Algorithmische Imaginationen
Visionen und Werte in der Gestaltung von Suchmaschinen

Suchmaschinen sind nicht frei von gesellschaftlichen Normen, Werten und Ideologien. Welche Visionen und Werte nehmen Einfluss auf die Gestaltung und Regulierung von Suchmaschinen speziell im europäischen Kontext? Das Projekt „Algorithmische Imaginationen“ geht dieser Frage nach.
Bing, Google & Yahoo werden von amerikanischen Technologie-Konzernen betrieben. Große universale Suchmaschinen generieren Profite mittels personalisierter Werbung. In Europa hält Google einen Marktanteil von über 90% und dominiert dadurch den Suchmaschinen-Markt. Ein Grund dafür ist sein innovativer PageRank-Algorithmus, aber auch sein lukratives Geschäftsmodell, das auf „Datenhandel“ basiert. Googles Algorithmus stand zunächst für Innovation und Objektivität. Das anfangs positive Bild wird zunehmend durch Diskussionen über User-Überwachung, Kommerzialisierung von Netzinformation und Filter-Blasen getrübt. Nicht zuletzt seit der NSA-Affäre sind profitorientierte Suchmaschinenbetreiber in Kritik geraten. Diese Entwicklungen zeigen, dass Suchmaschinen nicht frei von gesellschaftlichen Werten, politischen Visionen und Ideologien sind. Und genau diese Ideologien und Werte stehen im Zentrum des Forschungsprojekts.
Ziel
Anhand von drei europäischen Suchmaschinen ist es das Ziel herauszufinden, wie sich die Entwicklung von Suchmaschinen im europäischen Kontext gestaltet und welche Rolle gemeinschaftliche Werte und kollektive Visionen darin spielen. Die Auswahl der Fallstudien versucht der Vielfältigkeit der europäischen Suchmaschinenlandschaft gerecht zu werden. Das erste Suchmaschinen-Projekt, Open-Web-Index, versucht eine europäische Alternative zu US-basierten Suchmaschinen anzubieten, indem es einen öffentlichen, unabhängigen Webindex erstellen möchte. Das zweite Projekt, YaCy, hat das Ziel eine dezentrale, nicht-kommerzielle Suchmaschine zu entwickeln, die der Allgemeinheit gehört. Das dritte Projekt, StartPage, ist eine privatsphäre-freundliche Suchmaschine, die den Google Index verwendet, seinen NutzerInnen aber Anonymität zusichert. Folgende Fragen werden die Untersuchung leiten:
- Welche Motive, Wertesysteme, und Visionen leiten die Entwicklung von europäischen Suchmaschinen?
- Wie werden diese Imaginationen in sozio-technische Designpraktiken übersetzt?
- Welche Verhandlungen, Kompromisse und Machtdynamiken können dabei beobachtet werden?
- Welche Rolle spielen Ort und kultureller Kontext in der Entwicklung dieser Suchtechnologien?
Ablauf
Diese Fragen werden mittels eines Fallstudien-Designs untersucht, das qualitative Interviews, Workshops mit EntwicklerInnen und Beobachtungen vor Ort miteinander verknüpft. Die Ergebnisse dieser Analyse werden mit den Ergebnissen aus zwei weiteren Projekten verglichen. Das erste Projekt hat sich mit kapitalistischen Ideologien in der Entwicklung von Universal-Suchmaschinen beschäftigt. Das zweite Projekt hat gesellschaftspolitische Visionen in der Regulierung dieser auf europäischer Ebene untersucht. Das von Sheila Jasanoff entwickelte Konzept der „sozio-technischen Imaginationen“ wird in dieser vergleichenden Analyse zentral sein und zu einer Typologie von „algorithmischen Imaginationen“ weiterentwickelt werden. Diese sollen zeigen, wie Suchtechnologie und Gesellschaft in speziellen ökonomischen, politischen, und kulturellen Umgebungen gemeinsam entstehen. Der primäre Fokus auf den europäischen Kontext ist eine besondere Stärke des Projekts, da Spannungen zwischen global operierende Suchmaschinen wie Google und europäischen Visionen, Normen und Werten zu wachsen scheinen.
Publikationen
Publikationen
- (2019). Body data-data body: Tracing ambiguous trajectories of data bodies between empowerment and social control in the context of health. Momentum Quarterly, 8, 95-108. doi:10.15203/momentumquarterly.vol8.no2.p95-108.
- (2019). Book Review: Ann Rudinow Sætnan, Ingrid Schneider, and Nicola Green (2018): The Politics of Big Data. Big Data, Big Brother?. Information, Communication & Societyinformation, Communication & Society, 22, 1523-1525. doi:10.1080/1369118X.2019.1567804.
