Die von dem italienischen Bibliophilen Giovanni Francesco de Rossi (1796–1854) in den Jahren 1838–1854 zusammengetragene Bibliothek umfaßt insgesamt 1203 Handschriften und ca. 2500 Inkunabeln. Sie wurde von seiner Witwe Luisa Carlotta von Bourbon den Jesuiten in Rom vermacht, war zwischenzeitlich in Wien aufgestellt (1877–1921), wurde anschließend wieder nach Rom verbracht und kann seither in den Räumlichkeiten der Biblioteca Apostolica Vaticana konsultiert werden.

Unter De Rossis Handschriften befinden sich auch 54 deutschsprachige, davon 41 spätmittelalterliche. Zu ihnen existieren bislang nur (unzureichende) handschriftliche Beschreibungen: 1902–1904 von Josef Oberhammer (innerhalb des sechsbändigen Inventars der Sammlung), 1910 von Clemens Biener (der von 33 Codices Beschreibungen für das Handschriftenarchiv der Preußischen Akademie der Wissenschaften angefertigt hat, vgl. http://www.bbaw.de/forschung/dtm/HSA/lainz.html). Vereinzelt wurden Handschriften auch aufgrund ihrer Ausstattung in gedruckten kunsthistorischen Katalogen berücksichtigt (1911 Hans Tietze, Beschreibendes Verzeichnis der illuminierten Handschriften in Österreich Bd. 5 [online]; 2014 Silvia Maddalo [Hrsg.], Catalogo dei Codici Miniati della BV: I manoscritti Rossiani)

Erst 2000–2003 hat der Salzburger Germanist Prof. Dr. Gerold Hayer mit einer modernen Ansprüchen genügenden Katalogisierung der deutschsprachigen Handschriften des Fondo Rossiano begonnen. Von ihm wurden seinerzeit 20 Beschreibungen angefertigt sowie während eines Forschungssemesters in Rom die kodikologischen Grunddaten für alle Handschriften erhoben. Aufgrund anderwärtiger Verpflichtungen konnte er seine Arbeiten leider nicht zum Abschluß bringen. Seine Materialien (neben Beschreibungen auch Mikrofilme) übergab er im Oktober 2015 der Abteilung für Schrift- und Buchwesen der Österreichischen Akademie der Wissenschaften, da dort vorübergehend Mittel für eine wissenschaftliche Mitarbeiterin bereitgestellt werden konnten (Dr. Regina Cermann).

Während der Katalogisierung haben sich hochinteressante Details herausgestellt, die den deutschsprachigen Bestand des Fondo Rossiano gleichermaßen für die Germanistik, Geschichte und Kunstgeschichte noch bedeutsamer machen: Bislang war über die Provenienz der von De Rossi erworbenen Bände so gut wie nichts bekannt, denn derselbe hat durch die systematische Neueinbindung seiner Handschriften wertvolle Provenienzhinweise zerstört. Durch akribisches Auswerten kleinster Indizien konnte jedoch neben dem Augustinerchorfrauenstift Inzigkofen (8 Codices) insbesondere das von Kaiser Friedrich III. 1469 gegründete Georgs-Ritterstift in Millstatt (10 Codices) als Herkunftsort ausfindig gemacht werden.