Tagung: Schlüsselakteure der Regionalentwicklung

Welche Perspektiven bietet Entrepreneurship für ländliche Räume?


Publikumsfragen an die Vortragenden

An Tag 1 gab es die Möglichkeit, gemeinsam mit den Vortragenden zu diskutieren und Erfahrungen auszutauschen. Offen gebliebene Fragen wurden auf einer Pinnwand gesammelt, ausgewählte werden hier überblicksmäßig beantwortet.

An Heike Mayer (Universität Bern)

(werden im Juni 2019 nachgereicht)

 

An Birgit Leick (Østfold University College)

Trägt der Begriff des Entrepreneurs nicht zu einer Ökonomisierung der Regionalentwicklung und der Perspektive auf Entwicklung bei? Welche Alternativen gibt es?

Der Begriff Entrepreneur ist natürlich primär ökonomisch geprägt und wird zumeist mit dem österreichischen Ökonom Joseph Schumpeter in Verbindung gebracht. Allerdings hat sich die Forschung in den vergangenen Jahrzehnten weiterentwickelt und bietet alternative Definitionen von Entrepreneurship an. Neben dem „business start-up“, also dem marktbasierten Unternehmer, gibt es u.a. social entrepreneurs, die weniger gewinn- und dafür mehr gemeinnutzorientiert handeln. Beispiel sind Gemeinschafts- oder Dorfläden oder regionale Umweltinitiativen. Sofern diese Sozialunternehmer ihre Produkte oder Dienstleistungen kommerziell anbieten und wachsen, müssen sie allerdings zunehmend unternehmerisch im klassischen Sinne handeln. Sozialunternehmer entstehen oft regional und sind klein- und mittelständische Betriebe, die einen stärkeren Standortbezug aufweisen als große, internationale Unternehmen.

 

An Patrick Müller (Serial Entrepreneur)

Wie kann man wachsende Firmen in der Peripherie halten?

Vor allem mit einem starken Employer Branding und Investition in die Mitarbeiter. Ausbildung und Perspektiven schaffen, die Idee bei etwas Großen dabei sein können oder Internationalisierung. Hier muss man viel mehr auf die regionalen Stärken und Schwächen eingehen und Möglichkeiten bieten, die andere nicht haben; bis hin zur akademischen Ausbildungszweigen.

Wie ist die Beziehung zur Kommune und Region? Unterstützt man sich gegenseitig? Gibt es Konflikte?

In der Regel gibt es geringe Konflikte, jedoch fehlt es meist an Kompetenzen oder wirtschaftlichen Fähigkeiten, um hier einen bestmöglichen Support zu leisten. Das kommt jedoch eher auf die Politik der jeweiligen Kommune an. Gemeinden brauchen hier zukünftig mehr Fähigkeiten, wie man ein ECOSYSTEM (Infrastruktur oder Rahmenbedingungen) schaffen kann, die Betriebsansiedelungen attraktiv machen.

 

An Josef Lueger (Raumplaner)

Welche Tipps geben Sie Städten mit Einkaufszentren am Rand und toten Stadtkernen? Wie startet man Belebung?

Keine Stadt ist wie die andere und die räumlich funktionale Beziehung zum EKZ ist ebenso individuell. Die Folgen scheinen wiederkehrend zu sein - nämlich Leerstand bzw. Problemanzeiger-Branchen, nur das „eine" Belebungsrezept gibt es leider nicht. Am Beginn von Veränderungsprozessen steht der Impuls (aus der Politik, aus der Wirtschaft, von außen,….), mit Impulsverstärkern gelingt es Wellen auszulösen (haben den Vorteil, dass sie schon selbst einen Teil des Weges laufen, sich verstärken können). Impulsverstärker kann ein Beteiligungsformat sein (nonconform geht z.B. der Eventisierung nach), die Verbreiterung der Trägerschaft (mit und ohne Begleitung) oder die Motivation durch gute gelungene Beispiele. Ich selbst gehe den Weg Eigeninitiative zu stärken, sehr individuell hinzuhören und einen Maßanzug für kleine und große Schritte anzubieten.

Es war die Rede von „Töchtern und Söhnen“, die stark mit Waidhofen/Ybbs verbunden sind, sie haben aber nur Söhne erwähnt. Sehen Sie hier Möglichkeiten für Veränderung, sodass auch Agentinnen des Wandels auftauchen?

Ich bin felsenfest davon überzeugt, dass die Agentinnen des Wandels bereits wirksam sind. Die Decke der Klein- und Mittelstädte hält jedoch ländlich dicht, ich meine, die herkömmlichen Rollenbilder werden weniger und später hinterfragt (auch von den Töchtern selbst). Die Möglichkeiten wären vielfältig und unterscheiden sich nicht wesentlich vom Lösungspfad der Innenstadtbelebung mit EKZ in Randlage. Impuls, Impulsverstärker, Welle. Vom Aktionismus, Kunst und Diskurs bis zur historischen Aufarbeitung. (Was ist das für eine Mangelgesellschaft, in der Frauen nicht sichtbar werden?!)