Die Interaktionen von (im)mobilen kurdischen Frauen im öffentlichen Raum sowie deren Modi und Resultate – Eine interkulturell vergleichende Untersuchung unterschiedlicher städtischer Kontexte

Das Projekt


In der Literatur wird im Allgemeinen nicht viel über kurdischen Urbanismus in Kurdistan, einer Region im Nahen Osten die traditionell von Kurden bewohnt wird, berichtet. Auch über die Nutzung des öffentlichen Raumes durch Frauen und deren sozialräumliche Implikationen erfährt man wenig. Daher sind diesbezügliche Spezifika in den Debatten der Städteforschung für die nahöstliche Region größtenteils unbeachtet geblieben. Demgemäß gewinnen die Interaktionen kurdischer Frauen in und mit dem öffentlichen Raum in einer interkulturell vergleichenden Untersuchung verschiedener städtischer Kontexte an Relevanz. Kurdische Frauen können über verschiedene Arten ihres Engagements berichten, über die Herausforderungen ihres Alltags und über ihre Strategien zur Überwindung der Geschlechterungleichheit, welche zur sozialen Selbstermächtigung* führen.

Es sind bislang kaum tiefergehende Analysen der Modi und des Ausmaßes der Interaktionen von kurdischen Migrantinnen mit dem öffentlichen Raum in europäischen Städten vorhanden. Ferner wurde bisher auch nicht gefragt, wie ihr neuer räumlicher Kontext nach der Migration nach Europa ihr soziales Leben und ihr Empowerment beeinflusst. Westeuropäische Städte verzeichnen durchwegs einen Zuwachs ihrer kurdischen Bevölkerung. Das renommierte Institut Kurde in Paris berichtet von geschätzten 1,5 bis 1,7 Millionen Kurden in Westeuropa. Von ihnen leben 850.000 bis 950.000 in Deutschland und 80.000 bis 90.000 in Österreich. Folglich sollte diese Forschungslinie sowohl international als auch national mehr Beachtung finden, um zu einem besseren Verständnis der Erfahrungen, Herausforderungen und Bedürfnisse dieser Einwohnerinnen europäischer Städte zu führen. Dies wiederum soll der Planung und Einrichtung von inklusiven öffentlichen Räumen, die für die Nutzung durch multikulturelle Gruppen geeignet sind, zugutekommen. Diese sollen vor allem den interkulturellen Dialog fördern. Die Ergebnisse dieses innovativen Forschungsprojekts sollten zu einem besseren Verständnis der Interdependenzen zwischen den Alltagserfahrungen dieser Migrantinnen und den öffentlichen Räumen, die ein Grundbestandteil ihres Soziallebens sind, beitragen.

Hauptziel und Forschungsfragen


Ziel des Projekts ist es, aufgrund einer Analyse von lokalen Konzeptionen von öffentlichem Raum, ein exakteres Verständnis der heutigen Interaktionen und Ermächtigungseffekte von kurdischen Frauen in öffentlichen Räumen in verschiedenen städtischen Kontexten zu fördern. Ausgangshypothese dieses Forschungsprojekts ist, dass kurdische Frauen in den Städten Köln und Wien imstande sind, sich im öffentlichen Raum viel stärker in selbst aktiv gestalteten sozialen Interaktionen zu engagieren als kurdische Frauen in Sulaymaniyah (Autonome Region Kurdistan, Irak) und Sanandaj (iranisches Kurdistan). Dies hauptsächlich aufgrund von Unterschieden hinsichtlich der sozialräumlichen Kontexte und unterschiedlicher Geschlechterrollenkonzepte. Dasselbe gilt auch für Sulaymaniyah im Vergleich zu Sanandaj. Auf Basis dieser Überlegungen wurden die folgenden Forschungsfragen formuliert:

  1. Nach welchen  Modi vollziehen sich die Interaktionen von Frauen in den wichtigsten öffentlichen Räumen im urbanen Kontext und in welchem Ausmaß finden diese statt? Wie unterscheiden sich die Städte der Fallstudie diesbezüglich voneinander?

  2. Inwieweit beeinflussen diese Interaktionen im öffentlichen Raum das Empowerment der Frauen in ihrem sozialen Alltag?

  3. Wie können die Erfahrungen der kurdischen Migrantinnen, die diese öffentlichen Räume nutzen, die Planung und das Design solcher Räume beeinflussen?

Voraussichtliche Ergebnisse


Über ein vertieftes Verständnis der Nutzung von öffentlichen Räumen durch kurdische Frauen in unterschiedlichen städtischen Kontexten hinaus – ein Thema, dem sich die Stadt- und Raumforschung bisher nicht gewidmet hat, – können die Ergebnisse dieser Untersuchung auch Empfehlungen für die Stadtplanung, für politische Entscheidungsfindung und für unterschiedliche Interessensgruppen in europäischen Städten liefern. Dies könnte wiederum zu inklusiveren Formen der Intervention in urbanen öffentlichen Räumen führen, wie dies die 2030 "Sustainable Development Goals"5 und 11 anstreben. Die Erzeugung von inklusiven städtischen Räumen könnte den Schlüssel dazu bieten, dass alle Gruppen von Stadtbewohner/inne/n mit ihren unterschiedlichen ethnischen Zugehörigkeiten, Hintergründen, Werten und Überzeugungen, die gleichen Chancen erhalten, um ihr Recht auf die Nutzung des urbanen Raums geltend zu machen. Die Ergebnisse könnten auch gegenseitige Lernprozesse in Bezug auf die konfliktfreie Verwendung von öffentlichen Räumen fördern, nicht nur für österreichische und deutsche, sondern auch für irakische und iranische Städte. Aufgrund der unterschiedlichen architektonischen Merkmale europäischer und nahöstlicher Städte einerseits und der unterschiedlichen Rollen von Frauen in diesen Kontexten andererseits, können diese Ergebnisse allerdings nur in begrenztem Umfang von Europa in den Nahen Osten und umgekehrt übertragen werden.

Publikationen


Veranstaltungen


  • H. Alizadeh und J. Kohlbacher (2020). The contribution of urban public space to social integration. EURA 2020 Conference, 15.-17. Juni, Oslo, Norwegen (abgesagt)

  • H. Alizadeh (2020). The structure of Marie Curie’s Grant Proposal (IF) in Horizon 2020, Webinar Präsentation, Mittwoch 22. April 2020. Organisiert von der University of Kurdistan, Iran

  • H. Alizadeh und J. Kohlbacher (2020). Visibility/invisibility of Kurdish women in public space: A comparison of Vienna and two Kurdish cities of Sanandaj and Sulaymaniyah, World Refugee Day, 19. Juni, ISA / OEAW, Wien.
     

Projektakronym

WomInPubS


Projektnummer

836194


ISR Projektteam

  • Projektleiter: Hooshmand Alizadeh
  • Leiter der Forschungsgruppe, Supervisor: Josef Kohlbacher

Laufzeit

08.07.2019 - 31.01.2022


Case Studies

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