TechnoWissenschaften versprechen neue Möglichkeiten: Die sogenannte „Genschere“ CRISPR-Cas9 ermöglicht die Konstruktion von neuen Organismen, durch Geoengineering soll das Weltklima beeinflusst werden, Nanomaterialien verändern die Eigenschaften von Kosmetika und Lebensmittelverpackungen. Geht es hier noch um Natur oder schon um Technik? Wer übernimmt die Verantwortung für eventuelle Nebenfolgen? Dürfen wir das überhaupt?

TechnoWissenschaften verknüpfen Erkenntnisgewinnung mit der Entwicklung neuer Technologien und der Herstellung neuer Objekte. Ein prominentes Beispiel dafür ist die biotechnologische Forschung an Pflanzen, Tieren und Menschen. Genetische und molekularbiologische Forschung ist hier beinahe untrennbar an die Entwicklung neuer Interventionstechniken geknüpft. So wurde etwa CRISPR-Cas9 entwickelt. Die Liste darauf basierender neuer Konstrukte reicht von herbizidresistenten Nutzpflanzenlinien bis hin zu Embryonen mit „maßgeschneidertem“ Erbgut.

Ähnliche Diskussionen existieren auch rund um Nanotechnologien, die Neurotechnowissenschaft und die sogenannten konvergierenden Technologien, die all diese Forschungsbereiche kombinieren. Und auch Geoengineering, also der Versuch durch technische Mittel gezielt das Weltklima zu beeinflussen, fällt in diese Kategorie.

Dabei tauchen viele Fragen auf: Warum brauche ich Nano in meiner Sonnencreme? Werden wir in Zukunft in den genetischen Code unserer Babys eingreifen? Stehen wirtschaftliche Interessen gar über gesellschaftlichen Bedürfnissen?

Wie kamen wir dorthin, wo wir heute sind?

Die für die TechnoWissenschaften charakteristische Verknüpfung von Erkenntnis und Konstruktion, von Verständnis und Eingriff, wurde erstmals in der Biotechnologie zum gesellschaftlichen Diskussionsthema. Die neuartige Verschmelzung von erkenntnisorientierter Grundlagenforschung mit Ansprüchen und Ansätzen aus dem Engineering warf völlig neue ethische, rechtliche und politische Fragen auf. Ethikkommissionen formierten sich, Förderprogramme wurden durch die Politik mit Auflagen und Missionen versehen.

Ausschlaggebend für diese Entwicklung ist, dass sich die Erwartungen von Politik, Wirtschaft und Gesellschaft an wissenschaftliche Forschung stark verändert haben. Man erwartet sich die Lösung gesellschaftlicher Probleme, einen Beitrag zu nationaler Wettbewerbsfähigkeit, kurz: einen sichtbaren Impact. Das Credo einer freien Forschung, die zu gesellschaftlicher Orientierung und individueller Bildung beiträgt, tritt dabei in den Hintergrund.

Innovation ja – aber mit Technikfolgenabschätzung

Umso wichtiger ist es, dass die Gesellschaft auf einen verantwortungsvollen Umgang mit den TechnoWissenschaften vertrauen kann. Neue technische Machbarkeiten erfordern auch sozio-politische Innovationen, etwa neue Formen und Foren der Teilhabe und eine verantwortungsvolle politische Steuerung. Genau hier setzt die Technikfolgenabschätzung (TA) an:

Sie betrachtet gesellschaftliche Chancen und Risiken und sucht nach Wegen, diese zugänglich zu machen bzw. zu minimieren. Wo Interessens- oder Wertekonflikte unumgänglich sind – wenn etwa gentechnische Anwendungen die Industrialisierung der Landwirtschaft befördern oder zu Forschungszwecken Zellen aus menschlichem und tierischem Material zusammengebaut werden – tritt sie für einen transparenten Aushandlungsprozess ein. Und sie entwickelt Beteiligungsverfahren, die es der Zivilgesellschaft ermöglichen aktiv an gesellschaftsrelevanten Entwicklungen und Entscheidungen teilzunehmen. So stellt die TA in einem eigens entwickelten Verfahren zu allererst die Frage, welche Zukunftsvisionen wir als Bürger:innen haben; ob und wie neue Technologien zu deren Realisierung beitragen können, wird erst auf dieser Basis diskutiert.

Denn eines ist klar: Wo durch TechnoWissenschaften Revolutionen angestoßen werden die für unseren Alltag relevant sind, dürfen auch Politik und Gesellschaft nicht auf der Stelle treten.

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