Projektdaten
- Leitung: Bernhard Scheid
- Bearbeitung: Stefan Köck, Brigitte Pickl-Kolaczia
- Fach: Japanologie
- Laufzeit: 2016–2020
- Finanzierung: FWF P29231-G24
Projekt-beschreibung
Achtung: Diese Seite entspricht dem Informationsstand von 2020. Sie dient zur Dokumentation und wird nicht mehr aktualisiert!
Im siebzehnten Jahrhundert führten radikale Methoden der Christenverfolgung in Japan zur Entstehung des sogenannten tera-uke Systems (wtl. System der Tempel-Zertifikate), das durch die Zwangsmitgliedschaft in buddhistischen Tempelgemeinden gekennzeichnet war. In manchen Landesteilen wurden diese Tempel allerdings zeitweise durch Shintō-Schreine ersetzt. Diese Maßnahme der religiösen Kontrolle ist u.a. als shintō-uke (Zertifikation durch Shintō-Schreine) bekannt. Shintō-uke wurde von Mitte der 1660er Jahre bis in die späten 1680er Jahre in mindestens drei bedeutenden Daimyaten – Mito, Aizu und Okayama – systematisch angewandt. Im Zuge dessen kam es zur institutionellen Trennung von Tempeln und Schreinen sowie zu anti-buddhistischen Ausschreitungen, wie wir sie auch vom Beginn der Meiji-Zeit kennen. Allerdings untersagte die Shōgunats-Regierung schließlich das shintō-uke und akzeptierte fortan nur noch von Tempeln ausgestellte Zertifikate der Rechtgläubigkeit.
Das bislang in der westlichen Japanologie kaum bekannte Phänomen shintō-uke steht in diesem Projekt erstmals im Mittelpunkt einer wissenschaftlichen Untersuchung. Auf Basis von Vorarbeiten in der Region Okayama wurden drei Faktoren als besonders relevant für die Entstehung von shintō-uke identifiziert:
- ein anti-buddhistischer Diskurs neo-konfuzianischer Prägung;
- der Zugewinn von Reichtum und Macht buddhistischer Tempel im Zuge ihrer administrativen und ideologischen Kontrollfunktionen; und
- der Konflikt mit „häretischen“ Gruppen des Buddhismus (in Okayama mit der Fujufuse-ha, einer Schule des Nichiren Buddhismus) bzw. die generelle Politisierung des Häresie-Konzepts.
Diesen drei Faktoren gilt nicht nur bei der Untersuchung von Okayama, sondern auch von Mito und — in eingeschränktem Maße — von Aizu und anderen Regionen besondere Aufmerksamkeit. Insgesamt steht das Projekt im Zusammenhang mit der Frage, wie sich Shintō als eigenständige Religionsform etablierte. Während z.B. viele heutige Forscher die Meiji-Zeit als den Zeitpunkt ansehen, zu dem Shintō als unabhängige Religion entstand, weist das Projekt auf Präzedenzfälle hin, die mehr als 200 Jahre davor stattfanden.