Zum Verständnis der lutherischen Konfessionalisierung

 

Das Projekt widmet sich dem lutherischen Theologen Nikolaus Gallus (1516–1570). Er spielte eine zentrale Rolle in den theologischen Streitigkeiten, die nach dem Tod des Reformators Martin Luther (1546) und der Niederlage der Protestanten im Schmalkaldischen Krieg bzw. dem Augsburger Interim im deutschen Protestantismus aufgebrochen waren und sich im Wesentlichen um die Frage drehten, wer das Erbe Luthers in rechter Weise vertrete und damit den Fortbestand der Reformation sicherstelle. Während die Wittenberger Theologen rund um Philipp Melanchthon eine gewisse Kompromissbereitschaft gegenüber der kaiserlich-altgläubigen Seite zeigten, riefen die im geächteten Magdeburg versammelten ‚strengen‘ Lutheraner zum Widerstand und zum offenen Bekennen der religiösen ‚Wahrheit‘ auf. Nikolaus Gallus war neben Matthias Flacius Illyricus und Nikolaus von Amsdorf einer der herausragenden Köpfe dieser strengen Richtung.

Sein Wirken wird nun auf Basis weitgehend unbearbeiteten Quellenmaterials aus v.a. deutschen und österreichischen Archiven (unpublizierte Briefe, Gutachten, Druckschriften, Predigten, etc.) zum ersten Mal umfassend in den Blick genommen. Untersucht werden, neben Gallusʼ Rolle in den theologischen Streitigkeiten und Gruppenbildungsprozessen seiner Zeit, seine Aktivitäten als Superintendent von Regensburg (1553–1570) – hier v.a. sein weitreichendes personelles Netzwerk und sein Einfluss auf die Religionspolitik der österreichischen Länder – sowie Profil und Bedeutung der Gruppe der ‚strengen‘ Lutheraner in ihrem gesamteuropäischen Kontext.

Das Projekt fügt sich bestens ein in das von Irene Dingel geleitete Mainzer Projekt Controversia et Confessio und leistet einen Beitrag zur Geschichte der Reformation und Konfessionsbildung sowie zur Geschichte des Protestantismus in den habsburgischen Ländern.

Kontakt

Privatdoz. MMag. Dr. Astrid Schweighofer
Pia Schachner (studentische Fachkraft)


Projektlaufzeit

1. Dezember 2020 bis 30. November 2025


Finanzierung

Österreichischer Wissenschaftsfonds FWF: Projektnummer V 809-G (Elise Richter)

Elise-Richter-Programm (Karriereentwicklungsprogramm für hervorragend qualifizierte Wissenschaftlerinnen)