Das Urkundenwesen Ottos IV. spiegelt die Machtverhältnisse während der Zeit des deutschen Thronstreits wider. Nach der Doppelwahl des Jahres 1198 und zu Lebzeiten seines Gegenkönigs, des Staufers Philipp von Schwaben (1198–1208) stellte Otto jährlich nur einige wenige Urkunden aus, deren Empfänger sich, wie seine Anhängerschaft zur Zeit seiner Wahl und Krönung, auf den Niederrhein, das Maasgebiet und die Region um Braunschweig im Herzogtum Sachsen konzentrierten. Der Schwerpunkt seiner Urkundentätigkeit setzte erst nach der Ermordung Philipps im Juni 1208 ein – am 4. Oktober 1209 erfolgte die Krönung Ottos IV. zum römisch-deutschen Kaiser – und erstreckte sich im Wesentlichen über die Jahre 1209 und 1210. Sinkt die Zahl der Urkundenausstellungen nach der Exkommunikation durch den Papst im November 1210 wieder, reduziert sie sich besonders nach der Wahl und Krönung Friedrichs II. zum römisch-deutschen König zu Endes des Jahres 1212 bis zu Ottos Tod im Mai 1218 wieder auf einzelne Urkunden pro Jahr.

Durch seine Mutter Mathilde, einer Tochter König Heinrichs II. von England, war Otto ein Neffe der englischen Könige Richard I. und Johann Ohneland aus der Dynastie der Plantagenet, die auch über die westlichen Teile Frankreichs herrschten. Massive politische und finanzielle Unterstützung durch Richard I. verhalf Otto schließlich zu seiner Wahl und Krönung im Jahr 1198. Nicht zuletzt die Verbindungen Ottos mit dem englischen und Philipps von Schwaben mit dem französischen König, sowie die Parteinahme des Papstes für Otto, verliehen dem deutschen Thronstreit eine gesamteuropäische Dimension. Auch innerhalb des Reiches versuchten beide Gegenspieler, ihre politische und militärische Position durch Bündnisse und Zugeständnisse zu stärken.