Ein paar Freunde waren auch schon unterwegs gewesen, die meine Ehrung nicht versäumen wollten, wir trafen sie in der Eingangshalle der Akademie. Dort waren schon viele Menschen versammelt und es schien, als ob sich der Festsaal schon gefüllt hätte. Alles in der Halle deutete auf eine ungeheuere Festlichkeit hin und tatsächlich hatte ich das Gefühl, als zitterten mir die Knie.
(Thomas Bernhard: Meine Preise)
Am Mittwoch, dem 22. Jänner 2025, wurde im Festsaal der Österreichischen Akademie der Wissenschaften die Forschungsstelle Thomas Bernhard eröffnet, die sich seit dem vergangenen Jahr in der Abteilung Literatur- und Textwissenschaft des Austrian Centre for Digital Humanities and Cultural Heritage (ACDH-CH) der Erforschung des Bernhardschen Werks im literatur-, kultur- und mediengeschichtlichen Kontext widmet.
Nach Grußworten des ÖAW-Präsidenten Heinz Faßmann, der Direktorin des ACDH-CH Alexandra N. Lenz und des ÖAW-Altpräsidenten Anton Zeilinger gaben Claudia Resch als Leiterin der Abteilung Literatur- und Textwissenschaft sowie Norbert Christian Wolf als Leiter der Forschungsstelle einen Überblick über Tätigkeiten, Vorhaben und bereits Umgesetztes, wie die Übersetzungsdatenbank thomas bernhard in translation (in Kooperation mit der Internationalen Thomas Bernhard Gesellschaft und dem Suhrkamp Verlag), als erste Komponente der im Aufbau befindlichen digitalen Forschungsplattform Thomas Bernhard online zu Leben, Werk und Wirkung des Autors.
Im Anschluss durfte sich das Publikum über eine unterhaltsame Lesung der Burgschauspielerin Mavie Hörbiger freuen, die den Abschnitt Der Grillparzerpreis aus Bernhards postum veröffentlichtem Band Meine Preise (2009) zum Besten gab – und zwar zum ersten Mal an jenem Ort, an dem dieser Text auch verortet ist. Daran konnte Norbert Christian Wolf mit seinem Festvortrag über Thomas Bernhards Kunst der Polemik nahtlos anschließen, indem er neben dem verlesenen Text auch an Invektiven gegen Elias Canetti oder Bruno Kreisky rekonstruierte, wie die Polemik einen so zentralen Stellenwert in der Poetik des Autors einnehmen konnte.
Die bis auf den letzten Sitzplatz besuchte Veranstaltung endete mit einem Empfang bei Brötchen und Wein in der Aula.
Im Zuge dieser Veranstaltung konnte sich auch der Expert:innenrat der Forschungsstelle zu einem konstituierenden Treffen an der Akademie einfinden. Mit diesem hochkarätigen Gremium, bestehend aus Stefano Apostolo (Universität Milano), Harald Gschwandtner (Universität Salzburg), Martin Huber, Fatima Naqvi (Universität Yale) und Juliane Vogel (Universität Konstanz), konnten nicht nur die bisherigen Tätigkeiten besprochen, sondern auch zukünftige Kooperationen und besondere Desiderate bzw. Potenziale der Bernhard-Forschung im 21. Jahrhundert ausgelotet werden.
22. Jänner 2025, 18.00 Uhr
Österreichische Akademie der Wissenschaften
Festsaal
Dr.-Ignaz-Seipel-Platz 2, A-1010 Wien
Norbert Christian Wolf (Leitung)
Saskia Haag
Kay Kollmann
Daniel Milkovits
Juliane Werner
Weitere Informationen zur Forschungsstelle finden Sie auf unserer Homepage sowie auf BlueSky.
Kontakt: ftb(at)oeaw.ac.at
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