Das 13. Jahrhundert war eine Zeit dramatischer Veränderungen für die Gesellschaften Anatoliens und des östlichen Mittelmeerraums. Die Eroberung von Konstantinopel durch den 4. Kreuzzug (1204), die mongolischen Eroberungen des seldschukischen Sultanats (1243) und Bagdads (1258) oder auch die Machtergreifung der Mamluken in Ägypten (1250) erschütterten soziale und politische Strukturen. Während Aspekte dieser Entwicklungen bereits erforscht wurden, fehlt ein systematischer Vergleich, wie die Staatswesen Anatoliens versuchten, Netzwerke der Macht im Rahmen ihrer Wahrnehmung der Weltordnung neu aufzubauen.
Das vom österreichischen FWF für die Jahre 2023-2026 geförderte Projekt ENCHANT ("Entangled Charters of Anatolia", P 36403-G) liefert die Grundlagen für einen solchen Vergleich durch die Erfassung und Untersuchung der wichtigsten Artefakte dieser Bemühungen um den Erhalt staatlichen und sozialen Zusammenhalts, nämlich der von den Kanzleien der byzantinischen „Exilreiche“ Nikaia und Trapezunt, des armenischen Königreichs in Kilikien und des seldschukischen Sultanats ausgestellten Urkunden. Das Projekt erarbeitet eine digitale Datenbank, ein Korpus jener Dokumente, deren Texte zumindest in wesentlichen Teilen überliefert sind, und eine Reihe von Publikationen, die eine vergleichende Analyse dieser vielfältigen Akte der „Welt(neu)ordnung“ in Zeiten schwerer Krise präsentieren.
Johannes Preiser-Kapeller (Projektleiter, ÖAW)
András Barati (Projektmitarbeiter, ÖAW)
Samvel L. Grigoryan (Projektmitarbeiter, UCLA Los Angeles)
Ekaterini Mitsiou (Projektmitarbeiterin, Universität Wien)
Rustam Shukurov (Projektmitarbeiter, ÖAW)