Zukünftige Trends additiver Verfahren im biomedizinischen Bereich (STOA-Projekt)

Implantate und Zahnersatz, vielleicht bald schon Organe – 3D-Druck bringt in der Medizin viele neue Möglichkeiten, aber auch Herausforderungen. Wie weit können wir gehen und welche Voraussetzungen sind zu schaffen?

3D-Druck ist der Aufbau von Objekten aus einem oder mehreren Werkstoffen. Im Gegensatz zum herkömmlichen Abtragen mittels Fräsen wird computergesteuert gezielt Material hinzugefügt. 3D-Druck hat sich in vielen Bereichen aufgrund seiner Vorteile etabliert:

  • Teile werden hergestellt, indem Schichten (Querschnitte) aufeinander aufgetragen werden.
  • Diese Schichten basieren auf CAD-Dateien, die für alle 3D-Druckverfahren gleich sind.
  • Keine speziellen Werkzeuge sind erforderlich.
  • Mechanische Eigenschaften und Formen entstehen geleichzeitig.
  • Werkstücke können in jeder beliebigen Orientierung hergestellt werden.
  • Ansatzstücke (etwa zum Einspannen in die Drehbank) sind nicht erforderlich.

Rapid Prototyping

Diese Vorteile machen sich vor allem dort bezahlt, wo es um geringe Stückzahlen und große Unterschiede von einem Werkstück zum anderen geht, etwa bei Prototypen oder unterschiedlichen Mustern. Inzwischen hat sich auch das Spektrum der verwendbaren Materialien erweitert. Nicht mehr nur einfache Plastikmaterialien stehen zur Verfügung, sondern auch Metalle, Keramiken etc.

Probegebiss und Organe

Durch die Einzigartigkeit menschlicher Körper ergeben sich gerade in der Medizin viele Möglichkeiten. Speziell angepasste Werkzeuge und Führungen für Operationen lassen sich so individuell herstellen. Auch Implantate können bereits genau angepasst hergestellt werden. 3D-gedruckte Probegebisse können so erstmals getestet und in weiterer Folge verändert werden. Sie geben Arzt und PatientIn die Möglichkeit, sowohl medizinische als auch ästhetische Veränderungen einfach durchzuführen. Das schrittweise Herantasten und die Möglichkeit Prothesen und andere Hilfsmittel und Heilbehelfe, bei denen es auf die Passform ankommt ausprobieren zu können, ermöglicht eine deutliche Verkürzung des Herstellungsprozesses.

Die Vision vom “Drucken” individuell angepasster Organe ist nicht mehr reine Utopie. Auch bei der Verabreichung von Medikamenten ergeben sich neue Möglichkeitenfür die „Pille nach Maß“.Neuartige Nahrungsmittel lassen sich in Form und Inhalt genau definieren.

Keine Vorteile ohne Nachteile

All diese Entwicklungen sind unterschiedlich weit fortgeschritten, erwecken aber bereits jetzt viele Hoffnungen. Probleme bestehen allerdings in Hinblick auf technische Anforderungen wie etwa die Verträglichkeit von Materialien. Außerdem verlangt der 3D-Druck umfassende Daten über die jeweiligen Körperteile der Patienten, die mithilfe bildgebender medizinischer Diagnoseverfahren erstellt werden. Anpassungsprobleme und Auflösungserfordernisse müssen berücksichtigt werden und die Zusammenarbeit zwischen IngenieurInnen und ÄrztInnen im klinischen Alltag gewährleistet sein. Weitere wichtige Aspekte sind Fragen zum Datenschutz, zum geistigen Eigentum sowie zu den Auswirkungen für Berufsgruppen wie etwa Orthopädie- und ZahntechnikerInnen.

Außerdem sollten weitreichende ethische Probleme nicht außer Acht gelassen werden. Hierzu zählt etwa die Frage, ob und in welchem Maße prothetische Unterstützung zu rechtfertigen ist, wenn damit Funktionen über die normale menschliche Leistungsfähigkeit hinaus vermittelt werden – das sogenannte Enhancement.

In diesem Projekt für das Europäische Parlament arbeitet das ITA zusammen mit dem deutschen ITAS, dem niederländischen Rathenau-Institut und dem Dänischen Technologierat sowie einigen externen Experten zusammen. Die Rolle des ITA liegt vor allem in der Erhebung des technischen Stands und der Identifizierung von Trends und Problembereichen.

Laufzeit

10/2016 - 01/2018

Projektteam

  • Helge Torgersen

Finanzierung