VISCOM ist ein Gemeinschaftsprojekt zwischen der Universität Wien (UniVie) und der Österreichischen Akademie der Wissenschaften (ÖAW). Die am Projekt beteiligten Institute sind das Institut für Mittelalterforschung (IMAFO), wo sich die Projektkoordination befindet, das Institut für Sozialanthropologie (ISA) und das Institut für Kultur- und Geistesgeschichte Asiens(IKGA) an der Akademie, sowie das Institut für Geschichte (IfG), das Institut für Osteuropäische Geschichte (IOG) und das Institut für Österreichische Geschichtsforschung (IÖG) an der Universität. Das Projekt wird aus Mitteln des Fonds zur Förderung der wissenschaftlichen Forschung (FWF) finanziert.
In der zweiten Phase des FWF Spezialforschungsbereichs VISCOM (Beginn der zweiten Phase: 1.3.2015) werden die Arbeiten unter der Leitung des Projektsprechers Walter Pohl für weitere vier Jahre fortgesetzt. Im SFB betreiben die Teams bestehend aus Sozialanthropologen/innen und Tibetologen/innen (Institut für Sozialanthropologie – Andre Gingrich, Institut für Kultur- und Geistesgeschichte Asiens – Birgit Kellner, beide Österreichische Akademie der Wissenschaften) und Historikern/innen für österreichische und für osteuropäische Geschichte (Christina Lutter und Oliver Schmitt, beide Universität Wien) vergleichende Studien zur Beziehung zwischen religiösen und politischen Gemeinschaftsvisionen (visions of community) im Verlauf des Mittelalters, die auf christliche, islamische und buddhistische Beispiele beruhen.
VISCOM erforscht die Wechselbeziehung zwischen Universalreligionen einerseits und den verschiedenen Arten von Gemeinschaft andererseits – seien diese lokal, bürgerlich, regional, ethnisch oder kaiserlich. Als universale, missionierende Religionen entstanden und die kulturell anpassungsfähigen und großteils gemeinschaftsorientierten traditionellen Religionen ersetzten, wurden die Beziehungen zwischen Kult und Gemeinschaft, religiöser und politischer Identität um einiges vielschichtiger. Was zuvor auf bürgerliche Kulte beruhte oder auf die Vorstellung, Verwandtschaftsgruppen und –völker könnten sich rühmen, heiligen Ursprungs zu sein, entwickelte sich nach und nach zu andere Gemeinschaftsformen, deren Zugehörigkeit eher durch Wandel als durch Umstände definiert wurde. Nichtsdestotrotz hafteten sich diese neuen Religionen an alle möglichen definierten politischen Bereiche, legitimisierten diese und halfen ihnen sich in ein größeres soziales Ganzes zu integrieren. Dies führte zu einer dynamischen und manchmal paradoxen Beziehung zwischen religiöser Identität und bestimmten Gemeinschaften – eine Beziehung, die unterschiedliche Ergebnissen hervorbrachte für jene Religionen, mit denen sich VISCOM beschäftigt.
Um diese Unterschiede zu erforschen, arbeiten Mediävisten/innen für europäische und asiatische Gesellschaften gemeinsam mit Philologen/innen und Sozialanthropologen/innen in einem vergleichenden Forschungsprogramm. Dadurch schlagen sie Brücken zwischen historischer Anthropologie und Sozialanthropologie, zwischen Europa- und Asienforschung, zwischen Religionsgeschichte und Politikgeschichte und zwischen Diskursanalyse und der Studie sozialer Praxis und Praktiken. VISCOM arbeitet auf mehreren Ebenen. Fallstudien dienen als Grundlage, um größere Fragen miteinander zu vergleichen und in Folge eine vergleichende Methodologie innerhalb der und zwischen den Disziplinen zu entwickeln. Das Hauptziel ist der mittelfristige Vergleich: anstatt Typologien aufzubauen, definiert das Projekt eine Anzahl an Bereichen, die verglichen werden, und Kriterien, die in jedem Fall Gültigkeit besitzen. Um die Fallstricke einer nah verfolgten (eurozentrischen) Meistererzählung zu vermeiden, versucht VISCOM einen Grad an Komplexität zu erreichen, welches die interne Vielfalt der einzelnen politischen Kulturen einbindet sowie die Ähnlichkeiten und Unterschiede zwischen ihnen.
Teilprojekt
Die Arbeiten innerhalb des Subprojekts, welches am IMAFO angesiedelt ist, zielen auf eine ‘histoire croisée’ von Religion und Ethnizität im nachrömischen Europa ab. Dabei untersuchen sie, wie ethnische Identifikationen und christliche Gemeinschaftsvorstellungen die politische Landschaft des westlichen Frühmittelalters beeinflussten. Ziel des Projektteils ist es, die Verbindung von ethnischen, kaiserlichen, historischen und religiösen Identifikationen in eine kognitive und narrative Matrix zu stellen. Damit thematisiert es die Schnittpunkte zwischen ethnischen Identifikationen und christlichen Ideologien, die auf allen Gesellschaftsebenen politische Identifikationen beeinflusst haben. Von der Entwicklung von Verwandtschaftsmetaphern in barbarischen Geschichtsschreibungen hin zu der Gründung des Karolingerreichs, versucht dieser Projektteil auch die teleologische Verantwortung moderner Nationalismen zu verstehen, ebenso die europäische Art, sich die Welt als eine Gemeinschaft bestehend aus Nationalstaaten vorzustellen.
Projektsprecher
Walter Pohl
Stellvertreter
Andre Gingrich
Projektkoordination
Sophie Gruber
Ingrid Hartl
Team Christlicher Diskurs und politische Identitäten im frühmittelalterlichen Europa
Projektleiter
Wissenschaftliches Team
Cinzia Grifoni • IfG, UniVie
Rutger Kramer • IfG, UniVie
Salvatore Liccardo • IfG, UniVie
Maria Nezbeda • IfG, UniVie
Assoziierte Mitarbeiter
Francesco Borri • ÖAW (FWF)
Albrecht Diem • Maxwell School of Citizenship and Public Affairs, Syracuse University, NY
Gerda Heydemann • FU Berlin/IMaFo, ÖAW
Irene van Renswoude • KNAW The Hague/Utrecht University
Giorgia Vocino • Cambridge University
Graeme Ward • University of Oxford/IMaFo, ÖAW
Jelle Wassenaar • ÖAW (UNUP)
Veronika Wieser • IMaFo, ÖAW
South Arabia between Late Antiquity and Early Modernity: International Connections and the Entanglement of Histories
Projektleiter:Andre GINGRICH • ISA, ÖAW
Early Tibet: The Tibetan Empire and the Formation of Buddhist Civilisation in the Highlands
Projektleiterin:Birgit KELLNER • IKGA, ÖAW
Social and Cultural Communities in Late Medieval Europe
Projektleiterin:Christina LUTTER • IfG/IÖG, UniVie
Society, Statehood and Religion in Late Medieval Dalmatia
Projektleiter:Oliver SCHMITT • IOG, UniVie
Der SFB ist affiliiert mit der Universität Wien und der Österreichischen Akademie der Wissenschaften
Für weitere Informationen besuchen Sie bitte die Projekt-Website.