Viele Stimmen – viele Interessen
Beteiligung gibt jenen eine Stimme, die normalerweise nicht in die Entwicklung und Bewertung von Technologien einbezogen sind. Laien mitbestimmen zu lassen, ist erstrebenswert – aber ist es auch wissenschaftlich? Um zu verwertbaren Ergebnissen zu kommen braucht es fundierte Methoden: Die bekannteste ist die Bürger:innenkonferenz. Hier nehmen Bürger:innen zu einer umstrittenen Technologie Stellung. Bei der (Weiter-) Entwicklung von Technologien haben sich Fokusgruppen bewährt. Erfahrungen und Kritik von Laien fließen damit schon früh in den Entwicklungsprozess ein.
Auch die EU experimentiert mit Methoden, damit Bürger:innen tatsächlich Schwerpunkte für die zukünftige Wissenschafts- und Technologiepolitik mitbestimmen können. Das ITA war zuletzt am EU-Projekt CIMULACT beteiligt: In einem partizipativen Verfahren haben mehr als 4.500 Bürger:innen, Expert:innen und Entscheidungsträger:innen gemeinsam konkrete, Forschungsthemen identifiziert. Die Ergebnisse fließen in die Gestaltung von Ausschreibungen im Rahmenprogramm für Forschung und Innovation "Horizon 2020" sowie des Nachfolgeprogramms "Horizon Europe" ein. Sie haben auch für die FTI-Agenden Österreichs eine hohe Relevanz.
Das ITA hat gemeinsam mit Partnern die CIVISTI-Methode entwickelt. Visionen von Bürger:innen für eine wünschenswerte Zukunft werden in konkrete Politikempfehlungen übersetzt. Die Methode lebt davon, möglichst viele verschiedene Standpunkte einzubeziehen. Sie ist zwar statistisch nicht repräsentativ, weil die Gruppengröße meist zu klein dafür ist. Die Ergebnisse sind aber sozial robust. Die Beteiligten entsprechen in Bezug auf ihr Alter, Geschlecht, Beruf, Bildung, Herkunft etc. proportional in etwa deren Verteilung in der Bevölkerung. So können wir sicher sein, dass die meisten Aspekte, die die Bürger:innen bewegen, genannt werden. Im CIVISTI-Projekt Leben 2050 ging es etwa darum, Visionen für ein wünschenswertes Leben in Wien zu entwickeln und zentrale Fragen für die Stadtplanung zu identifizieren.