschungspartner

Universität Ljubljana
Heritage Science Laboratory Ljubljana:
Matija Strlič (Projektentwicklung, Projektleitung)

National and University Library, Slovenia:
Nataša Golob
Jasna Malešič