- (2018). Internet governance as joint effort: (Re)Ordering search engines at the intersection of global and local cultures. New Media & Society, 20, 3657-3677. Retrieved from http://epub.oeaw.ac.at/ita/ita-papers/internet-governance-as-joint-effort.pdf.
- (2017). Biofeedback. Von Körperdaten und Datenkörpern. In H. Ranzenbacher (Ed.), FIN/2 – Liquid Music. Wies: Eigenverlag Liquid Music..
- (2017). Search engine imaginary: Visions and values in the co-production of search technology and Europe. Social Studies Of Science, 47, 240-262. Retrieved from http://epub.oeaw.ac.at/ita/ita-papers/search-engine-imaginary.pdf.
- (2016). Wie ticken Suchmaschinen?. Retrieved from http://www.oeaw.ac.at/ita/projekte/news/wie-ticken-suchmaschinen/.
Konferenzbeiträge/Vorträge
Konferenzbeiträge/Vorträge
-
16.10.2020
, Online
Astrid Mager:
Ask Susi! Analyzing open search technology between German hacker ethics and Asian start-up culture
Momentum Kongress: Republik -
11.09.2020
, Linz
Astrid Mager:
How to create your own AI device with SUSI.AI – An open source platform for conversational web
Ars Electronica Festival -
19.08.2020
, online /Prague
Astrid Mager:
Future imaginaries in the making and governing of digital technology: Multiple, contested, commodified
4S/EASST conference 2020 -
18.08.2020
, online /Prague
Astrid Mager:
How to push back hegemonic search? Analyzing alternative imaginaries in search engine design and their potential to contribute to more open digital futures
4S/EASST conference 2020 -
05.12.2019
, Wien
Astrid Mager:
Das eingefärbte Fenster zu Welt
punkt eins -
26.11.2019
, Wien, Museumsquartier
Astrid Mager:
Algorithmen, Daten und Netzwerke
Tagung: Wiener Netzwerke 1920 - 1970 - 2020 -
15.11.2019
, Maastricht
Astrid Mager:
Data protection is a fundamental right. Examining sociotechnical imaginaries of search engines and Europe
Digital society research day -
13.11.2019
, Wien
Astrid Mager:
Der "gute" Algorithmus
Occupy Internet -
14.10.2019
, Wien
Astrid Mager:
Wearables, Selbstvermessung und Fitnessapps und mögl. Herausforderungen für die Gesundheitsbildung
Digitalisierung – Medien – Bildung Was bedeutet Digitalisierung für die Erwachsenenbildung? -
26.04.2019
, Hamburg
Astrid Mager:
Alternative search engines as drivers for social change?
Information Science Trends: Search Engines and Information Retrieval -
16.03.2019
, Singapur
Astrid Mager:
Where is SUSI in the AI?
Singapur Open Tech Summit -
21.01.2019
, Wien
Astrid Mager:
Visions and values in European search engine design
Aspects of the Digital Transformation -
07.12.2018
, Wien
Astrid Mager:
Body data – data body. Tracing ambiguous trajectories of data bodies between empowerment and social control in the context of Health
Workshop Digital Data(-fication) -
15.11.2018
, Berlin
Astrid Mager:
Algorithmen, Daten und Ideologien. Zur Analyse von sozio-technischen Praktiken in der Gestaltung von (alternativen) Suchmaschinen
Jahrestagung der Gesellschaft für Wissenschafts- und Technikforschung -
19.10.2018
, Hallstatt
Astrid Mager:
Selbst vermessen – fremd gesteuert
Momentum Kongress 2018 -
18.09.2018
, Klagenfurt
Astrid Mager:
Social innovation. Alternative search engines as drivers for social change?
STS Austria Conference "Innovation and Societal Transformation: Science, Democracy, and Sustainable Futures" -
26.07.2018
, Lancaster
Astrid Mager:
“Data protection is a fundamental right in Europe”. Examining sociotechnical imaginaries of search engines and a European identity
EASST2018: Meetings – Making Science, Technology and Society together -
11.06.2018
, Wien
Astrid Mager:
Technikforschung als Gesellschaftskritik? Analyse der Rolle von Normativität in meiner Forschung zu alternativen Suchmaschinen
TA'18: Technikfolgenabschätzung und Normativität – An welchen Werten orientiert sich TA? -
28.05.2018
, Hamburg
Astrid Mager:
Algorithmic Imaginaries
Ethics in Information Technology -
19.04.2018
, Berlin
Astrid Mager:
Algorithmic Imaginaries. Vision and values in the shaping of search engines
Institute of Computer Science, Freie Universität Berlin